Ein Netzwerk, das allen hilft
Selbsthilfe ist eine wichtige Säule ganzheitlicher Heilbehandlung. Die Universitätsklinik Würzburg wurde als erstes Universitätsklinikum in Bayern zum „selbsthilfefreundlichen Krankenhaus“ gekürt.
Ein Netzwerk, das allen hilft
Selbsthilfe ist eine wichtige Säule ganzheitlicher Heilbehandlung. Die Universitätsklinik Würzburg wurde als erstes Universitätsklinikum in Bayern zum „selbsthilfefreundlichen Krankenhaus“ gekürt.
Bild: Festakt zur Auszeichnung „Selbsthilfefreundliches Krankenhaus“: Akteure und Kooperationspartner mit Festrednerin Barbara Stamm, ehemalige Landtagspräsidentin.
Patientinnen und Patienten erhalten in einem Krankenhaus Hilfe von Ärztinnen, Ärzten und Pflegefachleuten. Doch genauso wichtig wie die Behandlung durch das medizinische Personal kann die selbst organisierte Unterstützung von Patientinnen, Patienten und Angehörigen sein. „In der Region Unterfranken und speziell auch in Würzburg existiert ein lebendiges Netzwerk von rund 200 Aktiven und Selbsthilfe-Gruppen – von kleinen Initiativen bis hin zu großen Organisationen“, so Gabriele Nelkenstock. Die Diplom-Sozialpädagogin organisiert als externe Selbsthilfe-Beauftragte am UKW die Zusammenarbeit zwischen Klinikum und Selbsthilfegruppen, stellt Kontakte her und unterstützt die Selbsthilfe bei den unterschiedlichsten Belangen. „Manchmal wissen Patienten und Angehörige gar nicht, dass es Gruppen gibt, in denen sie Informationen austauschen und ihre Erfahrungen zu einer Erkrankung teilen können.“
Austausch auf Augenhöhe
Der Austausch innerhalb einer Selbsthilfe-Gruppe findet auf Augenhöhe statt. Menschen mit ähnlichen gesundheitlichen Problemen können sich gegenseitig unterstützen, Tipps geben und auch fachlich informieren. Selbsthilfe-Gruppen richten sich nicht nur an direkt Betroffene, sondern auch an deren Familien und Angehörige. Durch den Erfahrungs- und Informationsaustausch schöpfen die Betroffenen Mut und finden die Kraft, sich mit ihren Problemen und Krankheitsbildern auseinanderzusetzen.
Älteren Alleinstehenden aber auch jüngeren Singles, deren Angehörige weit entfernt wohnen, hilft ein regionales Netzwerk dabei, im Falle von gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht alleine zu sein und mit ihren Belastungen ernst genommen zu werden.
Qualität gemeinsam gestalten
„Selbsthilfe bietet ein riesiges Potenzial an Erfahrungswissen und Betroffenenkompetenz“, unterstreicht auch Professor Georg Ertl, der Ärztliche Direktor am Universitätsklinikum. „Dieses Know-how soll zum Wohl der Patientinnen und Patienten auch in Zukunft in das ärztliche und pflegerische Handeln am UKW einfließen.“
Um dieses Ziel zu erreichen, hat das Uniklinikum gemeinsam mit regionalen Selbsthilfe-Gruppen einen Qualitätszirkel sowie einen umfangreichen Kriterienkatalog entwickelt. Dieser orientiert sich am Konzept des bundesweiten Netzwerks „Selbsthilfefreundlichkeit und Patientenorientierung im Gesundheitswesen“. Darin ist festgelegt, wie Selbsthilfe sichtbar gemacht und konstruktiv in die Heilbehandlung eingebunden werden kann – von der Aufnahme bis zum Entlassmanagement.
Prof. Ralf Bargou, Leiter des Comprehensive Cancer Center am Uniklinikum.
Vertrauensverhältnis stärken
Dazu zählen die deutliche Sichtbarkeit von Selbsthilfe-Aktivitäten am Uniklinikum durch individuell abgestimmte Präsentationsmöglichkeiten vor Ort sowie die persönliche Information von Patientinnen und Patienten über die vielfältigen Angebote. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Uniklinikums werden regelmäßig über das Thema informiert und fortgebildet.
„Der vorliegende Kriterienkatalog hilft, das Vertrauensverhältnis von Arzt, Patienten und Angehörigen zu stärken, denn medizinische Behandlung ist keine Einbahnstraße“, so die Selbsthilfe-Beauftragte. Rückmeldungen und Vorschläge aus dem Kreis der Selbsthilfe dienen Ärztinnen, Ärzten und Pflegenden dabei, besser auf die Bedürfnisse bei bestimmten Erkrankungen eingehen zu können. Daher kann die Selbsthilfe, zusätzlich zur ambulanten und stationären Versorgung sowie dem öffentlichen Gesundheitsdienst, auch als „vierte Säule“ des Gesundheitswesens gelten.
Getragen vom Ehrenamt
Dass der Aufbau eines solchen Selbsthilfe-Netzwerks kein Selbstläufer ist, zeigt der stetige Weg, der bis heute beschritten wurde. „Wir sind stolz auf unsere erfolgreiche langjährige Arbeit, die nun durch die Auszeichnung ,Selbsthilfefreundliches Krankenhaus‘ beim Festakt am 5. Dezember gekrönt wurde“, unterstreicht Gabriele Nelkenstock. „Und natürlich werden wir an diesem Punkt nicht stehenbleiben. Denn Selbsthilfe lebt vom Mitmachen, von neuen Ideen und Konzepten sowie dem Schritthalten mit medizinischen Entwicklungen.“
Sehr wichtig ist ihr die Wertschätzung gegenüber den zahlreichen ehrenamtlich Aktiven, die im Bereich der Selbsthilfe mit hohem persönlichem Einsatz tätig sind. Daher freut sie sich ganz besonders über die Auszeichnung für das UKW, die den Grundstein dafür legt, dass ab sofort an jedem 5. Dezember, dem internationalen Tage des Ehrenamts, die Aktivitäten der Patienten-Selbsthilfe-Organisationen in Würzburg besonders hervorgehoben und in den Mittelpunkt gerückt werden.
Text: Jörg Fuchs, Fotos: Uniklinik, Angie Wolf