Einfach nur höher? Wie eine Stimme weiblich klingt
Frauen in einem männlichen Körper – und umgekehrt: Das Geschlecht körperlich sichtbar anzupassen, dauert viele Jahre. Meist geht es erst zum Schluss um die Veränderung der Stimme. Was das für die Menschen bedeutet und wer ihnen hilft.
Dr. Fabian Kraus, HNO-Facharzt und Phoniater, Geschäftsführender Oberarzt IZSS (Interdisziplinäres Zentrum für Stimme und Schlucken)
Wer zu Dr. Fabian Kraus kommt, Geschäftsführender Oberarzt am Interdisziplinären Zentrum für Stimme und Schlucken, hat oft schon viele Stationen zur Geschlechtsanpassung durchlaufen. Denn so einfach ist das nicht. Ganz am Anfang stehen psychologische Gutachten, dann folgen unter anderem Hormonangleichungen, Operationen und die Namensänderung. Erst zum Schluss geht es um die Stimme – aber nur, wenn Männer Frauen werden. Denn im umgekehrten Fall wird die Stimme bereits durch die Hormontherapie tiefer. Stimme vermessen und begleiten Dr. Kraus und sein Team kümmern sich aus diesem Grund um Transfrauen. Das sind Frauen, denen bei Geburt aufgrund der Geschlechtsmerkmale die männliche Identität zugeschrieben wurde. Diese Frauen leiden an der tiefen Stimme. Nur die Operation der Stimme würde allerdings wenig ausrichten, denn eine weibliche Stimme ist nicht einfach nur höher. Auch Sprachmelodie und Wortschatz sind anders. „Männer bilden zum Beispiel kürzere, Frauen längere Sätze. Das wirkt alles mit“, gibt Dr. Kraus zu bedenken. „Außerdem kann man Stimmen vermessen. In einem mittleren Bereich finden sich Männer mit höheren und Frauen mit tieferen Stimmen – in diesem Messbereich begleiten wir die Patientinnen.“ Anders sprechen lernen Zunächst beginnt ein mindestens sechsmonatiges logopädisches Training. Bei dem geht es um die Veränderung von Wortschatz, Grammatik sowie besondere Stimmtechniken. Manche Transfrauen tun sich damit leicht und sind sehr bald zufrieden. Manche tun sich etwas schwerer, dann dauert das Training entsprechend länger. Von diesen finden es einige zu kräftezehrend, rund um die Uhr diese Techniken anzuwenden. Dann kann eine stimmerhöhende Operation unterstützen. Operation gut abwägen Für so einen Eingriff hat jede Klinik ihre eigene Methode. In Würzburg werden die Stimmbänder ein Stück weit zusammengenäht und so verkürzt. „Die Aufklärung vorher ist sehr wichtig, denn das Vernähen kann nicht mehr rückgängig gemacht werden“, betont Facharzt Kraus. „Die Stimmbänder verwachsen fest miteinander, beim Husten müssen sie ja stabil bleiben.“ Auch sei zu bedenken, dass es bei zukünftigen Operationen wegen des Beatmungsschlauchs zu Komplikationen kommen kann. Viel Aufklärungsarbeit ist also gefragt, viel gemeinsames Sprechen über das, was werden soll – und viel Training, um stimmlich und sprachlich die zu werden, als die man sich fühlt. www.ukw.de/izss
Text: Ulrike Streck-Plath, Foto: Daniel Peter
Das IZSS hat zu diesem Thema einen Podcast aufgelegt. In dieser Folge erzählt eine Transfrau von ihrem Lebensweg. www.ukw.de/presse/mediathek/