Neue Einsichten in den Mund

Essen, Reden, Schmecken: Der Mund ist ein Multitalent unter unseren Organen. Seine Vielfältigkeit kann aber auch zu Problemen führen – beispielsweise bei Tumor­erkrankungen. Eine EU-geförderte Forschungsgruppe am Universitätsklinikum Würzburg sucht Ursachen und neue Therapieoptionen.

Krebs im Mund bleibt oft lange unentdeckt, was ihn so gefährlich macht. Im Bild sind Tumorzellen (rot gefärbt). Das umgebende Bindegewebe, das sogenannte Tumorstroma, ist grün dargestellt.

Mundkrebs mit seiner häufigsten Form, dem oralen Platten­epithel­karzinom, ist mit etwa 10 000 Neuerkrankungen jährlich eine häufige Krebsform hierzulande“, weiß „Rund 100 Menschen werden pro Jahr in Würzburg in Zahnklinik und Universitätsklinik behandelt“. Größte Risikofaktoren sind häufiger Tabak- und vor allem Alkoholkonsum. Wegen uneinheitlicher Symptome bleiben diese Tumore oft lange unentdeckt, was sie besonders heimtückisch macht. „Die Überlebensrate beträgt etwa 50 Prozent nach fünf Jahren“, so der Wissenschaftler.

Heilen braucht Forschung

Das Mildred-Scheel-Nachwuchszentrum (MSNZ) Würzburg ist eines von fünf Zentren in Deutschland, die 2018 durch eine Förderung der Deutschen Krebshilfe initiiert wurden. Es bietet Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern der Lebens­wissenschaften und Medizin optimale Bedingungen zur unabhängigen Forschung in der molekularen Onkologie.

Dr. Kai Kretzschmar

Weitgehend unerforschte Vielfalt Ein Problem bei Erforschung und Behandlung von Mundkrebs ist seine große Vielfalt. „Die obere Schicht der Mundschleimhaut, das Epithel, besitzt vielfältige Stammzellen und Eigenschaften: Die Oberseite der Zunge ist anders beschaffen als deren Unterseite – und beide unterscheiden sich von Gaumen, Mundboden und Wangen“, erläutert Dr. Kretzschmar. „So unterschiedlich wie das Gewebe ist auch das Auftreten von Primärtumoren und Metastasen.“ Die Forschung hat diese Diversität bislang eher stiefmütterlich behandelt. Im Fokus des Zellbiologen und seiner Forschungsgruppe am „Mildred-Scheel-Nachwuchszentrum für Krebsforschung“ der Deutschen Krebshilfe am UKW und der Universität stehen Grundlagenforschung für Wirkstoffe zur Therapie sowie neue Biomarker zur Früherkennung. Hochkarätige Förderung Auch die EU hat erkannt, wie wichtig Forschung auf diesem Gebiet ist. Und fördert das Projekt des 36-jährigen gebürtigen Berliners fünf Jahre lang mit über 1,7 Millionen Euro. „Die hervorragende Ausstattung des Uniklinikums und ihrer Kooperationspartner mit zentralen Forschungseinrichtungen und -dienstleistungen bietet uns beste Voraussetzungen“, freut sich der Wissenschaftler, der bereits in Frankfurt am Main, Cambridge (UK) und Utrecht (NL) Forschungserfahrung gesammelt hat. Im Erfolgsfall führt das Projekt zu neuen Einsichten in zelluläre und molekulare Grundlagen von Kopf-Hals-Krebserkrankungen – und kann dafür sorgen, wichtige Wissenslücken über dieses vielseitige Organ zu schließen. www.med.uni-wuerzburg.de/msnz/the-msnz

Text: Jörg Fuchs, Fotos: Uniklinikum/Lili Szabó, Kai Kretzschmar