Nuklearmedizin entwickelt
Alternative zur Chemotherapie
Die einmalige Behandlung mit dem Radionuklid 90Y-CXCR4 konnte bei mehreren Lymphom-Erkrankten eine Komplettremission erzielen.
Die Nuklearmedizin in Würzburg stellte bereits in der Novemberausgabe 2022 des hochrangigen Fachmagazins „Journal of Nuclear Medicine“ (JNM) das Titelbild. In der ersten Ausgabe im neuen Jahr des JNM hat sie erneut die Titelgeschichte geliefert. Im Mittelpunkt stehen Proteine, die an die Chemokinrezeptoren namens CXCR4 binden und Tumore nicht nur darstellen, sondern auch gezielt zerstören können. „Diese neue Art der Therapie gibt es tatsächlich auf der ganzen Welt nur in Würzburg“, verkündet Prof. Dr. Andreas Buck. Der Klinikdirektor der Nuklearmedizin erklärt die Mechanismen: „Zellen benötigen die Chemokinrezeptoren CXCR4, um sich im Körper zu bewegen. Tumore nutzen denselben Mechanismus. Wenn ein Tumor diesen Rezeptor hat, kann er aus dem Blutstrom heraustreten und sich in Organen wie Lunge oder Leber und in Knochen an Liganden binden, wodurch Metastasen entstehen. Wir finden bis zu einer Million solcher Rezeptoren auf einer einzigen Tumorzelle. Deswegen ist CXCR4 für uns ein attraktives Ziel, sowohl für die Tumorbildgebung als auch für die Therapie.“
Tumorzellen zum Aufleuchten bringen Mit seinem Team arbeitet Andreas Buck an Spürstoffen, so genannten Tracern. In der Radiochemie werden Moleküle künstlich mit radioaktiven Strahlern, die eine sehr kurzlebige Halbwertzeit haben, beladen, damit sie bestimmte Stoffe im Körper binden und über radioaktiven Zerfall sichtbar machen. „Die Moleküle, die an den Chemokinrezeptor binden, sie gewissermaßen zum Aufleuchten bringen, haben wir miterfunden“, sagt Buck nicht ohne Stolz.
„Wenn wir sehen, dass der Tracer nur im Tumor anreichert und nicht in den gesunden Geweben, kann ich den Strahler austauschen und als Medikament für die Therapie einsetzen“, erklärt Andreas Buck. Für die Bildgebung mittels Positronen-Emissions-Tomographie (CXCR4-PET-CT) werden weiche Radionuklide wie Fluor-18 verwendet. Für die Therapie kommen sehr harte Strahler wie Lutetium-177 und Yttrium-90 zum Einsatz, die den Tumor dann auch tatsächlich zerstören können.
Dem Team aus Würzburg ist es inzwischen bei fünf Patientinnen und Patienten gelungen, die T-Zell-Lymphome mit CXCR4-Liganden zu beseitigen. Nicht nur Andreas Buck ist davon überzeugt, dass dies ein Weg sein könnte, in Zukunft weniger Chemotherapien einzusetzen.
Gemeinsam gegen Hirnmetastasen im deutsch-japanischen Team
Bei jedem vierten Menschen mit einer fortgeschrittenen Krebserkrankung dringen die Tumorzellen ins Gehirn und führen zu Metastasen. Besonders häufig betroffen sind Frauen mit Brustkrebs. Bislang gab es keine Möglichkeit, die Invasion von metastasierenden Krebszellen ins Gehirn wirkungsvoll zu verhindern. Das möchte die Universitätsprofessorin Dr. Carola Förster, die am Universitätsklinikum Würzburg die Abteilung Experimentelle Anästhesiologie leitet, mit ihrem interdisziplinären und internationalen Team ändern.
Von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) hat die Biochemikerin einen Grant (Fo 315/5-1) erhalten, um eine Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen in Japan zu etablieren. Carola Förster verfügt bereits über langjährige Kontakte zu ausgewiesenen Spezialisten in Japan. Gemeinsam mit Prof. Dr. Markus Sauer vom Lehrstuhl für Biotechnologie und Biophysik war sie Ende 2022 an der Fukushima Medical University, um eine Konsortialvereinbarung zu entwickeln. Ziel ist es, die Barrierefunktion der Blut-Hirn-Schranke zu optimieren.
Neben dem wissenschaftlichen Austausch hatte das Forscherteam aus Fukushima und Nagasaki auch kulturelle Programmpunkte vorgesehen, wie zum Beispiel ein traditionelles Abendessen. Bild: Shigehira Saji