Zeit für individuelle Betreuung
Lisa-Marie Schinagl, 25, Studentin
im 10. Semester Zahnmedizin.
Ich arbeite seit einem Jahr als Hilfskraft in der Pflege am Uniklinikum. Stationen können mich bei Bedarf anfordern, wenn sie Personalmangel oder einen Patienten mit erhöhtem Betreuungsbedarf haben. Dazu gehört auch die 1:1-Betreuung von Patienten mit einer Demenz oder einem Delir. Als angehende Medizinerin finde ich es naheliegend, in diesem Umfeld zu arbeiten. Durch die Arbeit in der Pflege erlebt man außerdem andere Einblicke in den Klinikalltag.
Schon die einstündige, verpflichtende Demenzschulung fand ich superspannend und wollte gerne mehr über das Thema erfahren – schließlich hat man bei der Arbeit einen sehr engen Kontakt zu den Patienten. In der anschließenden weiterführenden Schulung haben wir dann anhand von Videos besprochen, wie man Fehler im Umgang mit desorientierten und kognitiv eingeschränkten Patienten vermeiden kann. Im Endeffekt geht es darum, zu verstehen, dass diese Patienten in einer eigenen Realität leben und dass man nicht versuchen sollte, sie in unsere Realität zurückzuholen. Wenn ein Patient zum Beispiel glaubt, er sei 35 und lebe in den 50ern, dann sollte man ihn nicht korrigieren.
Oft hilft es, über belanglose Dinge zu reden oder vom Thema abzulenken. Gleichzeitig sollte man den Menschen das Gefühl geben, dass sie etwas Wert sind. Dabei helfen zum Beispiel die Taschenkarten mit den Anfängen von alten Sprichwörtern, die die Patienten vervollständigen können. An solche Dinge von früher können sich auch Demenzkranke oft noch gut erinnern. Das gibt ihnen dann ein gutes Gefühl und ein kleines Erfolgserlebnis.
Als Sitzwachen haben wir auch die Zeit, uns intensiv mit den Patienten zu beschäftigen. Man kann aus der Zeitung vorlesen, bei Telefonaten helfen oder auf dem Flur spazieren gehen. Oft sind die Reaktionen sehr positiv. Aber jeder ist anders, man muss sich immer wieder neu auf die Patienten einstellen und darf es nicht persönlich nehmen, wenn jemand ablehnend reagiert. Manche erzählen vom Krieg, ihrer Ausbildung oder wichtigen Lebensereignissen, das finde ich immer wieder faszinierend. Und man merkt, wie wichtig Empathie und Einfühlungsvermögen sind. Ich bin sicher, das werde ich auch später in meinem Beruf gut gebrauchen können.
Text: Martina Häring, Foto: Daniel Peter
Unterstützende Betreuung durch Hilfskräfte
Medizinstudenten mit Pflegepraktikum sowie Psychologiestudenten, die ein FSJ (Freiwilliges Soziales Jahr) im Krankenhaus absolviert haben, können von Stationen stundenweise als Betreuungsassistenten angefordert werden. Sie unterstützen bei pflegerischen Tätigkeiten und kümmern sich um ältere Patienten mit kognitiven Defiziten, die oft gerade in den Abendstunden eine intensive Betreuung brauchen. Die Teilnahme an einer einstündigen Demenzschulung ist für alle Hilfskräfte verpflichtend. In einer zusätzlichen eintägigen Schulung können die Themen herausforderndes Verhalten, Kommunikation und Arbeiten mit Menschen mit Demenz vertieft werden.