Wenn die Verdauung Probleme macht
Verdauungsprobleme mindern die Lebensqualität oft erheblich. Daran ist nicht immer der Darm schuld. Auch der obere Verdauungstrakt gerät zuweilen aus dem Takt. Wie merkt man das?
Wenn die Verdauung Probleme macht
Verdauungsprobleme mindern die Lebensqualität oft erheblich. Daran ist nicht immer der Darm schuld. Auch der obere Verdauungstrakt gerät zuweilen aus dem Takt. Wie merkt man das?
Professor Alexander Meining begutachtet mit Unterstützung der Pflegefachkraft Anja Sultan bei einer Magenspiegelung Speiseröhre und Magen eines Patienten.
Der obere Verdauungstrakt umfasst zum einen die Speiseröhre, ein dehnbarer Muskelschlauch, der Rachen und Magen verbindet. Weiterhin zählen der Magen und Teile des Dünndarms dazu.
„In anderen Ländern gehören regelmäßige Kontrolluntersuchungen dieser Organe zur medizinischen Vorsorge“, erklärt Prof. Dr. Florian Seyfried, Leiter der Sektion für Chirurgie des oberen Gastrointestinaltraktes der Allgemein- und Viszeralchirurgie am Universitätsklinikum Würzburg. Was sinnvoll ist, denn die tägliche Nahrungsaufnahme beansprucht Speiseröhre und Magen stark. Auch ein ungesunder Lebensstil mit Rauchen, Alkoholgenuss, Stress oder Übergewicht setzt ihnen zu. „Schmerzen des oberen Verdauungstrakts und Schluckbeschwerden sollte man nicht ignorieren“, rät er. Denn diese sind mitunter sehr vielfältig und leicht verwechselbar. Symptome und Erkrankungen
Sodbrennen: Eine Volkskrankheit ist das Sodbrennen durch Rückfluss von Mageninhalt in die Speiseröhre. „Das kennen wir, wenn wir reichhaltig gegessen haben“, schildert der Mediziner. „Bei gelegentlichem und vorübergehendem Auftreten sowie bekannten Ursachen handelt es sich aber um ein eher harmloses Symptom.“ Bei manchen Menschen tritt dieser Reflux jedoch verstärkt und dauerhaft auf, was zu Schmerzen, Schluck- und Sprechstörungen sowie Entzündungen der Speiseröhrenschleimhaut führen kann.
Divertikel: Lagert sich Nahrungsbrei in Ausstülpungen der Speiseröhrenwand, sogenannten Divertikeln, an, äußert sich das oft in Mundgeruch, Aufstoßen von Nahrung oder Schluckbeschwerden. „Divertikel lassen sich meist mit minimalinvasiven und unkomplizierten Eingriffen beheben“, so der Arzt.
Achalasie: Besonders schwerwiegend und behandlungsbedürftig sind Bewegungsstörungen der Speiseröhre, die bei Achalasie auftreten: Die Kompetenz der Speiseröhre, die Nahrung aktiv Richtung Magen zu transportieren, und die Erschlaffung des unteren Speiseröhrenschließmuskels am Mageneingang sind beeinträchtigt. Resultierende Symptome sind Schluckstörungen, das Hochwürgen von unverdauter Nahrung und häufig Brustschmerzen. Nahrung verbleibt zu lange in der Speiseröhre und kann zu erheblichen Schluckproblemen und langfristig zu Infektionen und Pilzbefall führen. Zusätzlich steigt das Risiko für Lungenentzündungen und Speiseröhrenkrebs.
Obwohl sie eher selten ist, rund zehn von 100.000 Menschen sind hierzulande betroffen, bilden Diagnostik und Behandlung der Achalasie einen Schwerpunkt am UKW. „Betroffene haben häufig eine lange Leidensgeschichte, da die Krankheit selten ist und oft lange unentdeckt bleibt“, so der Achalasie-Experte. Mehr über diese Erkrankung erfahren Sie auf den folgenden Seiten 6 und 7 in diesem Magazin. Beschwerden nicht ignorieren Hausarzt oder Gastroenterologe können durch Untersuchungen und Endoskopien strukturelle Probleme der Speiseröhre wie Engstellen, Entzündungen oder Ausstülpungen aufdecken. Allerdings ist eine unauffällige Endoskopie keine Garantie, dass nicht doch funktionelle Störungen vorliegen. Sind die Beschwerden nicht auf sichtbare strukturelle Ursachen zurückzuführen, stehen die Spezialistinnen und Spezia-listen am UKW mit speziellen Labors und medizinischen Einrichtungen für weitergehende funktionelle Untersuchungen zur Verfügung.
„In unserem gastrointestinalen Funktionslabor messen wir Druckverhältnisse in der Speiseröhre“, so der Prof. Seyfried. Röntgenkontrolle oder Schnittbildverfahren während des Schluckvorgangs helfen, störende Einflüsse auf den oberen Verdauungstrakt zu ermitteln. Fließt Mageninhalt in die Speiseröhre zurück, zeigen 24-stündige pH-Messungen, ob der Rückfluss lediglich vorübergehender Natur ist, oder dauerhaft auftritt.
Professor Florian Seyfried bespricht zusammen mit der medizinischen Fachangestellten Nicole Buchta (li) und Krankenschwester Kathrin Hohl die Ergebnisse einer Druckmessung der Speiseröhre (Manometrie) bei einer jungen Patientin mit Verdacht auf Achalasie.
Mit einer Sonde werden im Gastrolabor Druckverhältnisse in der Speiseröhre gemessen.
Gemeinsam das Beste erreichen Eine wichtige Säule der erfolgreichen Diagnose und Therapie von Erkrankungen des oberen Verdauungstraktes bildet die fachübergreifende Kooperation von Kolleginnen und Kollegen aus mehreren medizinischen Disziplinen: „Wir leben die interdisziplinäre Zusammenarbeit täglich“, unterstreicht Prof. Dr. Alexander Meining, Lehrstuhlinhaber und Schwerpunktleiter der Gastroenterologischen Abteilung am UKW, „um gemeinsam für jeden individuellen Patienten das Beste zu erreichen.“
So nutzen Chirurgen und Gastroenterologen eine gemeinsame viszeralmedizinische, also eine die Eingeweide betreffende Endoskopie-Einrichtung und tauschen sich über Krankheitsbilder aus. „Bei Patientinnen und Patienten mit Funktionsstörungen oder komplexen Symptomen besprechen wir Vorgehensweisen in regelmäßigen Meetings mit Experten aus Gastroenterologie, HNO und auch Psychosomatik“, unterstreicht Professor Seyfried. Gerade bei Verdauungsstörungen profitieren Betroffene von der Einbeziehung von Ernährungsberatung. Liegt eine Tumorerkrankung vor, gibt es Schnittstellen in die Onkologie, Strahlentherapie und zur Pathologie. Heilung und Linderung in vielen Fällen möglich Eine gute Nachricht haben die Mediziner für Betroffene mit Problemen des oberen Verdauungstrakts: „Bei vielen Symptomen helfen schonende minimalinvasive Eingriffe“, weiß der Chirurg. „Auch bei Erkrankungen, die die Lebensqualität stark beeinträchtigen, können wir in vielen Fällen Lebensqualität zurückgeben.“ Wichtig ist es, daher den Symptomen frühzeitig und gezielt auf den Grund zu gehen.
Text: Jörg Fuchs, Fotos: Daniel Peter