Gepflegt bewegt
Kinästhetik heißt das Konzept, bei dem Pflegende die Bewegung von Patienten so unterstützen, dass diese aktiv mithelfen können.
Gepflegt bewegt
Kinästhetik heißt das Konzept, bei dem Pflegende die Bewegung von Patienten so unterstützen, dass diese aktiv mithelfen können.
Kinästhetik-Trainerin Andrea Reißmann
Voraussetzung dafür ist, dass die Pflegekraft ihre eigene Bewegung differenziert wahrnehmen, variieren und anpassen kann. „Bevor ich andere Menschen in ihrer Bewegung unterstütze, macht es Sinn, mich erst einmal selbst damit zu beschäftigen. Dabei ist Kinästhetik keine Technik, die mir Bewegungsabläufe vorschreibt, sondern sie bietet mir die Möglichkeit, mich dem anderen Menschen individuell anzupassen“, sagt Andrea Reißmann, die sowohl als Pflegefachkraft und Kinästhetik Trainerin am Uniklinikum Würzburg arbeitet, als auch seit diesem Jahr Grundkurse für „kinaesthetics“ in der Pflege anbietet. Ressourcen stärken „Mein Ziel ist es, in der besonderen Lebenssituation im Krankenhaus gemeinsam mit dem Patienten Möglichkeiten zu finden, dass dieser seine alltäglichen Aktivitäten selbständig durchführen kann. Dabei ist nicht die Krankheit im Vordergrund, sondern ein gemeinsames Suchen nach Möglichkeiten und vorhandenen Ressourcen“, so Reißmann. Ebenso wichtig sei die Qualität in der Bewegung, denn wie wir uns bewegen, habe auch Einfluss auf Vitalfunktionen wie Blutdruck, Puls, Ausscheidung, Atmung oder Immunsystem. Patient und Pflegekraft profitieren So schafft Kinästhetik eine Win-win-Situation. Es entsteht eine Beziehung über Berührung und Bewegung. Pa-tienten können sich aktiv am Geschehen beteiligen, und Pflegekräfte können sich durch ihr geschultes Bewusstsein für die eigene Bewegung vor einer körperlichen Überlastung schützen und erleiden somit z. B. weniger Bandscheibenvorfälle.
Im Kinästhetik-Kurs: Bewegung selbst wahrnehmen, selbst erfahren.
Nicht nur in der Pflege tauglich Weil Kinästhetik davon ausgeht, dass der Mensch seine eigene Gesundheit und Lebensentwicklung beeinflussen und gestalten kann, profitieren nicht nur Patienten im Krankenhaus, sondern jeder Mensch. „Es wird ja immer empfohlen, man solle sich täglich 30 min gesund bewegen. Dabei sind wir ja schon ständig in Bewegung“, so Andrea Reißmann. „Und wir können unsere Bewegung bewusst vielfältig gestalten in Tempo, Richtungsänderung und Anstrengung.“ Experten-Tipp für zuhause „Können Sie sich daran erinnern, wie Sie heute früh aus dem Bett aufgestanden sind? Versuchen Sie morgen mal ein anderes Muster und übermorgen wieder“, empfiehlt die Expertin. „Dies können Sie mit allen Aktivitäten über den ganzen Tag hinweg tun, also Zähne putzen, sich waschen, sich kleiden, sich hinsetzen, sich auf den Boden legen und wieder aufstehen. Oder beobachten Sie mal die Bewegungen Ihrer Kinder oder Enkel und versuchen Sie, diese einfach nachzumachen.“ Hauptsache man habe Spaß und bleibe in Bewegung.
Hintergrundbild: Andrea Reißmann übt mit Stefan Rehberger einen Bewegungsablauf.
Text: Uniklinikum, Dr. Bernhard Rauh, Fotos: Christoph Weiß