Frauen, traut euch ... es zu!

Herausragende Forscherinnen des UKW: Heute stellen wir die Kardiologin Dr. Anna Frey vor. Die Privatdozentin erforscht neben ihrer Arbeit als Oberärztin in der Klinik unter anderem das Zusammenspiel von Herz und Hirn.

Nur ein Drittel der Forschenden welt­weit sind Frauen. Die Gründe, so Dr. Anna Frey, sind bekannt: „Frauen wer­den u. a. aus Sorge vor Schwan­ger­schaf­ten und längerer Ausfallzeiten weniger gefördert. Berufstätigte Eltern brauchen ent­sprechende Kinder­betreu­ungs­möglichkeiten. Und Eltern müssen sich absprechen, wer, was, wann in der Familienorganisation übernimmt.“ Aber der entscheidende Grund läge bei den Frauen selbst: „Es wäre cool, wenn sich mehr Frauen Karriere und Kind trauen würden, dann bräuchte es auch keine Quote. Dadurch, dass wir Frauen mehr hin­ter­fragen und reflektieren, riskieren wir manchmal zu wenig und manövrieren uns oft selbst in die zweite Reihe“, sagt die Herzspezialistin und stell­vertre­ten­de Leiterin der internistischen Inten­siv- und Notfallmedizin.

Sein Tun zu reflektieren, sei aber per se nicht schlecht: „Ich habe den Ein­druck, Frauen tun sich dadurch leich­ter, Fehler aufzuarbeiten, ein­ge­schla­gene Wege zu ändern, beharren we­niger auf ihr Recht und arbeiten trotz Hierarchiestufen mehr auf Augen­hö­he.“ Und das alles, um gemeinsame Ziele zu erreichen. Auch wenn das mal ein Paper, also eine wissenschaftliche Veröffentlichung, und damit eventuell einen Karriereschritt, kosten kann. „Konkurrenz ist gut, aber nicht um jeden Preis. Wichtig ist, die Stärken gegenseitig anzuerkennen und zu nutzen“, bekräftigt die 40-Jährige. Weibliches Potenzial wertschätzen Stichwort Quote – ja oder nein? „Ich möchte nicht als Quotenfrau gesehen werden. Und ich möchte nicht auf­grund meines Geschlechts bevorzugt werden. Aber bei gleicher Leistung, haben Frauen Gleiches verdient.“

Von wegen gleiche Leistung: Unterm Strich erreichen Mädchen bessere Abiturnoten, und es studieren mehr Frauen als Männer Medizin. Aber in klinischen Führungspositionen landen weitaus mehr Männer als Frauen. Woran liegt’s? „Es findet zu wenig Frauenförderung statt. Dabei braucht man als Arbeitgeber mit dem Eltern­werden doch nicht hadern“, wundert sich die Ärztin und schmunzelt: „Ärzte werden ja auch Väter, nur bekommt man es manchmal gar nicht mit, weil sie nicht immer darüber reden. Und sehen tut man es ja nicht.“ Ihre beiden Kinder seien immer „dabei“: „Ich er­zäh­le von ihnen. Wenn man authen­tisch ist, dann wird es auch ganz selbst­verständlich, dass man mal für einen Termin mit den Kindern weg muss.“

Insgesamt werde, so Dr. Anna Frey, das weibliche Potenzial im Alltag und in der Forschung zu wenig erkannt bzw. anerkannt: „Auch wenn Frau und Mann den gleichen Job gleich gut ma­chen, erledigt die Frau daheim immer noch mehr Mental Load, also Organi­sation von Alltagsaufgaben und Lo­gis­tik usw.. Frauen sind sehr lei­stungs­fähig. Das wird noch viel zu wenig wert­geschätzt.“

„Traut euch mehr zu, traut euch, die Hand zu heben, und traut euch, Jobs zu übernehmen.“

Priorisieren und Fokus ändern Anna Frey ist bis zu ihrem 14. Lebens­jahr in der Ukraine aufgewachsen. Mutter und Großmutter waren beide Ärztinnen: „Berufstätige Mütter waren in unserem Kulturkreis ganz selbst­verständlich. Meine Mutter hat wegen mir nur Nachtdienste über­nommen. Alleine habe ich mich nie gefühlt, es war immer ein Familienmitglied für mich da.“

Die Datenlage ist eindeutig: Noch immer sind es überwiegend Frauen, die die meisten der unbezahlten Für­sorgearbeiten wie Einkaufen, Ko­chen, Putzen, Kümmern über­nehmen. Im Hause Frey gibt es keine Rollen­ver­teil­ung qua Geschlecht: „Wir diskutieren nicht, wer jetzt die Wäsche macht oder die Spülmaschine ausräumt. Das macht der, der sich gerade die Zeit nehmen kann.“ Dass es als voll be­rufs­tätige Eltern manchmal schwierig ist, Kindern und Beruf ge­recht zu werden, mag die Wissen­schaftlerin gar nicht verhehlen: „In der Hauptsache muss der Beruf Spaß machen. Es ist normal, dass es auch Tiefs gibt und es mal stressig wird.“ Dann hilft es zu prio­ri­sieren und den Fokus zu ändern. Der schönste Job der Welt Ihr Tipp als Role Model an jüngere Interessentinnen für das Medizin­stu­dium: „Es ist für mich der schönste Job der Welt.“ Man dürfe ihn aber nicht wegen der guten Abinote wählen. Man müsse dafür brennen und es von ganzem Herzen wollen. „Traut euch mehr zu, traut euch, die Hand zu he­ben, und traut euch, Jobs zu über­ne­hmen.“ Realistische Ziele ja, unter Wert verkaufen nein.

Ihr Tipp ans 20-jährige Ich? Anna Frey lacht: „Ich bereue nichts. So wie es gelaufen ist, bin ich zufrieden.“ Sie überlegt kurz: „Vielleicht hätte ich mir manches nicht ganz so zu Herzen nehmen sollen. Das erspart einiges.“ Das fände sie so cool bei Männern: „Die denken öfter ‚keep cool, das wird schon‘.“ Und tatsächlich ergäbe sich dann auch mal was anderes, was genauso gut passt oder es erledige sich sogar von selbst.“

Heißt zusammengefasst: Alle Stärken bündeln – egal ob als Familie zu Hause oder als Team am Arbeitsplatz. www.ukw.de/medizinische-klinik-i/intensiv-und-notfallmedizin

Text: Anke Faust, Fotos: Daniel Peter, Uniklinikum/Angie Wolf

Forscherinnengeist: Ich möchte die Medizin voranbringen

Dr. Anna Frey ist direkt nach dem Staatsexamen Januar 2008 ans UKW gekommen, „wo ich Behandlung, Forschung und Lehre wunderbar vereinen konnte und kann“.

Inzwischen ist sie Oberärztin in der Kardiologie und stellvertretende Leiterin der internistischen Intensiv- und Notfallmedizin. Nebenbei er­forscht sie die Wechselbeziehung von Herz und Hirn sowie Ent­zündungs­vorgänge am Herzen nach dem Infarkt.

In Würzburg angekommen, bekam sie im neu eröffneten Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz (DZHI) die Ver­antwortung für mehrere Projekte übertragen. Herausragend war hier die Studie Cognition.Matters-HF: „Wir wissen jetzt zum Beispiel, dass viele Patientinnen und Patienten mit Herz­insuffizienz die umfassenden Thera­pie­empfehlungen nicht einhalten können – nicht, weil sie es nicht wollen oder nachlässig sind, sondern weil sie es nicht können. Denn ein schwaches Herz beeinflusst auch die Hirn­funk­tion. Umso wichtiger ist die eng­ma­schi­ge und die interprofessionelle Betreuung dieser Patientinnen und Patienten.“ Noch mehr über Dr. Anna Frey gibt es hier: www.ukw.de/forschung-lehre/women-in-science/anna-frey