Schluckbeschwerden ernst nehmen
Jeder von uns kennt den „Frosch“ im Hals. Räuspern genügt meistens, um die Kehle wieder freizubekommen. Aber was ist, wenn Schluckbeschwerden dauerhaft auftreten? Die Achalasie ist eine seltene, aber ernst zu nehmende Funktionsstörung der Speiseröhre.
Schluckbeschwerden ernst nehmen
Jeder von uns kennt den „Frosch“ im Hals. Räuspern genügt meistens, um die Kehle wieder freizubekommen. Aber was ist, wenn Schluckbeschwerden dauerhaft auftreten? Die Achalasie ist eine seltene, aber ernst zu nehmende Funktionsstörung der Speiseröhre.
Professor Florian Seyfried ...
... operiert hier minimal-invasiv einen Patienten mit einer Funktionsstörung der Magenentleerung.
Schluckbeschwerden, die nicht nur kurzzeitig auftreten, sind grundsätzlich abklärungsbedürftig: „Jedes erschwerte Schlucken stellt ein Warnsignal des Körpers dar“, so Professor Florian Seyfried. „Im Zweifel sollte man lieber einmal zu oft darauf schauen, als es zu verschleppen.“
Stoßen Betroffene unverdaute Nahrung auf, bereitet das dem Mediziner zusätzliche Sorgen. Nicht verwechseln sollte man diesen Rückfluss mit dem Erbrechen von Speisen oder mit Sodbrennen als Folge eines Rückflusses von Mageninhalt in die Speiseröhre. Bei Schluckbeschwerden heißt es: Handeln! „Unvollständiges Schlucken oder das Aufstoßen von Speisebrei zurück in den Mund, ohne den Magen erreicht zu haben, deutet oftmals auf schwerwiegende Ursachen hin, die ärztlich untersucht werden sollten“, unterstreicht der Chirurg. Es könnte sich auch um eine Verengung der Speiseröhre durch Tumoren im oberen Verdauungstrakt handeln, die den Transport der Nahrung behindern. Weitere Erkrankungen, die infrage kommen, sind entzündliche Engstellungen oder Aussackungen der Speiseröhre. Aus diesen kann beim Hinlegen Speisebrei in die Atemwege gelangen, was zu Atemnot führen und die Lunge schädigen kann.
„Die Speiseröhre ist nicht dazu geschaffen, Speisebrei längere Zeit ‚aufzubewahren‘“, unterstreicht Professor Florian Seyfried. Er kann dort Entzündungen oder Pilzinfektionen auslösen und Schleimhäute schädigen. „Das kann in letzter Konsequenz zur Bildung von Tumoren zwischen Speiseröhre und Magen führen.“ Achalasie – ernst und selten Eine ernsthafte Erkrankung des oberen Verdauungstraktes ist die Achalasie, bei der die Funktion der Speiseröhre gestört ist. Muskelbewegungen der Speiseröhre, die den Speisebrei vom Mund zum Magen befördern, verlaufen bei Achalasie aufgrund eines Absterbens von Nervenzellen ungerichtet und willkürlich. Der untere Speiseröhrenschließmuskel erschlafft nicht ausreichend und Nahrung kann nicht in den Magen weitertransportiert werden.
Da die Krankheit sehr selten ist, und mit unspezifischen Symptomen wie Schluckbeschwerden, dem Aufstoßen geschluckter Nahrung in den Mund, Brustschmerzen und Gewichtsabnahme einhergeht, haben Betroffene oft hat einen langen Leidensweg hinter sich, bevor eine korrekte Diagnose gestellt ist. „Wir kennen tragische Fälle von Jugendlichen, die lange Zeit auf Essstörungen wie Bulimie behandelt wurden, obwohl sie tatsächlich an Achalasie litten“, so der Spezialist.
Oft helfen bereits kleinere Eingriffe, um das Leiden deutlich zu lindern. „Auch wenn die Krankheit grundsätzlich nicht heilbar ist, bieten unsere therapeutischen Möglichkeiten vielen Betroffenen meist sehr gute Erfolgsaussichten“, freut sich Florian Seyfried. Minimalinvasive operative Eingriffe mit einem Schnitt in die erkrankte Muskulatur am Übergang von Speiseröhre und Magen sind lange etabliert. Bei einem neueren Operationsverfahren, der peroralen endoskopischen Myotomie, kurz POEM, erfolgt der Zugang nicht über die Bauchdecke: Der Chirurg nähert sich dem Muskel mittels eines Endoskops über Mund und Speiseröhre. Eine andere Methode stellt die Aufdehnung des betroffenen Muskelbereiches per Ballonkatheter dar.
Bei verzögerter Diagnosestellung, unzureichender Primärtherapie oder weiterem Fortschreiten der Erkrankungen können allerdings auch aufwändigere komplexere Eingriffe bis hin zur Teilentfernung der Speiseröhre notwendig werden.
Professor Florian Seyfried spricht mit einer Patientin über ihre Diagnose.
Ein Zentrum in Würzburg Um die Situation für Betroffene zu verbessern, wurde am Zentrum für Seltene Erkrankungen (ZESE) des Universitätsklinikums das „Zentrum für Achalasie und andere Ösophagusmotilitätsstörungen“ etabliert – das aufklärt, Diagnosen und Therapien anbietet und forscht. Obwohl die Krankheit selten ist, sehen die Spezialisten in Würzburg viele Fälle, da Patientinnen und Patienten aus dem ganzen Bundesgebiet sowie dem europäischen Ausland hier in Behandlung sind. Dabei ist das Zentrum Anlaufstelle für bereits vorbehandelte Patienten nach nicht ausreichender Primärtherapie.
Kontakt Achalasie-Zentrum: Rückfluss ist nicht gleich Rückfluss
Bei unvollständigem Schlucken und Rückfluss von unverdautem Speisebrei in den Mund ist Vorsicht angebracht. Diese Krankheitsbilder dürfen nicht mit harmloseren Reflux-Erkrankungen verwechselt werden, bei denen Mageninhalt in die Speiseröhre gelangt und Sodbrennen auslöst. Es sollte zeitnah ärztlicher Rat gesucht werden, zum Beispiel bei einem Gastroenterologen.
Wenn Sie einen Termin im Achalasie-Zentrum vereinbaren möchten, wenden Sie sich bitte an das Zentrale Patientenmanagement (ZPM) der Chirurgischen Klinik I des Universitätsklinikums Würzburg: Telefon: +49 931 201-39999 E-Mail: zpm-chirurgie@ukw.de www.ukw.de/achalasiezentrum/schwerpunkte
Text: Jörg Fuchs, Fotos: Daniel Peter, Uniklinikum