Nicht die Frauen, sondern das System müsste sich ändern

Wir möchten an dieser Stelle herausragende Forscherinnen des Universitätsklinikums Würzburg vorstellen. Den Anfang machen wir mit Dr. rer. nat. Sabrina Prommersberger, die daran forscht, das eigene Immunsystem als Waffe gegen Krebszellen aufzurüsten.

Die 37-jährige Biologin arbeitet in der Arbeitsgruppe von Prof. Michael Hudecek an der Medizinischen Klinik und Poliklinik II des UKW, die neuartige personalisierte immunbasierte Krebstherapien entwickelt. „Wir statten die T-Zellen von Krebspatienten mit einem künstlichen Biosensor aus, der ihnen hilft, die Krebszellen zu erkennen und zu eliminieren. T-Zellen sind weiße Blutkörperchen, die der Immunabwehr dienen. Der Biosensor ist ein chimärer Antigenrezeptor, bekannt unter der Abkürzung CAR“, so Prommersberger. Große Hoffnung Immuntherapie Die CAR-T-Zelltherapie ist inzwischen eine der vielversprechendsten immuntherapeutischen Ansätze für die Behandlung von hämatologischen Krebserkrankungen wie Leukämien, die das blutbildende System betreffen. Klinikdirektor Professor Dr. Hermann Einsele gilt als Pionier in der zellulären Immuntherapie. Prommersberger: „Mithilfe meines kleinen Teams erforsche ich gerade, ob die Zugabe des Kinase-Inhibitors Dasatinib, ein Medikament, das in der Behandlung von Leukämien eingesetzt wird, die CAR-T-Zellen fitter macht und ihre Wirksamkeit erhöht.“ Das Projekt wird von der Deutschen Knochenmarkspenderdatei DKMS drei Jahre lang gefördert. Was sie motiviert Sabrina Prommersberger ist hoch motiviert: „Unsere Arbeitsgruppe ist klasse und die Thematik unserer Forschungsarbeit ist spannend, hoch aktuell und sehr praxisorientiert. Wenn am Schluss nur ein Patient von unserer Forschung profitiert, dann hat sich der ganze Aufwand gelohnt. Ich möchte unbedingt weiterhin hier arbeiten und habilitieren.“ Fast wäre die gebürtige Nürnbergerin als Direktorin im Zoo gelandet. Zumindest wenn es nach ihrem Kindheitswunsch gegangen wäre. Mit dem Biologiestudium in Erlangen ging es dann auch fast in diese Richtung, wenn nicht ein Immunologie-Professor die junge Studentin nachhaltig für sein Fach begeistert hätte: „Und so bin ich zur Immunonkologie gekommen. Meinen Zoo habe ich inzwischen zu Hause. Mein Partner und ich leben auf einem Bauernhof, unter anderem mit zwei Eseln und zwei Hunden.“

Dr. Sabrina Prommersberger untersucht am Uniklinikum Würzburg mit finanzieller Unterstützung des John Hansen Research Grant der DKMS (Deutsche Knochenmarkspenderdatei), wie sich mit dem Einsatz des Medikaments Dasatinib die CAR-T-Zelltherapie optimieren lässt.

Was sie geprägt hat Die Familie und eine werteorientierte Erziehung haben Prommersberger sehr geprägt: „Meine Eltern sind beide als Sozialpädagogen tätig gewesen, und in meiner Familie waren alle politisch und sozial engagiert. Mein Opa meinte immer, es sei wichtig, vielseitig interessiert und neugierig zu sein, Dinge zu hinterfragen und Sachen auf den Grund zu gehen.“ Was sie nun in der Forschung täglich umsetzt. Haben es Frauen schwerer in der Wissenschaft? Das Missverhältnis ist laut der jungen Wissenschaftlerin augenscheinlich: „Dreiviertel der Biologiestudierenden sind weiblich, unter den Doktoranden ist das Verhältnis schon nur noch 50:50, und Arbeitsgruppenleiter sind gefühlt alle männlich. Frauen sind jedoch auf keinen Fall schlechter in der Forschung, sie können sich häufig nur nicht so gut verkaufen oder unterschätzen sich.“ Auch wenn sie wissenschaftlich gut arbeiten, zweifelten sie häufig an sich selbst, verhielten sich oft defensiv und machten es sich dadurch schwerer. „Ich habe den Eindruck, dass Männer erziehungsbedingt selbstbewusster sind und außerdem weniger ein Problem mit Konkurrenzdruck haben. Sie können sich oft besser selbst präsentieren und ziehen somit mehr Gelder an Land, die wiederum wichtig für die Forschung sind.“ Außerdem erlebe sie Männer häufig als flexibler, sie zögen mehr ins Ausland während des Studiums oder später im Job, während viele Frauen gerne oder aus Pflichtbewusstsein in der Nähe ihrer Familien blieben. „Ich befürchte, dass Frauen oft durch ihr Sicherheitsbedürfnis oder Pflichtgefühl gehemmt sind und sie sich lieber für einen unbefristeten Arbeitsvertrag als für einen spannenden Beruf entscheiden“, bedauert die junge Forscherin. Was sich ändern müsste „Das ist nicht so einfach, denn nicht die Frauen, sondern das System müsste sich ändern.“ Nach Meinung von Prommersberger müsste es beispielsweise wesentlich mehr Festanstellungen in der Wissenschaft geben, um seine Zukunft verlässlich planen zu können. Außerdem plädiert sie für mehr gemeinschaftliches Arbeiten und offenen Austausch in der Forschung. „Last but not least: Ja, Frauen sollten weniger Selbstzweifel haben und sich selbstbewusster präsentieren. Andererseits bin ich der Meinung, dass die Forschungsergebnisse zählen und nicht das Verkaufstalent.“ Und da müssten Frauen sich nicht verstecken. www.ukw.de/forschung-lehre/women-in-science

Text: Anke Faust, Uniklinikum, Fotos: Daniel Peter

UNESCO fordert: Mehr Frauen in die Forschung

Laut UNESCO machen Frauen nur ein Drittel der Forschenden weltweit aus. Es sei an der Zeit zu erkennen, dass eine größere Vielfalt zu mehr Innovation führt, so die Forderung von UN-Generalsekretär António Guterres. Ohne mehr Frauen in wissenschaftlichen Bereichen werde die Welt weiterhin von und für Männer gestaltet, und das Potenzial von Mädchen und Frauen ungenutzt bleiben. www.sos-desmoid.de