Corona: Doppeltes For­schungs­interesse für die Belange von Kindern

Im Herbst starten in Würzburg zwei voneinander unabhängige Studien, die die Gesundheit und die Betreuung von Kindern in Corona-Zeiten in den Fokus nehmen.

Bei der öffentlichen Vorstellung der Wü-KiTa-CoV-Studie (von links): Prof. Dr. Christoph Härtel, Christian Schuchardt (Würzburger Oberbürgermeister), Dr. Hülya Düber (Jugend-, Familien- und Sozialreferat, Stadt Würzburg), Prof. Dr. Oliver Kurzai und Prof. Dr. Johannes Liese.

Geht von Kinderbetreuungsstätten die Gefahr einer unkontrollierten SARS-CoV-2-Ausbreitung aus? Und welchen Einfluss hat die Covid-19-Pandemie auf die Kindergesundheit? Valide Antworten auf diese und weitere Fragen sucht ­derzeit die bayernweite Langzeitstudie „Covid Kids Bavaria“.

Durchgeführt wird das wissenschaftliche Vorhaben von den sechs bayerischen Universitäts-Kinderkliniken – auch am Standort Würzburg. „In der Corona-Pandemie nimmt die Öffentlichkeit ­Kinder als häufige Virusüberträger wahr, wofür es bislang keinen wissenschaft­lichen Beweis gibt“, sagt Prof. Dr. Christoph Härtel. Der Direktor der Kinder­klinik des Uniklinikums Würzburg (UKW) fährt fort: „Gleichermaßen un­erforscht sind die Folgen, welche die Schließung von Betreuungseinrichtungen, Spielplätzen und Sportstätten auf eine gesunde körperliche, psychische und soziale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen hat.“ Die bayernweite Studie „Covid Kids Bavaria“ Um hier Erkenntnisse zu gewinnen, wird in ganz Bayern ab September dieses Jahres an rund 150 per Zufallsprinzip ausgewählten Kinderkrippen, Kindergärten und Grundschulen getestet, wie viele Kinder und Betreuungskräfte infiziert sind und ob sie Symptome aufweisen. „Auch in Würzburg und der Region wurden in den letzten Wochen zahlreiche dieser Einrichtungen kontaktiert. Die Standorte orientieren sich an den Wahlkreisen, wodurch ein möglichst gleichmäßiges Bild entstehen soll“, erläutert Prof. Härtel. Nach seinen Worten werden die Sorgeberechtigten und Betreuer/innen per E-Mail über das Vor­haben informiert und um Einwilligung zur Studienteilnahme gebeten. Pro Einrichtungen sollen 18 Kinder und vier Betreuungspersonen einbezogen werden. „Die Teilnahme an den Testungen ist natürlich freiwillig. Insgesamt läuft die Studie selbstverständlich nach den höchsten Ethikstandards und völlig transparent ab“, versichert der Klinikdirektor.

Unter diesem Logo läuft die Langzeitstudie an Bayerns Kinderbetreuungsstätten.

Infektionskette aufzeigen Ab diesem Herbst – mit Beginn des neuen Schuljahres – führt das Team der Würzburger Universitäts-Kinderklinik unter der Leitung des Infektiologen Prof. Dr. Johannes Liese bei den Kindern und ihren Betreuern Rachenabstriche zu vier Zeitpunkten im Abstand von etwa vier Wochen durch. „Diese stichprobenartige Untersuchung sollte uns in die Lage versetzen, Infektionsketten auf­zeigen und die Rolle der Kinder dabei beurteilen zu können“, hofft Prof. Liese.

Neben der Testung sollen standardisierte psychosoziale Fragebögen klären, ob und wie die gesundheitsbezogene Lebensqualität der Kinder durch die Bedingungen der Corona-Pandemie beeinträchtigt ist. „In der Gesamtschau wird die Studie auch einen wissenschaftlichen Beleg dafür liefern, ob aufwän-dige Maßnahmen, wie Kontaktverbote und Schulschließungen, einen entscheidenden Beitrag zum bisher vergleichsweise sehr kontrollierten Verlauf der Pandemie in Deutschland hatten – oder nicht“, kündigt Prof. Liese an.

Das Ende der Studie ist für Januar 2021 vorgesehen. Die Datenauswertung soll voraussichtlich bis Ende März 2021 abgeschlossen sein. Der Freistaat finanziert die Kosten des Projekts mit einer Million Euro. Die Würzburger Studie „Wü-KiTa-CoV“ Parallel zum bayernweiten „Covid Kids Bavaria“ startet ebenfalls in diesem Herbst die auf Würzburg konzentrierte Studie Wü-KiTa-CoV. Sie soll untersuchen, welche Effekte der Öffnungsprozess an Kinderbetreuungseinrichtungen hat. Dahinter steht eine gemeinsame Initiative der Stadt Würzburg und der Würzburger Universitätsmedizin. Insgesamt neun der etwa 80 in Würzburg vorhandenen Kinderbetreuungseinrichtungen mit mehr als 800 Kindern im Alter von ein bis sieben Jahren sowie deren Betreuerinnen und Betreuer können daran teilnehmen. Über einen Zeitraum von zwölf Wochen wird ein Teil von ihnen regelmäßig darauf getestet, ob eine Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus vorliegt. Eine Befragung von Eltern und Betreuungspersonal zu deren Situation ist ebenfalls Teil der Studie.

Logo der Studie "Wü-KiTa-CoV"

Kindergärten sicher und kontinuierlich betreiben Ziel der Wü-KiTa-CoV-Studie ist es, herauszufinden, wie Infektionen mit dem neuen Corona-Virus in Kinderbetreuungs­einrichtungen möglichst frühzeitig, einfach und am wenigsten belastend für Kinder und deren Eltern entdeckt werden können. Hierbei wird jeweils eine ein- oder zweimalige wöchentliche ­Routinetestung mit einer Testung ver­glichen, die erst nach dem Auftreten ­einer Erkrankung in der Familie durchgeführt wird. Auf diese Weise soll die Studie dazu beitragen, auch während der Corona-Pandemie einen möglichst sicheren und kontinuierlichen Betrieb der Kinderbetreuung zu ermöglichen und die Ausbreitung von SARS-CoV-2 in den beteiligten Einrichtungen zu unterbinden.

Leiter der Wü-KiTa-CoV-Studie sind der Mikrobiologe Prof. Dr. Oliver Kurzai von der Würzburger Universität und Prof. Liese. Beteiligt sind viele weitere Partner, darunter die Virologie, die Kinder- und Jugendpsychiatrie und die Allgemeinmedizin des UKW.

Finanziert wird die Studie mit mehr als einer Million Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Forschungsnetzwerks InfectControl (Wissenschaftlicher Leiter: Prof. Kurzai)

Bild: LMU Klinikum

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