Lichtmikroskopische Darstellung eines Fibrosarkoms
Eine heimtückische Erkrankung
Sarkome gehören zu den relativ seltenen Krebsarten. Weil es zudem viele unterschiedliche Formen gibt, ist es wichtig, dass sie von erfahrenen Experten behandelt werden. In Würzburg gibt es dafür ein zertifiziertes Sarkomzentrum.
Prof. Dr. Hermann Einsele
Karzinom – diesen Begriff kennen wohl die meisten in Zusammenhang mit Krebs. Während Karzinome von den Oberflächengeweben im Körper ausgehen, gehen Sarkome vom Binde- und Stützgewebe aus. Je nach Unterform entstehen sie in Fett-, Muskel-, Bindegewebe, Blutgefäßen oder Nerven. Im Vergleich zu Karzinomen sind Sarkome jedoch deutlich seltener: Mit etwa 6000 Neuerkrankungen pro Jahr in Deutschland machen Sarkome nur etwa 1 Prozent aller Krebsfälle im Erwachsenenalter aus. Bei Kindern sind 15 Prozent der Krebserkrankungen Sarkome. Unspezifische Beschwerden Sarkome können überall im Körper auftreten. Am häufigsten sind Arme und Beine betroffen, am zweithäufigsten innere Organe. Aber auch an Rumpf, Kopf und Hals kommen sie vor. „Die Erkrankung ist heimtückisch, weil im Frühstadium nur sehr unspezifische Beschwerden wie Rücken-, Gelenk- oder Bauchschmerzen auftreten“, sagt Prof. Hermann Einsele, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik II des UKW. Das führe dazu, dass die Diagnose oft erst spät gestellt wird. „Oft haben die Patienten eine lange Odyssee bei verschiedenen niedergelassenen Ärzten unterschiedlicher Fachrichtungen hinter sich und häufig sind dadurch bei der Erstdiagnose bereits Metastasen, z. B. in der Lunge, Leber oder im Knochen vorhanden“, so Dr. Christoph K. W. Deinzer von der internistischen Onkologie der Medizinischen Klinik und Poliklinik II des UKW und Koordinator des von der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) zertifzierten Sarkomzentrums für Knochen- und Weichteilsarkome.
Dr. Christoph K. W. Deinzer
Sehr selten – trotzdem an Sarkome denken Deshalb müsse sich das Bewusstsein für die Erkrankung erhöhen, so Prof. Maximilian Rudert, Ärztlicher Direktor der Orthopädischen Klinik König-Ludwig-Haus Würzburg und Leiter des Sarkomzentrums Würzburg: „Viele Orthopäden und Unfallchirurgen bekommen in ihrem ganzen Berufsleben nur ein oder zwei Sarkome zu Gesicht und haben die Erkrankung kaum auf dem Schirm.“ Dass man sie trotzdem im Hinterkopf haben sollte, verdeutlicht die Geschichte eines 18-Jährigen mit Schmerzen und einer Schwellung am Oberschenkel. Ein niedergelassener Arzt vermutet eine Sportverletzung und rät zu Ibuprofen – über viele Wochen hinweg. Erst nach einer langen Arzt-Odyssee wird schließlich im Sarkomzentrum Würzburg ein bösartiger Knochentumor – ein sogenanntes Osteosarkom – diagnostiziert. Nach einer vorbereitenden Chemotherapie in der Med. Klinik II des UKW kann der Tumor im König-Ludwig-Haus zum Glück vollständig entfernt werden, anschließend folgt eine erneute Chemotherapie. „Der Patient ist erfreulicherweise aktuell komplett beschwerdefrei und befindet sich nun in regelmäßiger Nachsorge in der interdisziplinären Ambulanz für Knochen- und Weichteilsarkome des Sarkomzentrums Würzburg“, berichtet Dr. Deinzer. Behandlung im Zentrum erhöht Heilungschancen Der Fall zeigt auch: Neben der frühen Diagnose ist es für Sarkom-Patienten besonders wichtig, dass sie in einem Zentrum von erfahrenen Experten behandelt werden, die über die Fachrichtungen hinweg
Prof. Dr. Armin Wiegering
Prof. Dr. Maximilian Rudert
interdisziplinär eng zusammenarbeiten. „Dadurch verbessern sich die Heilungschancen nachweislich“, sagt Prof. Armin Wiegering, der im Sarkomzentrum die viszeralchirurgische Expertise einbringt. „Sobald der Verdacht auf ein Sarkom im Raum steht, sollten Patienten sich unbedingt an ein spezialisiertes Sarkomzentrum wenden, um das bestmögliche Behandlungsergebnis für den individuellen Patienten zu erhalten“, rät Prof. Wiegering. Dass Behandlung und Management von Sarkomen so diffizil sind, liegt vor allem daran, dass es sich um rund 100 verschiedene Tumorarten handelt, die man nicht über einen Kamm scheren kann: Es gibt Sarkome, die langsam wachsen und eine gute Prognose haben, aber auch Formen, die sehr schnell wachsen und früh metastasieren. „Die biologischen Eigenschaften und das Ansprechen auf verschiedene Behandlungsmethoden, etwa auf Chemotherapie, unterscheiden sich so stark, dass sehr unterschiedliche Therapiestrategien erforderlich werden“, erklärt Prof. Einsele. Ansprechpartner Patientenlotse In Deutschland gibt es derzeit nur 13 spezialisierte Sarkomzentren, die sowohl für Knochen- als auch für Weichteilsarkome von der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) zertifiziert sind. In Würzburg arbeiten die Orthopädische Klinik König-Ludwig-Haus und das Uniklinikum Würzburg unter dem Dach des Comprehensive Cancer Centers Mainfranken sehr eng und interdisziplinär zusammen. Orthopäden, Chirurgen, Strahlentherapeuten, Onkologen, Radiologen, Pathologen, Ernährungsmediziner, Palliativmediziner, Psychoonkologen, Schmerztherapeuten sorgen für eine sehr gute Behandlungsqualität – unter anderem durch die wöchentliche Besprechung aller Sarkompatienten in der gemeinsamen interdisziplinären Tumorkonferenz. Ein Patientenlotse des CCC ist zudem speziell für Sarkompatienten zuständig und steht sowohl für Patienten als auch für zuweisende Ärztinnen und Ärzte als primärer Ansprechpartner bei Fragen zu Vorstellungsterminen zur Verfügung. Das Zentrum engagiert sich auch dafür, das Bewusstsein für das Thema Sarkome zu schärfen – mit Veranstaltungen für ärztliche Kollegen, Patienten und Angehörige. www.ukw.de/medizinische-klinik-ii/internistische-onkologie
Text: Martina Häring, Fotos: Uniklinikum, Daniel Peter, Getty Images
Kontakt Sarkomzentrum
Patienten-Anmeldung beim Patientenlotsen des Sarkomzentrums Reinhold Rüth: Tel.: (0931) 201-40444 Der Termin für die Patientenver-anstaltung des Sarkomzentrums Mitte 2022 steht noch nicht endgültig fest. Interessierte können sich aber bereits vorab registrieren: anmeldung_ccc@ukw.de Weitere Informations- und Hilfsangebote: www.sarkome.de www.sos-desmoid.de