Prostatavergrößerung: Gutartig, aber lästig
Häufiger Harndrang, schwacher Strahl, Schmerzen beim Wasserlassen: Viele älter werdende Männer leiden an einer vergrößerten Prostata. Hier bietet das Universitätsklinikum Würzburg seit 2020 eine neue, schonende Therapieform an.
Stellen Sie sich die Prostata wie eine Orange vor“, rät Oberarzt Dr. Charis Kalogirou von der Klinik und Poliklinik für Urologie und Kinderurologie, zur Verdeutlichung von Prostata-Vergrößerungen: „In der Mitte verläuft senkrecht die Harnröhre. Das Fruchtfleisch ist das krankhaft vergrößerte Gewebe, welches die Harnröhre abdrückt. Das Wasserlassen wird hierdurch erschwert oder gar unmöglich.“
Auch wenn die Vergrößerung an sich nicht immer ein ernstes medizinisches Problem darstellen muss, kann sie zu Komplikationen führen – von häufigem Harndrang mit teils unwillkürlichem Urinverlust oder Schmerzen beim Wasserlassen bis hin zur Harnsperre, Blasensteinen und Nierenschäden.
„Das ‚Benigne Prostatasyndrom (BPS)‘, wie die gutartige Vergrößerung von Prostatagewebe im Fachjargon heißt, ist eine Volkskrankheit“, erläutert der Mediziner. Sie betrifft hierzulande rund 40 Prozent aller Männer im Alter von 40 bis 49 Jahren und bis zu 90 Prozent der Älteren im neunten Lebensjahrzehnt. „Sie kommt oft schleichend und macht sich beispielsweise durch vermehrtes nächtliches Wasserlassen, einen abgeschwächten Harnstrahl, das Gefühl einer unvollständigen Blasenentleerung oder plötzlichem, schwer unterdrückbarem Harndrang bemerkbar.“
Nahaufnahme des Laserinstruments mit Minikamera und Laserfaser (links) sowie dem Gewebemorcellator (rechts), durch den das entfernte Gewebe zerkleinert und abgesaugt wird.
Volkskrankheit Prostatavergrößerung „Jährlich sehen und behandeln wir am UKW eine hohe dreistellige Zahl an Patienten mit diesen Symptomen“, so Dr. Kalogirou weiter. „Aber nicht immer wird eine Operation benötigt.“ Zunächst stehen Faktoren wie der Lebensstil im Mittelpunkt der Behandlung – wie Ernährungsumstellung oder Abbau von Übergewicht. Oft helfen auch Medikamente, die glatte Muskulatur der Prostata zu entspannen und so die Symptome zu lindern. „Wenn das nicht zum Erfolg führt und die Lebensqualität spürbar leidet, können wir dem Patienten eine Operation anbieten“, sagt der Urologe.
Dabei gibt es mehrere Möglichkeiten: beispielsweise ein bewährtes Verfahren, bei dem überschüssiges Gewebe mit einer elektrischen Schlinge durch die Harnröhre entfernt wird. Dieses Verfahren bietet sich jedoch nur bis zu einer bestimmten Prostatagröße an. Bei sehr großen Prostatadrüsen kann eine offene Operation durch die Bauchdecke notwendig werden – vor allem, wenn gleichzeitig Krankheitsbilder wie Leisten- oder Nabelbrüche mitbehandelt werden sollen. Bei einer sehr kleinen Prostata kann es reichen, den Blasenhals einzukerben, um den Harnfluss wieder zu ermöglichen. Zusätzlich existieren laserbasierte, von der Prostatagröße unabhängige Verfahren, wie die „Holmium-Laser-Enukleation“, abgekürzt HoLEP. HoLEP – eine schonende Alternative Im letzten Jahr wurde dafür am Uniklinikum ein hochmoderner Holmium-Laser in Betrieb genommen. „Wir führen das Gerät über die Harnröhre ein und schälen von unten mit dem Laserstrahl das überschüssige Prostatagewebe in einem Stück bis auf die Kapsel aus“, erläutert HoLEP-Spezialist Dr. Kalogirou. „Wenn Sie wieder an die Orange denken, bleibt im Grunde nur die geschlossene Schale übrig. Nun ist wieder Platz für den Harntransport.“ Das abgetragene Gewebe wird nach der Ausschälung in der Blase mit einem speziellen Gerät, dem Morcellator, zerkleinert, abgesaugt und bleibt so auch für die Untersuchung im Pathologielabor verfügbar – ein weiterer Vorteil in Abgrenzung zu anderen, z. B. verdampfenden Behandlungsverfahren. Die HoLEP-Methode gilt als eine schonende Therapie. Wie bei jedem Eingriff an der Prostata können vorübergehende Nebenwirkungen auftreten wie vermehrter Harndrang oder leichte Blutungen in der Zeit der innerlichen Wundheilung. „Diese ist nach spätestens drei bis vier Wochen abgeschlossen“, so Dr. Kalogirou. Spezielle Rehabilitationsmaßnahmen sind nicht notwendig. „Welche Methode zur Anwendung kommt, hängt von der Prostatagröße und dem Gesundheitszustand des Patienten ab“, so der Urologe. Grundsätzlich eignet sich die Holmium-Laser-Enukleation für alle Prostatagrößen und ist als minimalinvasive und schonende Methode breit einsetzbar. Durch die sehr geringe Blutungsneigung aufgrund der speziellen Pulsmodulation des Lasers können auch Patienten behandelt werden, die blutverdünnende Medikamente einnehmen oder für einen offen operativen Eingriff bei sehr stark vergrößerter Prostata aufgrund des Narkoserisikos nicht infrage kommen, da die HoLEP auch mit einer Rückenmarksbetäubung durchgeführt werden kann.
Dr. Charis Kalogirou, Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Urologie und Kinderurologie, neben der Konsole des neuen Lasersystems.
Einzigartig in Unterfranken Der neue Hochleistungs-Holmiumlaser am UKW ist in Unterfranken einzigartig. „Wir haben bisher über 100 Patienten erfolgreich behandelt“, so der Oberarzt. „Das System erlaubt rund 150 bis 170 Eingriffe im Jahr, wegen Corona liegen die Behandlungszahlen momentan darunter. Die Methode ist in vielen Behandlungsszenarien erfolgversprechend und hat das Potenzial, andere Therapieverfahren, insbesondere die offene Operation, als neuen Standard abzulösen.“ Ein weiterer Vorteil: Mit dem Hochleistungslaser können auch andere urologische Krankheitsbilder, wie gleichzeitig bestehende Nieren- oder Blasensteine, verlässlich behandelt werden.
Für Betroffene hat der Mediziner gute Nachrichten: „Dank etablierter und neuer Verfahren wie der HoLEP bietet das Uniklinikum jedem Patienten optimal angepasste Therapieoptionen. Auch wenn die Beschwerden oft unangenehm sind, sind sie, sobald diagnostiziert, gut behandelbar.“
Bild im Hintergrund: Die topmodernen und neu ausgestatten endourologischen Operationssäle bieten beste Bedingungen für innovative Behandlungsmethoden.
Text: Jörg Fuchs, Fotos: Uniklinik
Tipps bei Prostatavergrößerung
- Viel Trinken: mindestens 1,5 Liter über den Tag verteilt. Weniger vor dem Zubettgehen.
- Vor dem Schlafengehen noch einmal die Toilette aufsuchen.
- Alkohol, Kaffee und starke Gewürze können harntreibend wirken.
- Sport und Bewegung im Alltag können das Prostatawachstum günstig beeinflussen.
- Früherkennungsuntersuchungen beim Urologen wahrnehmen