Oberarzt Dr. Fabian Kraus bei einer endoskopischen Untersuchung im Interdisziplinären Zentrum für Stimme und Schlucken (IZSS) des Uniklinikums Würzburg.
Wenn Stimme oder Schlucken gestört sind
Sowohl Stimm- als auch Schluckstörungen sind häufig und folgenschwer. Ein neues Zentrum bündelt die Kompetenzen des UKW über Fachgrenzen hinweg.
Wenn Stimme oder Schlucken gestört sind
Sowohl Stimm- als auch Schluckstörungen sind häufig und folgenschwer. Ein neues Zentrum bündelt die Kompetenzen des UKW über Fachgrenzen hinweg.
Oberarzt Dr. Fabian Kraus bei einer endoskopischen Untersuchung im Interdisziplinären Zentrum für Stimme und Schlucken (IZSS)des Uniklinikums Würzburg.
Der Kehlkopf ist ein kleines Organ, dem wir normalerweise kaum Beachtung schenken. Was er alles leistet, merken wir erst, wenn Probleme in Form von Stimm- oder Schluckstörungen auftreten. Und die sind nicht nur weit verbreitet, sondern haben auch schwerwiegende Folgen. An der HNO-Klinik widmet sich diesem Gebiet deshalb nun ein eigenes Zentrum: das Interdisziplinäre Zentrum für Stimme und Schlucken (IZSS).
Wenn bei einer Erkältung die Stimme schlapp macht, ist das meist nach ein paar Tagen wieder vorbei. Hält die Heiserkeit über einen längeren Zeitraum an – zum Beispiel wegen Fehl- oder Überbeanspruchung, Erkrankungen, Verletzungen oder Operationen – ist das ein gravierender Einschnitt. „Mindestens ein Fünftel der Über-65-Jährigen leidet unter einer Stimmstörung, die sich in vielerlei Hinsicht auf das Leben der Betroffenen auswirkt“, sagt der geschäftsführende Oberarzt des Zentrums Dr. Fabian Kraus. Ähnlich häufig sind Stimmprobleme bei den 13 Millionen Deutschen, die in Sprechberufen arbeiten – was Arbeitsausfälle und hohe Kosten nach sich zieht. Und auch Schluckstörungen, die 16 bis 22 Prozent der Deutschen über 55 Jahre betreffen, können nicht nur die Lebensqualität erheblich einschränken, sondern auch schwere gesundheitliche Folgen nach sich ziehen. Langjährige Expertise wird gebündelt Die HNO-Klinik mit den Bereichen Phoniatrie, Pädaudiologie und Phonochirurgie beschäftigt sich schon seit vielen Jahren schwerpunktmäßig mit der Diagnostik, Therapie und Erforschung von Stimm- und Schluckstörungen. „Je nach Ursache der Störung gibt es aber auch viele Berührungspunkte zu anderen Disziplinen, etwa der Neurologie, Inneren Medizin, Chirurgie, Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie oder Kinderheilkunde“, sagt Klinikdirektor Prof. Dr. Dr. h.c. Rudolf Hagen. Das IZSS soll nun die bestehenden Kooperationen zwischen den jeweiligen Experten sys-tematisieren und ihr Fachwissen im Sinne einer noch besseren Patientenversorgung bündeln.
Das Team des Zentrums selbst setzt sich multiprofessionell zusammen: aus Logopäden, Psychologen und Ärzten mit dem Spezialgebiet Phoniatrie, also Sprache, Stimme und Schlucken. Die Untersuchungsräume wurden im ersten Stock der Kopfklinik neu eingerichtet. „Hier stehen uns zur Diagnostik hochmoderne Geräte zur Verfügung. Beispielsweise können wir mit einem speziellen, durch die Nase einzuführenden Endoskop – kombiniert mit durch Lebensmittelfarbe eingefärbten Speisen – sehen, was beim Schluckvorgang schiefläuft“, so Kraus. Und auch für die Stimmanalyse sind modernste Messgeräte vorhanden.
Bei einem phoniatrischen Beratungsgespräch im Interdisziplinären Zentrum für Stimme und Schlucken des Uniklinikums Würzburg werden Endoskopie-Bilder erläutert.
Ursachen können vielfältig sein Der Kehlkopf generiert den Grundton beim Sprechen und Singen, koordiniert Stimme und Atmung und verschließt beim Schlucken die Atemwege. Somit ist er ein Dreh- und Angelpunkt bei Stimm- und Schluckstörungen. Stimmlippen-Polypen, -Zysten und -Lähmungen sowie Tumoren zählen zu den möglichen Ursachen von Stimmstörungen. Häufig steckt aber auch eine falsche Stimmtechnik dahinter. Besonders folgenschwer ist das für alle, die ihre Stimme von Berufs wegen viel gebrauchen: Neben Sängern und Schauspielern zählen dazu Berufssprecher wie Lehrer, Dozenten oder auch Erzieher. „Für sie bieten wir eine Spezialsprechstunde an, bei der es vielfach um Prävention geht“, sagt Prof. Dr. Wafaa Shehata-Dieler. Viele Berufssprecher hätten schon am Anfang ihrer Karriere erste Probleme mit ihrer Stimme, so die leitende Ärztin für die Bereiche Audiologie, Pädaudiologie, Elektrophysiologie und Phoniatrie. „Hier können wir beraten und zum Beispiel durch Schulung bestimmter Stimmtechniken im Rahmen einer logopädischen Therapie massiveren Störungen vorbeugen.“
Bei Schluckstörungen kann das Problem im Kehlkopf, aber auch im Bereich von Speiseröhre und Magen liegen. Hier ist dann die Expertise der Chirurgie oder der Inneren Medizin gefragt. Oft haben Schluckprobleme auch neurologische Ursachen wie Demenz, Parkinson oder Schlaganfall. „Mit dem Zentrum haben wir jetzt feste Ansprechpartner, die wir zu Rate ziehen oder an die wir weitervermitteln können“, erläutert Kraus. Forschung und Fortbildung Auch in der Forschung ist das IZSS aktiv: Bei den Projekten geht es z. B. um die Weiterentwicklung der Endoskopie, der bildgebenden Diagnostik, der Stimmprävention bei Sprechberufen oder um Kehlkopfschrittmacher. Um das aktuelle Wissen auch unter niedergelassenen Ärzten, Therapeuten und Pflegenden zu verbreiten, bietet das Zentrum außerdem die Fortbildungsreihe „im Focus“ an. Wer kann sich an das Zentrum wenden? „In der Regel werden uns Patienten mit komplexeren Problemen vom Facharzt zugewiesen, oder wir werden von anderen UKW-Einrichtungen um Mitbehandlung gebeten“, erklärt Kraus. Bei bestimmten Fragestellungen (Berufssprecher, Sänger, Transgender-Stimm-erhöhung) können sich Patienten aber auch direkt ans IZSS wenden:
Telefon: 0931 201-21888, E-Mail: izss@ukw.de
Text: Martina Häring, Fotos: Daniel Peter, Uniklinik