Prof. Dr. Georg Ertl war von Anfang 2016 bis Ende 2020 der Ärztliche Direktor des Uniklinikums Würzburg. Bild: K. Heyer
Ein Rückblick zum Abschied
Nach fünf Jahren als Ärztlicher Direktor ging Prof. Dr. Georg Ertl zum Jahresende 2020 in den Ruhestand. In seiner Amtszeit waren viele Herausforderungen am Uniklinikum Würzburg zu meistern – vom Ringen um dessen bauliche Zukunft bis zum Management der Corona-Pandemie.
Am 31. Dezember 2020 endete die Amtszeit von Prof. Dr. Georg Ertl als Ärztlicher Direktor des UKW. In dieser Funktion gestaltete er seit Januar 2016 als Vorsitzender des vierköpfigen Vorstands die Geschicke des Klinikums und seiner aktuell über 7.000 Beschäftigten maßgeblich mit. „Eines der umfangreichsten Themen in den vergangenen Jahren war sicher das Ringen um die bauliche Zukunft des UKW“, urteilt der „ÄD“ rückblickend. Dabei waren kritische Entscheidungen zu treffen – allen voran die über den Standort des Neubaus für die mit 50 Betriebsjahren veraltete Kopfklinik des UKW. „In die Planungen dazu waren schon erhebliche Mittel geflossen, aber es zeigte sich mehr und mehr, dass der Verbleib der betroffenen Kliniken während der Bauphase nicht zu lösen war“, berichtet Prof. Ertl.
Stattdessen wurden der Ankauf des Erweiterungsgeländes Nord und damit Neubauten auf der „grünen Wiese“ projektiert. Durch das dort zusätzlich geplante Zentrum Frauen-Mutter-Kind verdoppelten sich die zu erwartenden Kosten. „Das war politisch schwierig durchzusetzen. Neben einiger Geduld und Beharrlichkeit waren hierfür viele Überzeugungsgespräche erforderlich. Ein Segen war, dass wir dabei auf die Unterstützung unserer Politikerinnen und Politiker, insbesondere auch der damaligen Landtagspräsidentin Barbara Stamm, zählen konnten“, schildert Ertl. Ein besonders erfreulicher Moment war für ihn die Erteilung der Planungsaufträge für die ersten Bauabschnitte der beiden Klinikneubauten durch das bayerische Wissenschaftsministerium im Juli 2020. „Aktuell stehen wir vor dem Architektenwettbewerb. Wenn ich Glück habe, erlebe ich noch, dass die ersten Gebäude auf dem Nordgelände in Betrieb gehen“, schmunzelt der drahtige Siebzigjährige. Medienarbeit zur Behandlung der Axtattentat-Opfer In völlig anderer Weise fordernd waren für ihn die Umstände um das Axtattentat vom 18. Juli 2016. Bei dem islamistisch motivierten Anschlag in einer Regionalbahn bei Würzburg wurde eine fünfköpfige Hongkonger Familienreisegruppe teilweise schwer verletzt. Vier der Opfer wurden am UKW behandelt. „Neu für uns war das enorme internationale Medieninteresse“, erinnert sich Prof. Ertl und fährt fort: „In unserer Öffentlichkeitsarbeit ging es darum, den Balanceakt zwischen den Patientenrechten und dem Recht der Allgemeinheit auf Information zu meistern.“ Hilfreich bei den vielen Interviews war für ihn nach eigenen Worten, dass er als Wissenschaftler darin geübt ist, Themen in öffentlichen Auftritten zu vertreten. „Außerdem war es für mich sehr beruhigend zu wissen, dass ich mich bei der von der Öffentlichkeit sehr genau beobachteten medizinischen Behandlung der Opfer zu 100 Prozent auf die Ärzte des UKW verlassen konnte“, unterstreicht Ertl. Corona: Optimale Versorgung auch unter Pandemiebedingungen Die jüngste große Herausforderung für den ÄD ist die seit dem Frühjahr 2020 auch am UKW zu managende Covid-19-Pandemie. „Unser Job war und ist es, auch unter diesen erschwerten Bedingungen eine optimale Versorgung aller Patentinnen und Patienten zu gewährleisten“, beschreibt Ertl und ergänzt: „Das Alltagsgeschäft läuft für unsere Beschäftigten weiter, das Corona-Problem kommt ‚on top‘ dazu.“ Auch hier liegt die Lösung nach seinen Angaben in guter Teamarbeit. „Beim Anpassen der jeweiligen Maßnahmen an die sich ständig ändernde Situation konnten wir uns auf das Know-how und die Einsatzfreude vieler Kolleginnen und Kollegen stützen, beispielsweise auf Prof. Ulrich Vogel, den Stabsstellenleiter für Krankenhaushygiene und Prof. Thomas Wurmb, den Leiter der Sektion Notfall- und Katastrophenmedizin, sowie auf meinen Stellvertreter, Prof. Ralf-Ingo Ernestus“, zeigt sich Prof. Ertl dankbar.
„Wenn ich Glück habe, erlebe ich noch, dass die ersten Gebäude auf dem Nordgelände in Betrieb gehen.“
Prof. Dr. Georg Ertl
Zu den Höhepunkten der ersten Welle widmete der Direktor schätzungsweise 80 Prozent seiner Arbeitszeit den Problemen rund um Corona. „Dadurch mussten andere Dinge, wie die wissenschaftliche Arbeit, stagnieren – das war herb“, sagt Ertl. Gleichzeitig brachte die Krise aus seiner Sicht auch Chancen mit sich. So habe die Pandemie Impulse für eine in Teilbereichen noch bessere Organisation von Prozessen am UKW gegeben. „Außerdem haben wir gelernt, quasi ‚aus dem Stand‘ Forschung zu machen, die innerhalb von Monaten beim Patienten ankommt. Dazu haben sich die deutschen Uniklinika zusammengetan und stellen einen bedeutenden Teil ihrer Ressourcen der Corona-Forschung zur Verfügung. Durch dieses Engagement wird man innerhalb kürzester Zeit sehr viel mehr von Epidemien verstehen. An diesem Prozess beteiligt gewesen zu sein, hat mir auch Spaß gemacht“, gesteht der Professor. Für ein altersgerechtes Krankenhaus Neben diesen „Top-Themen“ hatte er in seine Amtszeit viele weitere wichtige, aber weniger plakative Aufgaben am Klinikum im Blick. So lag ihm das „altersgerechte Krankenhaus“ sehr am Herzen. „Als Internist habe ich in meiner Laufbahn gesehen, dass unsere Patienten im Schnitt pro Jahrzehnt 2,5 Jahre älter werden. Patienten mit Herzschwäche haben aktuell einen Altersdurchschnitt von 75 Jahren und fünf zusätzliche Erkrankungen. Dadurch wird die Medizin immer interdisziplinärer“, weiß Ertl. Speziell in den letzten zwei Jahren setzt sich das UKW verstärkt dafür ein, mit neuen Konzepten und vielen Einzelmaßnahmen Lösungen für die mit dem demografischen Wandel verbundenen Probleme in der Patientenversorgung zu finden.
Wie in allen Bereichen der Gesellschaft gewinnt auch im Krankenhausalltag die Digitalisierung mehr und mehr Bedeutung. „Ich habe mich in den vergangenen Jahren intensiv für die Nutzung von IT in der Patientenversorgung eingesetzt, aber immer auch deutlich gemacht, dass die Informatik in der Medizin eine Hilfswissenschaft bleiben muss. Ich kann mir gut vorstellen, dass wir zukünftig einen ‚Facharzt für Digitale Medizin‘ brauchen, der beide Ansätze und Denkweisen zu einem barrierefreien Ganzen zusammenführt“, erklärt Prof. Ertl. Zeiten starken personellen Wechsels Die letzten Jahre am UKW waren ferner geprägt von personellen Wechseln in der Führungsebene – im Vorstand ebenso, wie bei Klinikdirektoren und Bereichsleitern. Ertl: „Ich bin glücklich, dass es uns in allen Fällen gelungen ist, die Stellen mit exzellenten Persönlichkeiten zu besetzen, insbesondere auch mit Prof. Stefan Frantz in meiner Nachfolge als Direktor der Medizinischen Klinik I sowie mit Prof. Christoph Maack, der mich als Sprecher des Deutschen Zentrums für Herzinsuffizienz ablöste“. Das letztgenannte DZHI – im Jahr 2011 als gemeinsame Einrichtung der Würzburger Uni und des UKW eröffnet – gehört zu Prof. Ertls persönlichen Lieblingsprojekten. „Teil meiner Arbeit als Ärztlicher Direktor war es, nach der Startfinanzierung dazu beizutragen, diese so wichtige Einrichtung zu verstetigen – ein Ziel, das nun Gott sei Dank in greifbarer Nähe ist“, zeigt sich der Kardiologe optimistisch.
Das DZHI wird auch in Zukunft eine bedeutende Rolle für ihn spielen. „Als Seniorprofessor kann ich dort meine Forschungsvorhaben weitertreiben und das Einwerben von Fördergeldern unterstützen“, berichtet Prof. Ertl. Außerdem bleibt er dem Gesundheitswesen als Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin verbunden.