Damit die Krankenkassen auch zahlen
Linda Dorsch ist am UKW die Ressortverantwortliche für den Bereich G-BA Strukturqualitätsvorgaben. Im Interview erläutert sie die Hintergründe dieser Richtlinien – und welche Aufgaben mit ihrer Umsetzung verbunden sind.
Zur Person Linda Dorsch (Jahrgang 1995) absolvierte nach ihrem Abitur in Marktbreit ab 2014 eine Ausbildung zur Sozialversicherungsfachangestellten bei der Würzburger Direktion der Krankenkasse AOK Bayern und arbeitete dort bis 2017. Anschließend studierte die gebürtige Ochsenfurterin Gesundheitsökonomie und Gesundheitspolitik an der Hochschule Fulda mit Bachelor-Abschluss im Sommer 2020. Seit September 2020 ist sie am UKW im Fachbereich Qualitätsmanagement als Ressortverantwortliche für den Bereich G-BA Strukturqualitätsvorgaben beschäftigt.
Liebe Frau Dorsch, was verbirgt sich hinter dem Begriff „G-BA-Qualitätsstruktur-Richtlinien“?
Linda Dorsch: Mit diesen Richtlinien legt der G-BA seit dem Jahr 2005 für bestimmte Behandlungen Mindestanforderungen an die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität fest. Nur Einrichtungen, die entsprechend ausgestattet sind und vorgehen, dürfen die betreffenden Leistungen auch zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbringen. Die Vorgaben sind dabei sehr weitgreifend. Sie betreffen zum Beispiel nicht nur die Prozessabläufe und vorzuhaltenden Geräte, sondern auch die speziellen Fachqualifikationen des ärztlichen und pflegerischen Personals.
Von wie vielen Richtlinien sprechen wir da?
Dorsch: Ich bin zuständig für elf Richtlinien zu vom UKW abgedeckten Behandlungsbildern. Dazu gehören zum Beispiel Kinderonkologie, Früh- und Reifgeborene oder minimalinvasive Herzklappeninterventionen. Diese elf Richtlinien haben zusammen knapp 500 Seiten. Hinzu kommen weitere etwa 1.800 Seiten an Ergänzungen, die sogenannten „Tragenden Gründe“. Die bestehenden Richtlinien werden immer wieder aktualisiert, von Zeit zu Zeit kommen auch neue Behandlungsbilder dazu. Da kommt es teilweise nicht nur auf jedes Wort, sondern jedes Komma an.
Wie werden diese Richtlinien am UKW umgesetzt und was sind dabei Ihre Aufgaben?
Dorsch: Für jede Richtlinie gibt es in den entsprechenden Kliniken und Bereichen konkrete Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner. Gemeinsam erstellen wir einmal jährlich eine Selbsteinschätzung, bei der wir anhand von Checklisten den Krankenkassen bestätigen, dass wir alle Punkte erfüllen. Allein durch die komplexe Definitionsstruktur der Richtlinien ist dazu einiges Spezialwissen erforderlich, das ich hier einbringen kann. Die Krankenkassen schicken zudem den Medizinischen Dienst zu Qualitätskontrollen ans UKW. Dessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kündigen sich zu Vorort-Terminen an und prüfen dann alle Vorgaben hinsichtlich der Erfüllung Punkt für Punkt präzise ab. Aktuell wird bis 2024 so die Erfüllung aller Richtlinien einmalig geprüft – allein in 2023 war der MD dazu schon vier Mal bei uns im Haus. Ab 2025 wird es weiterhin zufällige, stichprobenartige Prüfungen geben. Auch anlassbezogene Prüfungen sind möglich, zum Beispiel bei Unstimmigkeiten in den Abrechnungen gegenüber den Krankenkassen.
Was passiert, wenn Anforderungen der Richtlinien nicht erfüllt werden können?
Dorsch: Letztlich drohen Regressforderungen der Krankenkassen, wobei die unmittelbaren Folgen bei Nichterfüllung einer Forderung höchst unterschiedlich sind. In manchen Fällen darf man die entsprechende Behandlungsleistung sofort nicht mehr erbringen, in anderen hat man ein halbes Jahr Zeit, das Problem zu beheben. Auch bei der Meldepflicht bestehen große Unterschiede. Am ehesten stellt uns am UKW das Erfüllen der Personalvorgaben vor Herausforderungen, Stichwort Fachkräftemangel. Bisher konnten wir aber immer alle Nachweise erbringen und sämtliche Prüfungen erfolgreich abwickeln.
Zusammenfassend: Was sind die Vorteile dieses Systems für die verschiedenen Beteiligten?
Dorsch: Für die entsprechenden Patientinnen und Patienten die Gewissheit, dass sie in einem Klinikum behandelt werden, das nachweislich sämtliche strukturellen Voraussetzungen für eine gute medizinische Versorgung bietet. Für die Kliniken des UKW bedeutet der Prozess einen sehr hohen bürokratischen Aufwand, an dessen Ende jedoch das beruhigende Feedback steht: Ihr macht alles nach höchsten Qualitätsvorgaben. Die Krankenkassen schließlich erhalten durch die Dokumentationen sehr viele Informationen zum Klinikum, wir werden dadurch nach und nach zum „gläsernen Krankenhaus“ – wobei wir ja auch nichts zu verbergen haben.
Zahlen bitte
An der Medizinischen Klinik II des UKW wurden im vergangenen Jahr 1.368 stationäre Fälle mit Multiplem Myelom behandelt. Damit versorgt das Klinikum bei dieser bösartigen Krebserkrankung des Knochenmarks fünf Prozent der Bevölkerung Deutschlands, was einer enormen Spezialisierung entspricht. Zum Vergleich: Bezogen auf alle Krankheitsursachen versorgt das UKW mit jährlich etwa 60.000 etwa 0,34 Prozent aller stationären Fälle in der Bundesrepublik.
AUFGEPASST!
KIWI-Kurse im Oktober
KIWI e.V., die Interessengemeinschaft zur Förderung der Kinder der Würzburger Intensivstation, veranstaltet in diesem Herbst in Kooperation mit der Kinderklinik des UKW wieder zwei interessante Kurse für Eltern.
- Am Dienstag, den 17. Oktober erläutert die Ergotherapeutin und Linkshänderberaterin Anne Gräbner, wie eine Schulvorbereitung für die Schreibmotorik aussehen kann. Mit einem spielerischen Training vorab können Kinder signifikant schneller und besser schreiben lernen.
- Am Dienstag, den 24. Oktober führt Dr. Katharina Ruf, Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin am UKW, einen Kurs zu Erster Hilfe im Säuglings- und Kleinkindalter durch.
Beide Veranstaltungen finden jeweils um 19.30 Uhr im Hörsaal der Würzburger Universitäts-Kinderklinik statt. Sie dauern etwa 1,5 Stunden. Die Teilnahme ist kostenlos, eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Weitere Infos unter Tel. 09305 1415.