Allergien bei Kindern: häufig, aber gut behandel­bar

Auch bei Kindern und Jugendlichen gehören Allergien zu den häufigsten gesundheitlichen Problemen – insbesondere Neurodermitis, Asthma und Heuschnupfen. Sie können allein, nacheinander oder auch in Kombination auftreten. Jedes vierte Kind ist oder war schon einmal davon betroffen.

Beim Prick-Test träufelt MTA Carolin Beck verschiedene Allergenlösungen auf die Haut und „prickt“ sie anschließend jeweils mit einer Nadel oberflächlich durch die Tropfen „an“. Eine allergische Sensibilisierung zeigt sich durch eine Quaddelbildung.

Neurodermitis: gezielt und früh behandeln Neurodermitis wird auch atopisches Ekzem genannt. Sie beginnt oft bereits im Baby- oder Kleinkindalter. Häufig sind der sogenannte Milchschorf auf dem Kopf, trockene Haut am Körper, an den Wangen oder Augenlidern. Die klassischen Hauterscheinungen an den Ellbogen und Kniekehlen sieht man meist bei etwas älteren Kindern. Oft leiden die Kleinen unter dem Juckreiz, was die Eltern nur schwer mit ansehen können. Was man jedoch auf keinen Fall machen sollte, so der Kinderarzt und Kinder-Lungenspezialist Prof. Dr. Helge Hebestreit: „Alle möglichen Nahrungsmittel weglassen, in der Hoffnung, dass sich die Haut dann bessert.“ Stattdessen sollte man lieber früh den Kinderarzt ansprechen. Denn sonst drohen Mangel- bzw. Fehlernährung. Und meist lässt sich Neurodermitis mit der passenden Pflege gut in den Griff bekommen. Eine adäquate Behandlung ist wichtig für Wohlbefinden und den Zustand der Haut auch auf lange Sicht. Trotz Asthma sollte Sport möglich sein Kinder mit Neurodermitis haben ein zweifach erhöhtes Risiko, im Laufe ihres Lebens an Asthma zu erkranken. „Eltern sollten hellhörig werden, wenn ihr Kind mit einer pfeifenden Atmung oder trockenem Husten auffällt, insbesondere kurz nach körperlicher Anstrengung oder bei besonderen Reizen wie Pollen- oder Tierkontakt“, erläutert Prof. Hebestreit. Auch hier sollte man nicht abwarten, sondern frühzeitig zum Kinderarzt gehen. Bezüglich der Medikamente gilt: so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig, damit die Kinder ein möglichst „normales“ Leben mit Sport und anderen Freizeitaktivitäten führen können. Heuschnupfen gibt es auch bei Kindern Das, was Mediziner als allergische Rhinokonjunktivitis bezeichnen – also Schnupfen mit Bindehautentzündung – kennen zwar vor allem Erwachsene, kann aber auch schon Kinder betreffen. Während Kleinkinder selten Heuschnupfen haben, haben von den 14- bis 17-Jährigen schon über 10 Prozent mit dieser Krankheit Bekanntschaft gemacht.

Prof. Dr. Helge Hebestreit

Andere Allergien Nahrungsmittelallergien treten bei Kindern oft bereits im ersten Lebensjahr auf, oft gegen „Klassiker“ wie Kuhmilch, Ei oder Erdnuss. Insektengift- und Medikamenten­allergien gibt es ebenfalls bei Kindern, allerdings relativ selten. Egal ob Pollen, Hausstaub oder Tierhaare: Die jeweiligen Allergene sollte man meiden, so gut es geht – aber nur, wenn die Allergie sicher diagnostiziert wurde. Ein Blut- oder Hauttest allein sagt noch nichts darüber aus, ob wirklich eine Allergie vorliegt. Er sollte nach einer entsprechenden Anamnese gezielt durchgeführt werden. Wie das Meiden konkret aussieht, hängt vom Allergen ab. Bei einer Pollenallergie sollte man z. B. abends die Haare ausspülen und die Kleidung, die draußen getragen wurde, nicht mit ins Kinderzimmer nehmen, bei einer Hausstauballergie milbendichte Bettbezüge nutzen und Kuscheltiere sowie Betten häufig waschen. „Sein Kind einsperren sollte man aber niemals“, warnt Prof. Hebestreit. Wann Biologika und Hyposensibilisierung helfen Gegen die meisten Allergien gibt es zudem gut wirksame und verträgliche Medikamente, die auch im Kindesalter eingesetzt werden können. Selten sind zum Glück extreme Formen, bei denen die üblichen Medikamente nicht ausreichen. In diesen Fällen können sogenannte Biologika helfen: Antikörper, die ganz bestimmte Immunreaktionen blockieren. Sie sind derzeit für schwere Asthma- und Neurodermitis-Formen verfügbar, bei denen die herkömmlichen Therapieschemata nicht ausreichen. Bei der Hyposensibilisierung wird das Immunsystem über einen längeren Zeitraum in Form von Spritzen, Tabletten oder Tropfen mit dem Allergen konfrontiert, sodass ein Gewöhnungseffekt eintritt. Sie gilt als einzige ursächliche Therapie bei Allergien und ist prinzipiell auch bei Kindern möglich, in der Regel ab fünf Jahren. „Sie sollte als weitere Therapieoption in Betracht gezogen werden, aber wohl überlegt sein“, so Prof. Hebestreit. Denn die Behandlung zieht sich meist über mehrere Jahre hin und ist für die Kleinen nicht immer angenehm. Anders sieht es bei Insektengift-Allergien mit schweren Allgemeinreaktionen aus. In diesen Fällen gibt es keine Alternative zur Hyposensibilisierung. Wichtig zu wissen: Auch bei Nahrungs­mittelallergien sind Hyposen­sibilisierungen möglich. Was können Eltern tun, damit Kinder nicht zu Allergikern werden? Seit den 70er-Jahren beobachten Mediziner eine Zunahme allergischer Erkrankungen. Inzwischen scheint sich der Trend zum Glück etwas zu stabilisieren. Komplett verhindern kann man die Ausbildung von Allergien zwar nicht – unter anderem weil auch die Gene eine Rolle spielen. Es gibt aber Faktoren, die sich beeinflussen lassen. www.ukw.de/kinderklinik

Text: Martina Häring, Fotos: Daniel Peter

Das sollten Eltern beachten:

  • Wenn möglich mindestens vier Monate voll stillen.
  • Wenn stillen nicht möglich ist, für Risikokinder hypoallergene Flaschennahrung.
  • In Schwangerschaft und Stillzeit sollte die Mutter Fisch essen, beim Kind gut durchgegartes Ei, Fisch und andere Nahrungsmittel als Beikost vor dem 6. Lebensmonat einführen.
  • Kind nicht steril aufwachsen lassen.