Der Mann, der

Kunststoff

zum Leben erweckt

Dr. Tomasz Jüngst wurde zum Juniorprofessor für Biodruckverfahren an der Universität Würzburg ernannt. Mit den 3D-Drucktechnologien können verschiedene Zellen, Moleküle und Biomaterialien hierarchisch und räumlich in eine Matrix integriert werden, woraus künstliches Gewebe reifen kann

Dr. Tomasz Jüngst wurde zum Juniorprofessor für Biodruckverfahren an der Universität Würzburg ernannt. Mit den 3D-Drucktechnologien können verschiedene Zellen, Moleküle und Biomaterialien hierarchisch und räumlich in eine Matrix integriert werden, woraus künstliches Gewebe reifen kann

Der Mann, der

Kunststoff

zum Leben erweckt

Sein Spezialgebiet sind Blutgefäße. In selbst entwickelten und gebauten Melt Electrowriting Anlagen stellt der Physiker Tomasz Jüngst aus wenigen „Krümeln“ Biopolymer, einer Art Kunststoff, das Gerüst für blutgefäßähnliche Strukturen her. Die Arbeiten im Institut für Funktions­materialien und Biofabrikation, das dem UKW und der Uni Würzburg angehört, reichen von großen Adern bis hin zu kleinsten Kapillaren. Im Zelllabor werden dann verschiedene Zellarten in und auf diese sterilisierten Gewebekonstrukte gegeben. In sieben Tagen bilden sich erste Strukturen aus, in 14 Tagen sind die Zellen in der Regel komplett ausgereift. „In der Prozessierung und in den Materialien zählen wir hier in Würzburg weltweit zu den führenden Einrichtungen“, sagt Tomasz Jüngst. Der Physiker hat Nanostruktur­technik am Physikalischen Institut der Uni Würzburg studiert und als Doktorand und Postdoc gemeinsam mit dem Chemiker Professor Jürgen Groll und dem Team aus der Abteilung für Funktionswerkstoffe der Medizin und Zahnheilkunde in den vergangenen zwölf Jahren zahlreiche 3D-Biodruckverfahren entwickelt hat, die weltweit einmalig sind. Werden die Polymere mit einem Hydrogel kombiniert, können verschiedene Zellarten sogar direkt bei 37 Grad mitgedruckt werden. Mit seinem Vorwissen möchte Jüngst nun Verfahren entwickeln, die sich an die Eigenschaften für die Biofabrikation anpassen. Zellen müssen nicht nur überleben, sie dürfen sich im Druckprozess nicht verändern.

Die Animation zeigt ein Konzept mehrlagiger Blutgefäßmodelle.

Gewebemodelle zur Testung von Therapien

„Funktionierende Organe wird es lange nicht geben, wenn überhaupt. Woran ich jedoch fest glaube, und das ist unser großes Ziel, Gewebemodelle zu schaffen, die der Testung von Therapien dienen. Und das würde unter anderem dabei helfen, die Anzahl der Tierversuche weiter zu reduzieren“, so Tomasz Jüngst. „Wir werden zwar nie die Komplexität eines Körpers erreichen, wir sind aber in der Lage, bestimmte Aspekte nachzuahmen und zu reproduzieren. Wir können Medikamente standardisiert testen, aber auch individuell die Medikation und Dosis an den Patienten anpassen, weil wir die Zellen direkt vom Patienten nehmen können.“ Vielversprechend sei zum Beispiel die Organ-on-a-chip-Methode, bei der durch Zellverbünde Organe nachgebaut und mehrere Organe zusammengestellt werden können. Dadurch lassen sich das Zusammenspiel der Organe sowie die Auswirkungen von Medikamenten auf die einzelnen Organe untersuchen.

Besonders stolz ist der Nachwuchs­wissenschaftler auf den Sonder­forschungs­bereich TRR225 „Von den Grundlagen der Biofabrikation zu funktionalen Gewebemodellen“, an dem er teilhaben darf. Gemeinsam mit seiner Kooperations­partnerin Silvia Budday aus Erlangen entwickelt er Druck- und Testverfahren für biofabrizierte Gradienten. „Der Sonder­forschungsbereich bietet uns eine ideale Plattform für die Vernetzung, die Erweiterung unserer Kompetenzen und die interdisziplinäre Zusammenarbeit, ohne die ein so ambitioniertes Ziel nicht erreicht werden kann“, so Tomasz Jüngst.