15 Jahre Mentoring med
Die Würzburger Universitätsmedizin fördert aktuell mit zwei geschlechter-gerechten Mentoring-Angeboten den wissenschaftlichen Nachwuchs. Der Ursprung der Programme geht zurück auf das Jahr 2008.
Mentoring-Programme sind ein in der internationalen Hochschullandschaft bewährtes Mittel zur Förderung junger Forschenden. Auch die Würzburger Universitätsmedizin setzt seit 15 Jahren dieses Instrument dazu ein, um insbesondere Medizinerinnen und in der Medizin tätige Vertreterinnen anderer Disziplinen als Forscherinnen zu gewinnen und zu halten. Die Grundidee dabei ist, dem wissenschaftlichen Nachwuchs erfahrene Kolleginnen und Kollegen zur Seite zu stellen, die sie als Mentorinnen und Mentoren begleiten, sie beraten und ihnen dabei helfen, für die weitere Karriere wichtige Netzwerke aufzubauen. Das Würzburger Programm startete im Jahr 2008 unter dem Namen Mentoring med. Bis zum Frühjahr 2015 nutzten 160 engagierte Ärztinnen sowie wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Assistentinnen als „Mentees“ dieses Angebot. Anfänglich erhielt das Programm eine Drittmittel-Förderung durch den Europäischen Sozialfonds. Nach deren Auslaufen im Jahr 2015 entschlossen sich die Uni und das Uniklinikum Würzburg dazu, das Mentoring-Programm unter eigener Finanzierung fortzusetzen. „Mit den EU-Geldern war die ausschließliche Fokussierung auf die Frauenförderung vorgeschrieben. Die Eigenfinanzierung ermöglichte uns, fortan auch Ärzte und Wissenschaftler auf ihrem weiteren Karriereweg zu unterstützen“, berichtet die Programmleiterin Sibylle Brückner. Dazu spaltete sich das Programm im Jahr 2016 in zwei Schienen auf: „Mentoring med One-to-One“ und „Mentoring med Peer“.
Nur für Frauen: Mentoring med One-to-One „Mentoring med One-to-One“ ist dabei der Nachfolger des ursprünglichen Mentoring med-Angebots. Wie dieses richtet es sich exklusiv an Ärztinnen und Wissenschaftlerinnen. „Frauen widmen sich mit großem Engagement dem Medizinstudium und erbringen hervorragende Leistungen in Ausbildung und Forschung. Trotzdem finden sich nur wenige Frauen unter den Professuren in der Medizin“, umreißt Sibylle Brückner die Herausforderung. Das Mentoring-Programm soll hier helfen, die fehlende Einbindung in wissenschaftliche Netzwerke aufzuheben und einen intensiven Wissens- und Erfahrungstransfer ermöglichen. Der Zusatz „One-to-One“ verdeutlicht, dass dabei eine Mentorin oder ein Mentor auf eine Mentee kommt.
Auch für Männer: Mentoring med Peer Mit „Mentoring med Peer“ wurde in 2016 ein zusätzliches Programm ins Leben gerufen, das auch Männern offensteht. Zielgruppe, also Mentees, sind promovierte Ärztinnen und Ärzte sowie ebenfalls promovierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Würzburger Universitätsmedizin. „Ein Kernelement des Peer-Mentorings ist die Vernetzung“, schildert Sibylle Brückner. So treffen sich nach ihren Angaben die Mentees immer wieder in interdisziplinär zusammengesetzten Kleingruppen. Gemeinsam diskutieren und planen sie individuelle Karriereschritte. Dabei besprechen sie unter anderem auch Kooperationsmöglichkeiten und tauschen persönliche Erfahrungen aus. „Außerdem können die Peer-Gruppen zu ihren Treffen Wunsch-Mentorinnen oder -Mentoren einladen, die dann zu spezifischen Themen ihr Know-how einbringen“, erläutert die Programmleiterin.
Ein weiterer Baustein bei beiden Mentoring-med-Varianten ist ein Begleit- und Qualifizierungsprogramm mit Workshops und Seminaren zu karriererelevanten Schlüsselkompetenzen. Die Themenpalette reicht von Zeitmanagement und Präsentationstraining über Drittmittel und Krankenhausmanagement bis hin zu Businessetikette und das richtige Verhalten beim Businessdinner.
Ein Durchgang durch Mentoring med One-to-One oder Mentoring med Peer dauert zwei Jahre und bietet 20 Plätze. Für die Aufnahme ist eine schriftliche Bewerbung und ein Auswahlgespräch erforderlich. Dem Programm steht eine siebenköpfige Steuerungsgruppe aus Würzburger Professorinnen und Professoren zur Seite.
Sibylle Brückner, Programmleiterin Mentoring med
Chancen für Mentorinnen und Mentoren Für beide Programme gilt: Die Tätigkeit bei Mentoring med eröffnet auch den Mentorinnen und Mentoren – neben ihrer altruistischen Motivation – eine Reihe von persönlichen Vorteilen. „Dazu zählt zum Beispiel ein nicht von Hierarchien gestörter Blick auf die Sicht- und Denkweisen der nachkommenden Medizinerinnen- und Medizi-ner-Generation“, beschreibt Brückner. Außerdem könne es auch für die eigene Karriere wichtig sein, durch die bescheinigte Arbeit als Mentorin oder Mentor soziales Engagement nachweisen zu können. „Generell berichten unsere Expertinnen und Experten, dass es eine schöne Erfahrung sei, Wissen weitergeben zu können. Und manche dieser Beziehungen enden nicht mit dem Ende des Programms. Vielmehr nehmen einige Mentorinnen und Mentoren auch Jahre später noch interessiert und stolz Anteil am Karriereweg ihrer oder ihres ehemaligen Mentees“, weiß die Programmleiterin und fährt fort: „Manche Mentees engagieren sich in der Folge selbst als Mentorin oder Mentor – so kann im Idealfall eine ‚Karriereförderungs-Kaskade‘ ausgelöst werden.“
Zu den Effekten der Mentoring-Programme für die Würzburger Universitätsmedizin als Organisation gehört nach ihren Worten ein besseres gegenseitiges Verständnis der weiblichen und männlichen Führungskräfte.
Die nächste Runde Mentoring med Peer startet im Januar 2024. Bewerbungsschluss für promovierte Ärztinnen und Ärzte, Postdoktorandinnen und Postdoktoranden anderer Disziplinen sowie Habilitandinnen und Habilitanden in der Medizin ist der 15. November 2023. Mehr dazu unter go.uniwue.de/med-mentoring Mentoring med One-to-One beginnt erneut im Januar 2025.
Viele Informationen zur Karriereplanung
Privatdozentin Dr. Malgorzata Burek ist die Frauenbeauftragte der Medizinischen Fakultät der Uni Würzburg und arbeitet zudem in der Forschungsabteilung der Klinik für Anästhesiologie des UKW. Sie war von 2008 bis 2010 Mentee bei Prof. Dr. Esther Asan vom Institut für Anatomie und Zellbiologie der Uni Würzburg. Seit 2017 engagiert sie sich selbst als Mentorin und hat bislang vier Mentees betreut. Außerdem gehört sie der Steuerungsgruppe Mentoring med an.
Frau Dr. Burek, warum haben Sie sich damals als Mentee beworben? Malgorzata Burek: Als Naturwissenschaftlerin in der Medizin und Mutter von zwei kleinen Kindern wollte ich mich besser vernetzen und ein paar Tipps für meine wissenschaftliche Karriere sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bekommen.
Welche Erfahrungen haben Sie während Ihrer Zeit als Mentee gemacht? Burek: Der persönliche Austausch mit meiner Mentorin und anderen Mentees war sehr wertvoll. Die angebotenen Workshops konnte ich so wohl beruflich als auch privat sehr gut für mich nutzen. Als Beispiele kann ich „Zeit- und Selbstmanagement“, „Erfolgreiche Präsentation in der Wissenschaft“, „Kommunikationstraining“, „Business Etikette“und „Resilienztraining“ nennen.
Welchen Einfluss hatte das Programm auf Ihren weiteren beruflichen Werdegang? Burek: Das Programm lieferte viele konkrete Informationen zur Karriereplanung, wie zum Beispiel Bewerbungs- und Berufungstraining oder Karrierecoachings. Das hat mir geholfen, meine beruflichen Ziele zu erreichen. Im Programm wurde mehrfach erwähnt, dass Professorinnen an den Universitäten unterrepräsentiert seien. Das führte letztlich zu meinem Engagement als Frauenbeauftragte an der Medizinischen Fakultät.
Was hat Sie dazu bewogen, nach Ihrer Zeit als Mentee auch Mentorin zu werden? Burek: Ich möchte meine Erfahrungen an jüngere Kolleginnen weitergeben, sie zu ihrer wissenschaftlichen Weiterentwicklung motivieren und sie so gut ich kann unterstützen.
Beeindruckende Rollenmodelle
Prof. Dr. Stefanie Hahner ist die Stellvertretende Leiterin der Endokrinologie an der Medizinischen Klinik I des UKW und Prodekanin für Nachwuchs- und Frauenförderung. Sie nutzte von 2008 bis 2010 als Mentee das Mentoring med-Programm. Seit ihrer Habilitation im Jahr 2011 wirkt sie in verschiedenen Fachzusammenhängen als Mentorin – auch bei Mentoring med, wo sie seit 2016 zudem der Steuerungsgruppe angehört.
Frau Prof. Hahner, warum haben Sie sich damals als Mentee beworben? Stefanie Hahner: Mein damaliger Mentor, Prof. Dr. Bruno Allolio, hat mich quasi zur Teilnahme „verdonnert“. Ich war initial etwas skeptisch, wünschte mir primär Zeit für Forschung, war aber gleichzeitig neugierig auf das Programm und darauf, Teilnehmerinnen in ähnlicher Situation kennenzulernen.
Welche Erfahrungen haben Sie während Ihrer Zeit als Mentee gemacht? Hahner: Als besonderes bereichernd habe ich den Austausch mit den anderen Teilnehmerinnen erlebt. Hieraus haben sich auch langfristige wertvolle Interaktionen ergeben. Unter den Referentinnen gab es interessante Rollenmodelle, die mich beeindruckt haben.
Welchen Einfluss hatte das Programm auf Ihren weiteren beruflichen Werdegang? Hahner: Mein Wunsch, in der Universitätsmedizin zu bleiben, stand fest und ich hatte das Glück, gut in meiner Abteilung eingebettet zu sein. Durch Mentoring med ergaben sich ergänzende, wertvolle Impulse und Perspektiven von außen. Nützlich war für mich später zum Beispiel das „Bewerbungstraining für akademische Positionen“.
Was hat Sie dazu bewogen, nach Ihrer Zeit als Mentee auch Mentorin zu werden? Hahner: Mein Bild von Mentorenschaft wurde primär von Prof. Allolio geprägt. Er hat gefördert, begleitet, ins kalte Wasser geworfen, in Netzwerke eingeführt, kritisiert und gemeinsame Erfolge gefeiert. Mentoring med hat wiederum den Blick auf die vielen Dimensionen von Mentoring erweitert. Das zu erleben, war sehr wertvoll und motiviert mich, Ähnliches im Rahmen der eigenen Möglichkeiten und Erfahrungen weiterzugeben.
Illustrationen: Huza Studio - stock.adobe.com