Damit sie beruhigt einschlafen können!
Seit diesem Januar leitet Professor Patrick Meybohm an dem Universitätsklinikum Würzburg die Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie. Sein Ziel ist es, Patientinnen und Patienten fit für Narkosen zu machen – und ihnen Ängste vor dem Tiefschlaf bei einer Operation zu nehmen.
„Viele unserer Patientinnen und Patienten sehen Anästhesisten während der Vorbesprechung zu einem Eingriff – und dann kurz vor der Operation am OP-Tisch“, weiß Professor Patrick Meybohm, der die Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie am Uniklinikum seit diesem Jahr leitet. „Allerdings ist die sichere Narkose von Patientinnen und Patientinnen im Rahmen eines chirurgischen Eingriffs nur eine unserer vielfältigen Aufgaben in diesem Fachbereich.“ Der ausgezeichnete Ruf, der dem Universitätsklinikum Würzburg vor allem für ihr breites medizinisches Spektrum und ihre Forschungslandschaft vorauseilt, hat den 42 Jahre alten gebürtigen Stendaler dazu bewogen, seit Januar 2020 die Leitung der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie zu übernehmen. „Durch jährlich auf der Marienfestung stattfindende Fachkongresse und die Nähe zu meiner letzten Arbeitsstätte in Frankfurt am Main kannte ich Würzburg und seine medizinische Landschaft bereits gut“, erinnert sich Patrick Meybohm, der im Sommer mit seiner Frau und seinen beiden Kindern von der Mainmetropole in die Unterfränkische Hauptstadt zieht.
Einsätze im OP und auf der Intensivstation Am Uniklinikum in Würzburg haben er und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Klinik für Anästhesiologie alle Hände voll zu tun: Rund 31000 Anästhesien für operative und diagnostische Eingriffe führt die Klinik jedes Jahr durch – und das in vielen Bereichen des Uniklinikums wie in Schockräumen, Intensivstationen und Operationssälen. Im Rahmen der Notfallmedizin stellt die Anästhesie Notärztinnen und Notärzte, die an Bord von Rettungsfahrzeugen und auch Hubschraubern in der gesamten Region in Notfällen zum Einsatz kommen. Den großen Stellenwert, den die Anästhesie in der medizinischen Versorgung innehat, verdeutlichen folgende Zahlen: „Unsere Klinik ist die größte Abteilung am UKW“, veranschaulicht Meybohm. „Von rund 900 Ärztinnen und Ärzten am Universitätsklinikum arbeiten 150 hier bei uns.“ Dabei wird Kooperation großgeschrieben: „Wir können nur dadurch erfolgreich sein, in dem wir vertrauensvoll mit den Kolleginnen und Kollegen weiterer Fachrichtungen interdisziplinär zusammenarbeiten. Dazu zählen vor allem Chirurginnen und Chirurgen sowie die Kolleginnen und Kollegen aus der Anästhesiepflege, mit denen wir gemeinsam am OP-Tisch stehen.“ Nicht nur bei operativen Eingriffen, sondern auch in der Intensiv- und Schmerzmedizin ist das Fachwissen der Anästhesistinnen und Anästhesisten gefragt. Zusammen mit Kolleginnen und Kollegen weiterer Fachgebiete und dem Pflegepersonal überwachen und versorgen sie auf der Intensivstation Patientinnen und Patienten, die sich vorsorglich oder aufgrund kritischer Gesundheitszustände dort in Behandlung befinden. „Einige chirurgische Eingriffe können für den Körper sehr belastend sein, vor allem bei älteren oder vorerkrankten Menschen“, erläutert Professor Meybohm. „Auf der Intensivstation können wir ihnen mit ähnlichen anästhesiologischen Methoden wie bei einer OP helfen, beispielsweise im Rahmen der Beatmung, Kreislaufunterstützung oder Schmerzbehandlung.“
Prof. Dr. Patrick Meybohm, Direktor der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie
Drei Fragen an Patrick Meybohm
1. Was werden Sie sich in Würzburg als nächstes anschauen? Die Würzburger Gymnasien südlich des Mains, um den Schulwechsel meiner beiden Kinder zum Sommer 2020 vorzubereiten. 2. Am Abend gehe ich zufrieden nach Hause, wenn ich nach der Klinik noch sportlich aktiv war. 3. Welche Erfindung der Medizin begeistert Sie und warum? Moderne Operationen mit kleinsten Schnitten, quasi wie durch Schlüssellöcher. Das ist für den Patienten viel schonender. Unsere Patienten verlieren kaum noch Blut, sodass wir Fremdbluttransfusionen vermeiden können. Gleichzeitig erholen sich unsere Patienten nach der Operation auch noch schneller.
Der Mensch im Mittelpunkt Einige Patientinnen und Patienten sind jedoch skeptisch, wenn es um das Thema Narkose geht. „Es gehört viel Vertrauen dazu, das eigene Bewusstsein ‚abschalten‘ zu lassen“, weiß der Klinikdirektor. Technische Hilfsmittel, die in der Anästhesie und Intensivmedizin eingesetzt werden, lassen bei Außenstehenden leicht das Bild einer kalten Gerätemedizin entstehen. „Wichtig ist, dass in allen unseren ärztlichen Bemühungen die Menschen, die sich uns anvertraut haben, im Mittelpunkt stehen. Technik, wenn sie auch manchmal übermächtig erscheint, ist dabei ein grundlegendes Hilfsmittel, niemals Selbstzweck“, nimmt der Klinikleiter diese Ängste auf. „Eines unserer wichtigsten Ziele ist es daher, heutige und zukünftige Patientinnen und Patienten umfassend und verständlich über die Möglichkeiten und Ziele unserer Fachmethoden aufzuklären und damit Vorbehalte abzubauen.“ Dabei kommen ihm und seinen Kolleginnen und Kollegen zugute, dass heute eingesetzte Narkose- und Schmerzmittel ausgereift sind und ihre Anwendung gut erforscht ist. „In anderen Fachbereichen, wie der Onkologie oder der Kardiologie, wird viel Forschungsarbeit in die Suche nach neuen Wirkstoffen und Medikamenten gesteckt“, so Meybohm. „In der Anästhesiologie sind wir in der glücklichen Lage, dass uns bereits optimale Mittel und lange erprobte Verfahren zur Verfügung stehen.“ Bestmöglich vorbereitet in die OP Für die Zukunft hat sich der neue Klinikdirektor vor allem die umfassende Vorbereitung von Patientinnen und Patienten auf Operationen und chirurgische Eingriffe auf die Fahnen geschrieben, beispielsweise durch gezieltes körperliches Training, aber auch Stärkung der patienteneigenen Blutreserven, richtige Ernährung und Aufklärung über die optimalen Narkoseverfahren. „Oft gibt es vor Operationen längere Vorbereitungsphasen“, weiß Patrick Meybohm. „Diese Zeit wollen wir nutzen, um Patientinnen und Patienten bestmöglich auf den bevorstehenden Eingriff vorzubereiten. Damit sie, wenn es soweit ist, beruhigt einschlafen können!“
Text: Jörg Fuchs, Foto: Uniklinik