Nicht heilbar, aber behandelbar
Showlegende Frank Elstner und Ökowinzer Ewald Ruppert aus Prichsenstadt haben beide Morbus Parkinson. Und beide werden am Würzburger Uniklinikum behandelt. Frank Elstner mit Medikamenten, Ewald Ruppert mit der neuesten Generation eines Hirnschrittmachers. Mit dieser Operation war das UKW 2021 weltweit Vorreiter.
Prof. Cordula Matthies
Stellvertretende Klinikdirektorin Neurochirurgie
Prof. Jens Volkmann
Klinikdirektor Neurologie
Prof. Cordula Matthies
Stellvertretende Klinikdirektorin Neurochirurgie
Showlegende Frank Elstner und Ökowinzer Ewald Ruppert aus Prichsenstadt haben beide Morbus Parkinson. Und beide werden am Würzburger Uniklinikum behandelt. Frank Elstner mit Medikamenten, Ewald Ruppert mit der neuesten Generation eines Hirnschrittmachers. Mit dieser Operation war das UKW 2021 weltweit Vorreiter.
Prof. Jens Volkmann
Klinikdirektor Neurologie
Morbus Parkinson hat viele Gesichter: Michael J. Fox, Muhammad Ali, Ottfried Fischer, Frank Elstner oder Ewald Ruppert. In Deutschland sind rund 400.000 Menschen von dieser fortschreitenden, neurodegenerativen Erkrankung betroffen. Weil Nervenzellen im Gehirn absterben, entsteht ein Dopaminmangel, der unter anderem steife Muskeln, verlangsamte Bewegungen und unkontrollierbares Zittern verursacht.
Medikament versus Hirnschrittmacher
Bei den meisten Menschen mit Parkinson reicht eine immer wieder angepasste medikamentöse Therapie aus, um die Bewegungsstörungen zu reduzieren. In einigen Fällen ist eine Operation vorteilhaft, da die kontinuierliche Stimulation eine durchgehend bessere Beweglichkeit über Tag und Nacht bewirkt und eine Reduzierung der Medikamenten-Dosis möglich macht. Die Tiefe Hirnstimulation (THS) ist ein seit 25 Jahren etabliertes Verfahren zur Behandlung von neurologischen Bewegungsstörungen. Am UKW werden in einer Kooperation zwischen den Kliniken für Neurochirurgie und Neurologie jedes Jahr rund 60 dieser „Hirnschrittmacher-Systeme“ neu implantiert und mittlerweile mehrere hundert Patienten mit Schrittmachersystemen dauerhaft behandelt.
Das System besteht aus einem kleinen Gerät, das ähnlich einem Herzschrittmacher an der Brust unter der Haut implantiert wird. Von dort verlaufen feine Drähte zu den im Hirn präzise platzierten, 1,2 Millimeter dünnen Elektroden. Die elektrische Stimulation der meist nur wenige Kubikmillimeter großen Hirnareale beseitigt die krankhaften Signalveränderungen, die eine normale Hirnfunktion stören.
Digitale OP-Planung: Zwei elektrische Felder des Hirnschrittmachers („orangefarbener Ball“ und „helllila Ring“) stimulieren zwei Bewegungszentren des Gehirns (grün und blau).
Frank Elstner wird am Uniklinikum behandelt. Bild: SWR
Frank Elstner wird am UKW behandelt
Frank Elstner kam 2019 ans Würzburger Universitätsklinikum, um sich von Prof. Dr. Jens Volkmann behandeln zu lassen. Der Direktor der Klinik für Neurologie des UKW ist ein ausgewiesener Experte für Parkinson. Ihm ist es besonders wichtig, dass die möglichen Therapie-Optionen, sowohl medikamentöse als auch gerätegestützte Verfahren, individuell so angepasst werden, dass ein Patient die bestmögliche Linderung seiner Beschwerden erreicht: „Oftmals werden die verfügbaren Behandlungen zu zögerlich umgesetzt und deswegen leiden Patienten unnötig“, so Volkmann.
Showmaster Frank Elstner geht offen mit seiner Erkrankung um: „Ich bin mit meinen Medikamenten gut eingestellt und hoffe, dass das so bleibt.“ Zusammen mit Prof. Volkmann hat er die Parkinsonstiftung gegründet und ein Buch geschrieben, „Dann zitter ich halt“, mit dem Menschen mit Parkinson und deren Angehörige ein besseres Selbstmanagement der Erkrankung lernen sollen. Als gelernter Journalist ist er immer auf der Suche nach neuen Erkenntnissen.
Vorteile der neuen Hirnstimulation
So traf er sich im Herbst 2021 mit dem ebenfalls erkrankten Ewald Ruppert aus Prichsenstadt. Ein Fernsehteam begleitete das Treffen. Der damals 70-Jährige hatte sich zwei Wochen zuvor am UKW von der Neurochirurgin Prof. Dr. Cordula Matthies einen Hirnschrittmacher der neuesten Art einsetzen lassen. Die Stellvertretende Direktorin der Neurochirurgischen Klinik und ihr Team waren damit weltweit Vorreiter: „Das Besondere an diesem System ist, dass wir an einem Elektrodenträger, also für jede Hirnseite, bis zu 16 Elektrodenkontakte haben, die wir getrennt oder kombiniert zielgerichtet im Hirn stimulieren können. Damit sind auch sehr komplexe Krankheitsformen therapierbar und wir können von außen immer wieder nachjustieren.“
Neu ist, dass die Gehirnströme jetzt auch aufgezeichnet und im Steuergerät gespeichert werden können. Durch diesen Datenschatz erhoffen sich die Experten „eine personalisierte, noch viel gezieltere und variablere THS-Therapie entwickeln zu können“, so Prof. Volkmann.
Der Schrittmacher wird in der Brust eingesetzt.
„Wenn es so weitergeht wie jetzt, bin ich zufrieden.“
Ewald Ruppert, der mit seinem Hirnschrittmacher inzwischen sogar wieder täglich drei bis vier Stunden im Weinberg arbeiten kann
So läuft die Operation ab
Ewald Ruppert hatte zunächst viele Jahre lang die Erkrankung mit Tabletten im Griff, zuletzt mit Hilfe einer Medikamenten-Pumpe im Bauchbereich. Diese verursachte aber Nebenwirkungen und war hinderlich bei seiner Arbeit im Weinberg. Und mit der notwendigen immer höheren Medikamenten-Dosis verstärkten sich auch die Nebenwirkungen. So rieten ihm die Experten schließlich zur Tiefen Hirnstimulation.
Diese Operation wird inzwischen in Würzburg bei vielen Patienten komplett in Narkose durchgeführt. Die Mithilfe des Patienten in einer Wachphase kann aber vorteilhaft sein. Im ersten rund zweistündigen Teil wird in Narkose der Kopf im sogenannten Stereotaxiegerät fixiert. Dann werden kleine Hautschnitte und Bohrlöcher gesetzt sowie Testelektroden ins Hirn geschoben. Dies wird mit Hilfe eines Fadenkreuz-Zielsystems und eines Spezial-3D-Röntgengeräts überwacht.
Mit dem Narkose-Team wird die Wachphase, in der die Patienten für eineinhalb bis zwei Stunden für die Stimulationstests aus der Narkose geholt werden, abgestimmt. Prof. Matthies: „Wir lassen unsere Patienten dann zum Beispiel eine Hand auf- und zuklappen, einen Fuß drehen oder ein paar Wörter schreiben. Wenn wir das THS-System aktivieren, erkennen wir innerhalb von Sekunden an der Normalisierung der Bewegungen, dass die Elektroden richtig sitzen. Sonst justieren wir millimeterweise nach.“ Den Rest der OP, während Drähte und Impulsgeber unter der Haut implantiert werden, verbringen die Patienten wieder in Narkose.
Ewald Ruppert ist zufrieden
Um die individuell optimale Einstellung für jeden Patienten zu finden, werden in den Wochen nach der OP die Medikamente langsam ausgeschlichen und die THS weiter aktiviert. So konnte auch Ewald Ruppert im Lauf der Zeit immer mehr Verbesserungen erleben: „Es ist gut, dass ich es gemacht habe. Das erste halbe Jahr war aber noch sehr schwierig, bis alles entsprechend eingestellt war.“ Vormittags könne er drei bis vier Stunden arbeiten. Physiotherapie und Logopädie unterstützen ihn. Das Fazit des Prichsenstädters: „Wenn es so weitergeht wie jetzt, bin ich zufrieden.“
Prof. Matthies zeigt, wie die Sonde funktioniert.
Prof. Matthies und Prof. Volkmann begutachten die Sonde mit einer Lupe.