Hebammenausbildung wird eine Wissenschaft
Künftig werden am Uniklinikum Würzburg Hebammen in einem Bachelorstudium mit einem hohen Praxisanteil auf ihren anspruchsvollen Beruf vorbereitet.
Ab dem Wintersemester 2022/23 bieten Universitätsklinikum und Universität in Würzburg das Studium der Hebammenwissenschaft an.
Hebammen tragen eine große Verantwortung für Mutter, Kind und deren Familien – vor, während und nach der Geburt. Um den anspruchsvollen und vielfältigen Aufgaben in Zukunft noch besser gerecht zu werden, bereitet das Universitätsklinikum Würzburg seine Hebammen künftig in einem dualen und primärqualifizierenden Studium auf ihren Beruf vor. Das heißt: Das UKW setzt den praktischen Ausbildungsteil um, während die theoretischen und wissenschaftlichen Grundlagen von der Medizinischen Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg beigesteuert werden. Mit dem akademischen Bachelor-Abschluss erhalten die Studierenden zugleich die staatliche Berufserlaubnis und können ab diesem Zeitpunkt in ganz Europa als Hebamme arbeiten. Sieben Semester Theorie und Praxis Zum Wintersemester 2022/23 startet das neue Studienangebot zur Hebammenwissenschaft. In sieben Semestern erlernen jährlich 20 Studierende die Hebammentätigkeit in Theorie und Praxis. „Als Medizindidaktikerin sehe ich eine großartige Chance darin, Berufsgruppen, die Hand in Hand arbeiten, auch gemeinsam auf universitärem Niveau auszubilden“, erklärt die Studiendekanin Prof. Dr. Sarah König. Den angehenden Hebammen werden im Rahmen des modularisierten Curriculums passgenaue medizinischen Inhalte vermittelt. Evidenzbasierung und die systematische Vermittlung klinisch-praktischer und kommunikativer Kompetenzen runden das Profil ab. Mit erweitertem Ausbildungsinhalt können zukünftige Hebammen auch mehr Aufgaben in der täglichen Arbeit und im Kreißsaal übernehmen, z. B. Ultraschalluntersuchungen. Die Studierenden sind nach dem Abschluss fähig, dem einzigartigen Berufsbild der Hebamme mit hoher Verantwortung und gutem Reflexionsvermögen gerecht zu werden. Wissenschaftliche Ausbildung im klinischen Kontext „Ich freue mich sehr, dass wir zum nächsten Wintersemester das Studium der Hebammenwissenschaft starten können“, kommentiert Professor Dr. Achim Wöckel, Klinikdirektor der Frauenklinik am UKW. Neben der wissenschaftlichen Aufwertung der Ausbildung werde, so Wöckel, die Attraktivität des Berufes noch erhöht. Mit mehr als 2200 Geburten pro Jahr und dem Perinatalzentrum bietet das UKW eine umfassende Bandbreite an klinischer Praxis. Daneben ermöglicht die enge Zusammenarbeit mit universitären Instituten auf dem Klinikgelände eine wissenschaftliche Ausbildung auf höchstem Niveau. „Im ersten dualen Studiengang der Fakultät werden die Studierenden zum selbstständigen Handeln in der Praxis ermutigt und gleichzeitig gezielt an wissenschaftliche Fragestellungen herangeführt“, so Dekan Prof. Dr. Matthias Frosch. Die Bewerbung für den Bachelorstudiengang ist seit März 2022 beim Universitätsklinikum Würzburg möglich. Fragen per Mail: hebammenwissenschaft@ukw.de www.med.uni-wuerzburg.de/studium/hebammenwissenschaft
Text: Uniklinik, Anke Faust, Foto: Daniel Peter
Warum Hebammen-Studium statt Ausbildung?
Grund für die Akademisierung ist eine EU-Richtlinie, die die Mindeststandards für den Hebammenberuf angehoben hat. Der Blick auf die Europakarte zeigt: Deutschland ist Schlusslicht bei der Überführung der Ausbildung zur Hebamme auf Hochschulniveau. Aktuell läuft die bisherige Hebammenausbildung an der Berufsfachschule noch parallel, soll aber auf das duale Studium reduziert werden. Der Deutsche Hebammenverband fordert schlanke Nachqualifizierungsprogramme für alle Hebammen, die das möchten. Bei Einstellungen sollen aufgrund der hohen Nachfrage Hebammen keiner Ausbildungsart bevorzugt werden. Stichwort Bezahlung: Dieser Punkt ist in Klärung.