Kinderchirurgie auf hohem Niveau
Hier werden Kinder ernst genommen, in spielerischer Weise aufgeklärt und kompetent versorgt – auch Eltern finden mit ihren Ängsten ein offenes Ohr
Kinderchirurgie auf hohem Niveau
Hier werden Kinder ernst genommen, in spielerischer Weise aufgeklärt und kompetent versorgt – auch Eltern finden mit ihren Ängsten ein offenes Ohr
Kinder sind keine verkleinerte Ausgabe der Erwachsenen.“ Dieses Zitat von Charles Dickens bringt es auf den Punkt: Am Uniklinikum Würzburg werden Früh- und Neugeborene, Säuglinge, Kleinkinder, Schulkinder und Teenager bis zum 16. Lebensjahr deshalb chirurgisch nicht in der „Allgemeinen Chirurgie“ behandelt, sondern eigens in der Abteilung für Kinderchirurgie – Kindertraumatologie und Kinderurologie der Chirurgischen Universitätsklinik im ZOM. Die operative Versorgung dieser kleinen und großen Patienten ist so speziell, dass es für diesen Bereich einen eigenen Facharzt für Kinderchirurgie (der auch die Kindertraumatologie und Kinderurologie umfasst) gibt. Ähnlich wie der Kinderarzt der erste Ansprechpartner bei Erkrankungen des Kindes ist, sollte der Kinderchirurg der erste Ansprechpartner bei Verletzungen und operativ zu therapierenden Erkrankungen des Kindes sein. Da sich in einigen Fällen das Gebiet der Kinderchirurgie mit anderen Fächern ergänzt oder überschneidet, arbeitet die hiesige Kinderchirurgie sehr eng mit der Universitäts-Kinderklinik, der Universitäts-Frauenklinik, der Kinderneurochirurgie der Universitäts-Neurochirurgie, der Kinderorthopädie im König-Ludwig-Haus und dem Traumanetzwerk Nordbayern zusammen. Die Anwendung modernster Techniken, wie beispielweise die Laparoskopie („Schlüsselloch“-Chirurgie), sogar im Säuglingsalter, sowie das breit aufgestellte Behandlungsspektrum hat die Würzburger Kinderchirurgen um ihren Leiter Prof. Dr. Thomas Meyer weit über Landesgrenzen hinaus bekannt gemacht und aktuell einen Platz unter den deutschen Top Ten der Focus-Liste in dieser Fachdisziplin eingebracht.
Was behandeln die Kinderchirurgen am UKW? Zum Alltag gehören häufig vorkommende Erkrankungen und Verletzungen, wie z.B. Leisten- und Nabelbrüche, der Hodenhochstand, Phimosen, Blinddarmentzündungen oder Knochenbrüche der Extremitäten. Deutlich aufwendiger und anspruchsvoller sind jedoch Eingriffe bei (Extrem-) Frühgeborenen und Neugeborenen. Manchmal müssen bereits Neugeborene unmittelbar nach der Geburt operiert werden, beispielsweise wenn die Speiseröhre fehlt oder kein Darmausgang vorhanden ist. In letzterem Fall müssen die Kinderchirurgen nicht nur die Kontinuität der Passage wiederherstellen, sondern zusätzlich noch einen Schließmuskel anlegen. Auch rufen weitere Fehlbildungen, zum Beispiel der Bauchdecke, die Ärzte der Universitäts-Kinderchirurgie direkt nach der Geburt des Kindes auf den Plan. Ziel dieser Operationen sollte es immer sein – so Professor Thomas Meyer – dass unbeteiligte Personen die Rekonstruktion und Korrektur später nicht mehr sehen. Sehr anspruchsvoll sind Operationen von Tumoren bei Säuglingen und Kleinkindern. Mitunter dauern solche Prozeduren zwischen sechs und zwölf Stunden, was auch besondere Anforderungen an die Narkose stellt. Deshalb verfügt das UKW über eigene „Kinder“-Anästhesisten. Tumoren im Säuglingsalter sind eine besondere Herausforderung: Oft sind bei großen Tumoren Teile des Körper entstellt. In einem solchen Fall arbeiten Kinderchirurgen wie plastische Chirurgen. Eine Fähigkeit, die auch im Fall von tiefen und großflächigen Verbrennungen und Verbrühungen gefragt ist. Dieses vielfältige Spektrum hat dazu beigetragen, dass die Würzburger Kinderchirurgie des UKW überregional bekannt ist und es im mainfränkischen Raum nur diese eine einzige kinderchirurgische Professur gibt.
Professor Thomas Meyer leitet die Kinderchirurgie am Uniklinikum.
Eltern dürfen ihre Kinder begleiten Die Kinderchirurgie ist im Zentrum für Operative Medizin (ZOM) des Uniklinikums untergebracht. „Pro Jahr werden in unserer Abteilung mehr als 1500 Kinder stationär und mehr als 8000 ambulant behandelt“, sagt Prof. Meyer. Für diese Aufgabe steht an allen Tagen des Jahres rund um die Uhr ein Team aus spezialisierten Fachärzten für Kinderchirurgie – einschließlich der Kinderurologie und der Kindertraumatologie – und spezialisierten Kinderkrankenschwestern zur Verfügung. Die eigene kinderchirurgische Station im ZOM (Haus A1, Ebene +3; Station O15) verfügt über 20 Betten, die ausschließlich den (Kleinst-)Kindern und Jugendlichen vorbehalten sind. Dennoch können Eltern ihre Kinder begleiten und werden auf der Station mit versorgt. Viele Mutter-Kind-Einheiten gibt es hier, und die sollen den Aufenthalt der Kleinen in der Klinik dann möglichst angenehm gestalten. Insgesamt kommt den Eltern eine wichtige Rolle bei der Behandlung der Kinder zu: So dürfen sie im Vorfeld der Narkose ihren Sprösslingen ebenso beistehen wie nach der Operation im Aufwachraum bzw. auf der Station.
Herausforderungen Das Besondere an der Kinderchirurgie ist, dass beide, Kinder und Eltern, in das Behandlungskonzept eingebunden werden, wie Prof. Meyer erklärt: „Wir versuchen beiden Seiten gerecht zu werden und reden auch mit beiden. Zum einen nehmen wir die Kinder ernst und klären sie intensiv in spielerischer Form über eine bevorstehende Operation auf. Zum anderen ist das auch eine besondere Herausforderung und Stresssituation für die Eltern. Wir versuchen, ihnen die Ängste zu nehmen.“ Wie Prof. Meyer weiter betont, ist eine gute Zusammenarbeit mit den Eltern für den Therapieerfolg sehr wichtig. Ebenso trägt auch die Arbeit der Klinikclowns bei, die regelmäßig auf der kinderchirurgischen Station vorbeischauen, die kleinen Patienten aufzumuntern.
Text: Dr. Bernhard Rauh, Fotos: Gettyimages, Uniklinik