NACHRUF
Prof. Dr. Werner Bohndorf gestorben
Am 9. März dieses Jahres verstarb Prof. Dr. Werner Bohndorf nach kurzer Krankheit im Alter von 94 Jahren. Der ehemalige Direktor der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie des Uniklinikums Würzburg gilt als einer der Vordenker seines Fachgebiets.
Prof. Dr. Werner Bohndorf leitete von 1977 bis 1994 die Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie des UKW.
„Prof. Werner Bohndorfs großes Verdienst als Arzt und Wissenschaftler beruht vor allem in den Forschungen zur individualisierten Strahlentherapie sowie in deren Einführung in die klinische Routine. Viele seiner Visionen sind heute unverzichtbare Grundlagen einer hochwirksamen und verträglichen Strahlenbehandlung“, unterstreicht Prof. Dr. Michael Flentje, der damit seinem Vorgänger als Direktor der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie des UKW würdigt. Der Tod von Prof. Dr. Bohndorf Anfang März dieses Jahres ist Anlass für einen Rückblick auf dessen Karriere und Leistungen.
Werner Bohndorf wurde am 24. April 1926 in Böblingen am See nahe Eisleben geboren. 1946 begann er mit dem Medizinstudium an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und legte 1952 das Staatsexamen ab. Ab 1955 absolvierte Bohndorf die Facharztausbildung zum Radiologen an der Geschwulstklinik der Akademie der Wissenschaften in Berlin-Buch. Seit 1961 am Uniklinikum Würzburg Nach der Flucht aus der DDR Anfang 1960 arbeitete er zunächst als Oberarzt im Städtischen Krankenhaus in Hanau. Um wieder wissenschaftlich tätig sein zu können, wechselte er im Jahr 1961 an die von Prof. Dr. Horst Ludwig Wullstein geleitete Universitäts-HNO-Klinik in Würzburg. Dort unterstanden ihm die Betreuung der Cobalt-60-Gammabestrahlungsanlage und die Röntgendiagnostik der Hautklinik. Wissenschaftlich beschäftigte sich Bohndorf mit strahlenbiologischen Problemen und apparativen Verbesserungen für die Bestrahlungsplanung. Dies führte im Jahr 1965 zur Habilitation. 1970 übernahm er die neu gegründete Hartstrahlenabteilung der HNO, die in die damals neue Kopfklinik umzog.
Nach seiner Auffassung sollte jeder Strahlentherapeut auch diagnostisch gut ausgebildet sein. Deshalb gehörten zur Hartstrahlenabteilung auch die entsprechenden Geräte für die Röntgendiagnostik. Die Ernennung zum Professor erfolgte 1971, und im Jahr 1974 übernahm er die Leitung der nun selbstständig gewordenen „Abteilung für Therapeutische Radiologie“. Erster Direktor der Klinik für Strahlentherapie 1977 erhielt er den Ruf auf den neuen Lehrstuhl für Strahlentherapie, dem ersten der radiologischen Fächer an der Uni Würzburg. Gleichzeitig wurde die von ihm geführte Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie gegründet. Obwohl das dazugehörige Klinikgebäude erst 1987 eingeweiht werden konnte, wurden unter der Leitung von Prof. Bohndorf schon ab 1977 viele Projekte realisiert. Dazu zählt die Entwicklung einer Datenbank, die alle an der Klinik behandelten Patienten einschließlich der Nachsorge enthielt und dadurch umfangreiche statistische Untersuchungen ermöglichte. Die Installation eines 3D-Programms zur Berechnung von Dosisverteilungen am Uni-Rechenzentrum bildete die Voraussetzung für eine individuelle Bestrahlungsplanung und die Entwicklung neuer Bestrahlungstechniken, vor allem der Bewegungsbestrahlung. Bohndorf erkannte frühzeitig die große Bedeutung der Computertomografie (CT), um individuelle Körperquerschnitte für die Bestrahlungsplanung einzusetzen. Bereits zu Beginn der 1980er Jahre schaffte die Uni Würzburg ein CT-Gerät an, dass zur Hälfte der Strahlentherapie zur Verfügung stand.
Mit Werner Bohndorfs ständiger Unterstützung wurden durch die Entwicklung der Computersteuerung eines Beschleunigers dynamische Bestrahlungstechniken am UKW möglich, die kommerziell erst zehn Jahre später verfügbar wurden.
Bohndorf, der in der Öffentlichkeit zurückhaltend und bescheiden auftrat, verfasste über 120 Publikationen. Im Jahr 1994 wurde er emeritiert.
Bild: privat