Stoß­wellen­thera­pie

bei verkalkten Beingefäßen

Seit letztem Sommer kann das Uniklinikum Würzburg Patienten mit extrem verkalkten, verengten peripheren Arterien eine neue Behandlungsoption anbieten. Bei der intravaskulären Lithotripsie wird der harte Kalkpanzer der Gefäße mittels Stoßwellen aufgebrochen.

In Deutschland leiden schätzungsweise bis zu fünf Millionen Menschen an verengten Bein- und Beckengefäßen. Man spricht auch von der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit – abgekürzt PAVK. Grund der Durchflussstörung ist die Ablagerung von Blutfetten, Thromben und Bindegewebe in den Gefäßwänden. Durch die zusätzliche Einlagerung von Kalziumsalzen kann eine regelrecht harte Verkalkung eintreten. „Die herkömmlichen gefäßerweiterden Maßnahmen sind bei diesen ‚Kalkpanzern‘ oft problematisch“, berichtet Ralph Kickuth, Professor für Interventionelle Radiologie am Institut für ­Diagnostische und Interventionelle Radiologie des Uni­klinikums Würzburg (UKW). Als neue Behandlungsoption entwickelte der Medizintechnik-Markt die intravaskuläre Lithotripsie. Seit August 2019 gehört das Verfahren auch zum Portfolio des UKW. „Das Prinzip dieser Stoßwellen­therapie ist bekannt aus der Zertrümmerung von Nieren- oder Gallensteinen – nun ist sie auch als Katheteranwendung verfügbar“, umreißt Prof. Kickuth.

Bei dem mit einem Kochsalz-Kontrast­mittel-Gemisch aufgepumpten Ballon­theter sind die Emitter als hell schimmernde Abschnitte zu erkennen.

Ultraschalldruckwellen zerbrechen den Kalkpanzer Bei der intravaskuläre Lithotripsie wird unter Durchleuchtung ein spezieller Ballonkatheter zur verkalkten Engstelle navigiert und dort soweit aufgepumpt, dass er allseits gut an der Gefäßwandung anliegt. Im Katheder befinden sich vier oder fünf winzige Emitter. Ein außerhalb des Körpers an den ­Katheter angeschlossener Generator erzeugt eine Spannung, die an den Emittern zu einer elektrischen Entladung führt. Diese vaporisiert das im Ballonkatheter befindliche Kochsalz-Kontrastmittel-Gemisch. Dadurch wird ein sich rasch ausdehnendes und kollabierendes Gasbläschen erzeugt, was wiederum Ultra­schalldruckwellen hervorruft. Diese Stoßwellen werden auf die Gefäßwand übertragen und sorgt hier für Mikrorisse in der verkalkten Ablagerung. Die nicht betroffenen Gefäßabschnitte und das angrenzende weiche Gewebe bleiben unbeeinträchtigt. „Durch diesen Vorgang wird das Gefäß im betroffenen Segment verformbar und lässt sich in einem Arbeitsschritt mit dem einliegenden Lithotripsieballonkatheter besser aufweiten“, schildert Prof. Kickuth. Die nach seinen Worten schmerz­freie minimal-invasive Behandlung erfolgt im Katheterlabor des UKW, eine Narkose des Patienten ist nicht notwendig. Hervorragende Behandlungsergebnisse Zwischen August 2019 und Januar 2020 wurden am Würzburger Uniklinikum vier Patienten mit dem neuen Verfahren therapiert – laut Prof. Kickuth alle mit vollem Erfolg. „Die Ergebnisse für die Betroffenen waren hervorragend – und die Anwendung ist für den durchführenden Arzt sehr unkompliziert“, fasst der Experte zusammen. Dies passt zu den Aussagen der bisher zur intravaskulären Lithotripsie durchgeführten, noch vergleichsweise wenigen Pilot- oder Machbarkeitsstudien. „Ungeachtet einer noch weiteren wissenschaftlichen Überprüfung bin ich sehr ­optimistisch, dass das Verfahren das Potenzial hat, zum Standard bei der Wiedereröffnung extrem verkalkter peripherer Arterien zu werden“, sagt Prof. Kickuth.

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