Eine Bank für die Forschung
Nicht jede Bank arbeitet mit Geld: Am Universitätsklinikum unterstützt die Biobank ibdw Wissenschaftler weltweit bei der Erforschung von Krankheiten und der Suche nach neuen Diagnose- und Therapiemöglichkeiten.
Prof. Roland Jahns
Leiter der ibdw
„Die Idee unserer zentralen Biobank ist, dass Wissenschaftler Probenmaterial nicht selber lagern, kontrollieren und verwalten müssen“
Prof. Roland Jahns
Der Verschluss der Metalltonne schnappt auf. Wie von Geisterhand öffnet sich der massive Deckel und dichter, kalter Nebel steigt empor. Langsam klärt sich der Blick auf die Probengefäße darin.
„In diesen Stickstoffbehältern bewahren wir menschliche Körperflüssigkeiten bei minus 180 Grad Celsius auf“, erläutert Professor Roland Jahns, der die Interdisziplinäre Biomaterial- und Datenbank am Universitätsklinikum Würzburg (ibdw) leitet. Mit Hilfe dieser Proben und der zugehörigen medizinischen Daten können Krankheiten erforscht und zukünftige Therapieansätze entwickelt werden.
Kühlschränke wie PKW-Garagen
Einen Raum weiter in dem flachen ibdw-Gebäude, das nahe des zentralen Klinikkomplexes ZIM-ZOM liegt, ist eine weitere Kühlanlage: Hier schlummern Proben bei minus 80 Grad in zwei Gefrierschränken, die jeweils fast die Größe einer PKW-Garage haben.
Rund 1,2 Millionen Probenröhrchen finden hier Platz. Viele Proben wurden im Rahmen spezieller Studien erhoben und dienen zur Erforschung von Herzinsuffizienz, Schilddrüsentumoren, Seltenen Erkrankungen oder der nichtalkoholischen Fettleber.
Ihre Ein- und Auslagerung geschieht weitgehend automatisiert: „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen die Probenröhrchen gebündelt in Trägerplatten auf eine Schiene – ein Roboter zieht den Träger durch eine Schleuse in den Kühlschrank und verteilt die Proben darin.“ Jedes Probenröhrchen besitzt einen eigenen Barcode, so weiß die Datenbank der ibdw stets, ob und wo sich Proben in den riesigen Kühlschränken befinden.
Proben lagern – Proben finden
Viele Kliniken und Institute des Universitätsklinikums liefern humanes Probenmaterial für die medizinische Forschung an die ibdw. „Die Idee unserer zentralen Biobank ist, dass Wissenschaftler Probenmaterial nicht selber lagern, kontrollieren und verwalten müssen“, unterstreicht Roland Jahns. „Sie können ganz einfach bei uns fragen, ob wir passendes Material für ihre Untersuchungen vorrätig haben.“
Die am Standort gesammelten Proben stehen in der Regel allen Wissenschaftlern des UKW zur Verfügung. Forscher können aber auch ihre eigenen Studienproben in der ibdw lagern – darauf haben dann nur sie selber Zugriff.
Da die ibdw ein überregionales Biobanken-Netzwerk mitgegründet hat, können Forscher darüber Proben bei Biobanken aus dem In- und Ausland suchen und anfordern. Das ist vor allem bei seltenen Erkrankungen hilfreich, für die es an einzelnen Standorten nur wenige Proben gibt.
Die Biobank ibdw des UKW ist nationaler Vorreiter.
Jede Probe besitzt einen eigenen Barcode.
Pipettierautomat im Biobank-Labor
Probeneinschub in den Pipettierautomaten
Kühlzentrifuge im Biobank-Labor
Die Biobank ibdw des UKW ist nationaler Vorreiter.
Jede Probe besitzt einen eigenen Barcode.
Pipettierautomat im Biobank-Labor
Probeneinschub in den Pipettierautomaten
Kühlzentrifuge im Biobank-Labor
Neben den Kühlanlagen für Flüssigproben besitzt die ibdw auch Aufbewahrungsmöglichkeiten für Gewebeproben, zum Beispiel von Tumoren. Diese befinden sich im ZOM-Gebäude, ganz in der Nähe der Operationssäle. Gewebeproben, die bei einer Operation entnommen und durch einen Pathologen begutachtet wurden, werden dadurch ohne lange Transportwege in den Gefrierschränken der Gewebebank eingefroren.
Sicherheit und Qualität
Viele Probenarten, vor allem Zellen, benötigen tiefste Temperaturen, um die Lagerung unbeschadet zu überstehen und anschließend für Forschung nutzbar zu sein: „Mehrfache, voneinander unabhängige Strom- und Kühlkreisläufe sichern die wertvollen Proben auch beim Ausfall von Stromnetz oder Klimaanlagen. Dadurch erreichen wir eine gleichmäßig hohe Probenqualität, die für die Verlässlichkeit von Forschungsergebnissen wichtig ist“, so der ibdw-Direktor.
„Schon bei der Planung der Biobank wurde großer Wert auf die Automatisierung der ibdw gelegt“, unterstreicht Dr. Michael Neumann, Leiter der IT-Abteilung der ibdw. „Das schont die Materialien und schützt die Mitarbeitenden – denn wir haben hier auch Proben, die Krankheitserreger enthalten können.“
Heute sammeln – morgen forschen
Patientinnen und Patienten des Universitätsklinikums Würzburg werden bei einer Behandlung möglicherweise auf eine – rein freiwillige – Probenspende für die ibdw angesprochen. „Bei Interesse können Sie Ihre Ärztin oder Ihren Arzt fragen, ob Sie für eine Probenspende in Frage kommen.“
„Zwar hat unsere Bank keine Banknoten im Tresor und sie gibt auch keine Zinsen“, so Roland Jahns. „Aber die uns anvertrauten Proben sind eine sinnvolle Investition. Denn damit lassen sich in Zukunft Krankheiten und Therapiemöglichkeiten erforschen, die wir heute vielleicht noch gar nicht im Blick haben.“
10 Jahre ibdw – Tag der offenen Tür
Im Jahr 2013 ging die Biobank am Uniklinikum Würzburg als erste öffentlich geförderte Fakultätsbiobank in Bayern in Betrieb. Am Samstag, den 24. Juni 2023, lädt die Interdisziplinäre Biomaterial- und Datenbank Würzburg (ibdw) anlässlich ihres zehnjährigen Bestehens zu einem Tag der offenen Tür mit buntem Programm, Podiumsdiskussion und Führungen ein.
Die ibdw basiert auf drei Säulen: der Flüssig-Biobank, der Gewebebank und der IT-Abteilung mitsamt Datenbanken. Ihr Qualitätsmanagement entwickelt und überwacht alle Prozesse. Im Jahr 2016 wurde die ibdw als erste akademische Biobank in Deutschland nach ISO-Norm zertifiziert.