Blutfette im Blick behalten
Eine Fettstoffwechselstörung spürt man nicht – aber unbehandelt kann sie lebensverkürzend sein.
Eine Störung des Fettstoffwechsels ist tückisch: Wenn überhaupt, weisen darauf nur wenige Symptome hin und man spürt sie nicht. So kann sie unbemerkt voranschreiten und die Schlagadern schädigen mit Folgen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall, erklärt die Internistin und Endokrinologin, Dr. Ann-Cathrin Koschker im Interview. Wie funktioniert der Fettstoffwechsel? Nahrungsfette werden im Dünndarm ins Blut aufgenommen und in die Leber transportiert. Cholesterin wird zudem in der Leber in größeren Mengen hergestellt. Fette werden z. T. in der Leber gespeichert, an Eiweiße gebunden und wieder über das Blut an die Organe „geschickt“. Eiweiße dienen nicht nur dem Transport von Fett in der „Flüssigkeit Blut“, sie signalisieren dem Körper, wohin das Fett transportiert werden muss. Wir brauchen Fette als Energieträger und Bausubstanz, beispielsweise als Baustoff für bestimmte Hormone oder die Zellmembran. Wann spricht man von einer Fettstoffwechselstörung? Bei einer Störung des Fettstoffwechsels geht es meist um erhöhte Werte: besonders gravierend ist das LDL-Cholesterin, in geringerem Maße auch das „Lipoprotein (a)“, kurz: Lp(a). Durch Ablagerungen in den Arterienwänden kommt es zu Entzündungsreaktionen, dann zu einer Arterienverkalkung (Arteriosklerose). Sind zu viele Triglyzeride im Blut, lagert sich Fett u. a. in der Leber ein („Fettleber“), was eine Entzündung und gar eine Zirrhose zur Folge haben kann, auch völlig unabhängig von Alkoholkonsum. Außerdem können sie eine Bauchspeicheldrüsenentzündung verursachen und vergrößern das Risiko für Gefäßverkalkungen.
Dr. Ann-Cathrin Koschker: Die sogenannte „mediterrane Kost“ kann bei Störungen des Fettstoffwechsels helfen.
Wie zeigt sich eine Störung des Fettstoffwechsels? Den einzigen von außen sichtbaren Hinweis geben manchmal gelbliche Einlagerungen in bestimmten Hautregionen, vor allem an den Augenlidern. Ansonsten liefern Laboruntersuchungen entsprechende Hinweise: hohe Triglyzerid- und/oder Cholesterinwerte, die bei einer Blutuntersuchung entdeckt werden. Dann wird – je nach Ausprägung – evtl. nach einer Ursache gesucht: Extrem viel Eiweiß im Urin oder eine Schilddrüsenunterfunktion können v. a. das Cholesterin erhöhen, ein hoher Blutzucker beispielsweise die Triglyzeride. Wer ist besonders gefährdet? Wenn Eltern oder Geschwister eine Fettstoffwechselstörung oder sehr früh einen Herzinfarkt oder Schlaganfall hatten, kann das ein Hinweis auf eine erbliche Fettstoffwechselstörung sein. Zum anderen führt ein bestimmter Lebensstil zu höheren Blutfettwerten: Übergewicht, unzureichend eingestellter Diabetes, ungesunde Ernährung, zu hoher Alkoholkonsum. Hier muss jedoch zwischen den verschiedenen Blutfetten unterschieden werden: LDL-Cholesterin ist stark durch unsere Gene bedingt, Lp(a) sogar fast ausschließlich. Triglyzeride hängen viel mehr vom Lebensstil ab.
Wie kann man sich vor einer Störung des Fettstoffwechsels schützen? Vor den stark genetisch bedingten Fettstoffwechselstörungen (LDL, Lp(a)) kann man sich zwar nicht durch Lebensstilveränderungen schützen, dennoch gibt es eine klare Empfehlung für einen gesunden Lebensstil mit reichlich Bewegung (v. a. Ausdauersportarten), Umstellung der Ernährung und Nichtrauchen. So kann man sonstige Risikofaktoren geringhalten. Bei den Triglyzeriden kann man viel über Ernährung erreichen: Mediterrane Kost lautet das Stichwort, also Gemüse, Oliven-, Lein- und Rapsöl verwenden, Weißmehlprodukte zugunsten von Vollkornprodukten einschränken, wenig Zucker, moderat Obst essen, Wurst und Fleisch reduzieren, Nüsse und Seefisch auf den Speisenplan setzen. Wie können die Blutfettwerte gesenkt werden? An erster Stelle steht bei den Triglyzeriden die bereits beschriebene Änderung des Lebensstils. Bei der Senkung des LDL-Wertes kann der Verzicht auf tierische Fette etwas bewirken. Zusätzlich stehen mittlerweile eine ganze Reihe wirksame Medikamente zur Verfügung. Bei Unverträglichkeit gibt es für die meisten Patienten Alternativen. Da das LDL-Cholesterin oft nicht allein durch Lebensstilmaßnahmen in den Griff zu bekommen ist, ist eine medikamentöse Behandlung ein wichtiger Therapiebaustein.
Text: Dr. Bernhard Rauh, Fotos: Getty Images, Daniel Peter, Infografik: MainKonzept
Blutfettwerte im Überblick:
LDL-Cholesterin (Low Density Lipoprotein) transportiert lebenswichtiges Cholesterin von der Leber in die Körperzellen, wo es als Bestandteil von Zellmembranen und Grundgerüst für z. B. bestimmte Hormone (Steroide) dient. Erhöhtes LDL-Cholesterin ist ein starker Risikofaktor für die Gefäße. Lp(a) ist in seiner Struktur dem LDL-Cholesterin ähnlich. Seine Aufgaben sind noch Gegenstand der Forschung. Auch Lp(a) trägt in erhöhter Konzentration zu einer Gefäßverkalkung bei. HDL-Cholesterin (High Density Lipoprotein) nimmt „überschüssiges“, auch an den Blutgefäßwänden abgelagertes, Cholesterin auf und transportiert es zurück in die Leber. Hierdurch hat HDL eine gefäßschützende Wirkung. Triglyzeride (Neutralfette) versorgen den Körper – z. B. Zellmembranen, Gehirn, Netzhaut – mit Fettsäuren und sind wichtige Energieträger. Sie dienen als Energiespeicher im Fettgewebe.
Grenzwerte setzt der Arzt individuell fest und orientiert sich an den persönlichen Risikofaktoren des Patienten, wobei ihm wissenschaftsbasierte Leitlinien als Richtschnur dienen.