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Anhaltender Rückenwind für die Schmerzforschung

DFG VERLÄNGERT FÖRDERUNG DER KLINISCHEN FORSCHUNGSGRUPPE RESOLVEPAIN (KFO 5001) AM UNIKLINIKUM WÜRZBURG (UKW)

Bereits seit vier Jahren erforscht die Klinische Forschungsgruppe (KFO 5001) ResolvePAIN die peripheren Mechanismen des Schmerzes und seiner Rückbildung - zur vollsten Zufriedenheit der Gutachterinnen und Gutachter. Nun unterstützt die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) die Forscherinnen und Forscher in einer zweiten Förderperiode mit insgesamt über 8 Millionen Euro für weitere vier Jahre. Die interdisziplinäre Arbeitsgruppe am Universitätsklinikum Würzburg (UKW), die mit der Universität Leipzig, der Charité Universitätsmedizin Berlin und dem Mercator Fellow in Rochester New York kooperiert, wird von Professorin Dr. Heike Lydia Rittner geleitet, Sprecherin ist Professorin Dr. Claudia Sommer.

Das Bild zeigt Claudia Sommer und Heike Rittner freudestrahlend nach der Begutachtung, mit Blumen und Sektglas in den Händen.
Die Sprecherin von ResolvePAIN, Professorin Dr. Claudia Sommer (links) und die wissenschaftliche Leiterin der Forschungsgruppe, Professorin Dr. Heike Lydia Rittner freuen sich über die Finanzierung der zweiten Förderperiode durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG). © Prof. Alexander Brack / UKW

Würzburg. Eine so enge Verknüpfung von klinischer und Grundlagenforschung in der Schmerzmedizin mit einer innovativen Fragestellung gebe es nirgendwo sonst in Europa, war eine der zahlreichen Rückmeldungen der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) berufenen Gutachter, nachdem sie sich zum Ende der ersten Förderperiode ein Bild von der Klinischen Forschungsgruppe (KFO 5001) ResolvePAIN gemacht hatten. Schmerzen auflösen, der Name ist Programm. Konkret will die Forschungsgruppe verstehen, wie Schmerzen nach einer Nervenschädigung wieder abklingen. „Solche Nervenschäden können verschiedene Ursachen haben, zum Beispiel eine Chemotherapie, die Operation eines Narbenbruchs, ein komplexes regionales Schmerzsyndrom oder Erkrankungen des Immunsystems, die die Nerven angreifen. Wir untersuchen sowohl die zugrundeliegenden biologischen Prozesse, die zur Schmerzlinderung beitragen, als auch Faktoren, die vorhersagen können, ob und wie schnell sich der Schmerz zurückbildet“, sagt Professorin Dr. Heike Rittner, Inhaberin des Lehrstuhls für Schmerzmedizin am Universitätsklinikum Würzburg und wissenschaftliche Leiterin der Forschungsgruppe. Sprecherin von ResolvePAIN ist die leitende Oberärztin der Neurologie, Professorin Dr. Claudia Sommer.

Interdisziplinäres Team aus Würzburg, Leipzig, Berlin und New York

21 Forscherinnen und Forscher aus Wissenschaft und Klinik widmen sich bei ResolvePAIN in neun Arbeitsgruppen und einem zentralen Serviceprojekt interdisziplinär und mit differenzierten Fragestellungen den Mechanismen des Schmerzes und seiner Rückbildung. Aus Würzburg sind der Lehrstuhl Schmerzmedizin sowie die Kliniken beziehungsweise Institute für Anästhesiologie, Neurologie, Chirurgie, Innere Medizin, Neuroradiologie, Psychiatrie und Klinische Neurobiologie beteiligt.
Als Kooperationspartner konnten das Institut für Biologie, Tier- und Verhaltensphysiologie der Universität Leipzig, das Institut für Klinische Physiologie - Ernährungsmedizin der Charité - Universitätsmedizin Berlin sowie das Department of Psychiatry des University of Rochester Medical Center in New York gewonnen werden. Als so genannter Mercator Fellow unterstützt Prof. Paul Geha aus den USA für zwei Monate im Jahr die Forschungsgruppe bei der Suche nach im funktionellen MRT sichtbaren Korrelaten chronischer Schmerzen und deren Rückbildung im Gehirn.

Brücken zwischen Grundlagenforschung und klinischer Forschung 

Derzeit laufen verschiedene klinische Studien zu Nervenschädigungen durch Chemotherapien, Narbenhernienoperationen, dem komplexen regionalen Schmerzsyndrom oder Autoimmunneuropathien. Ergänzend wird intensive Grundlagenforschung betrieben: Sie reicht von Untersuchungen an der Fruchtfliege zu Mechanismen im Rückenmark über Zell- und Gewebemodelle wie Neuronen aus IPS-Zellen, 3D-Modelle der Spinalganglien und Barrieremodelle bis hin zu präklinischen Studien zur Nervenschädigung, zum Beispiel bei Barrieren oder der Bortezomib-induzierten Polyneuropathie. Weitere Schwerpunkte sind neuroimmune Mechanismen sowie zentrale Prozesse und die Interaktion zwischen peripherem und zentralem Nervensystem, die mit Methoden wie fMRI, sozialen Interventionen, 7-Tesla-MRT und Mikroneurographie untersucht werden. 

Ärztinnen und Ärzte, die sich neben ihrer klinischen Tätigkeit auch wissenschaftlich engagieren wollen, erhalten in den Clinician and Advanced Clinician Scientist Programmen Freiräume für ihre Forschung. „Durch die Ausbildung forschungsorientierter Ärztinnen und Ärzte können wir langfristig Brücken zwischen Grundlagenforschung und klinischer Anwendung schlagen”, sagt Heike Rittner. Sie ist stolz auf ihre engagierten und gemischten Teams. Bis auf eine Ausnahme ist bei jedem Projekt auch eine Frau in der Projektleitung. 

8 Millionen Euro für weitere 4 Jahre 

Die bisherigen Strukturen, Projekte und Ergebnisse haben die Jury überzeugt. Die DFG unterstützt die Forscherinnen und Forscher in einer zweiten Förderperiode mit über acht Millionen Euro für weitere vier Jahre. 
„Das ist eine einmalige Chance, in dem großen Team der Kliniker:innen und Wissenschaftler:innen die Schmerzforschung sowohl mechanistisch als auch diagnostisch voranzubringen, so dass am Ende den Patientinnen und Patienten mit diesen Erkrankungen passgenau besser geholfen werden kann. Das wird die Universitätsmedizin Würzburg und das Zentrum für interdisziplinäre Schmerzforschung national und international weit sichtbar machen“, freut sich Claudia Sommer. 

Forschungsgruppen der DFG

Mit der Förderung von Forschungsgruppen ermöglicht die DFG Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, sich aktuellen und drängenden Fragen ihres Faches zu widmen und innovative Arbeitsrichtungen zu etablieren. Sie werden bis zu acht Jahre gefördert. Von den derzeit über 200 geförderten Forschungsgruppen sind zwölf Klinische Forschungsgruppen (KFO), die sich durch eine enge Verzahnung von wissenschaftlicher und klinischer Arbeit auszeichnen. Im Dezember hat der Hauptausschuss der DFG beschlossen, acht neue Forschungsgruppen einzurichten und die Förderung von zwei weiteren Forschungsgruppen sowie einer KFO zu verlängern (Pressemeldung der DFG).

Link zur Klinischen Forschungsgruppe (KFO5001).
Zu den Porträts von Heike Rittner und Claudia Sommer in der Serie #WomenInScience.

Text: Kirstin Linkamp / UKW
 

Das Bild zeigt Claudia Sommer und Heike Rittner freudestrahlend nach der Begutachtung, mit Blumen und Sektglas in den Händen.
Die Sprecherin von ResolvePAIN, Professorin Dr. Claudia Sommer (links) und die wissenschaftliche Leiterin der Forschungsgruppe, Professorin Dr. Heike Lydia Rittner freuen sich über die Finanzierung der zweiten Förderperiode durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG). © Prof. Alexander Brack / UKW

DFG vergibt Fördermittel für neues Graduiertenkolleg: NeuroTune

Prof. Dr. Robert Kittel, einer der Projektleiter der Klinischen Forschungsgruppe ResolvePAIN, hat zusammen mit Kollegen der Universität Leipzig den Zuschlag für ein neues Graduiertenkolleg erhalten: NeuroTune. Die Fördermittel kommen von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).

Die Initiative untersucht die Mechanismen, die der Informationsverarbeitung im Nervensystem zugrunde liegen. Sie wendet dabei innovative Forschungsstrategien an und fördert die interdisziplinäre Zusammenarbeit. Das Projekt ist ein Meilenstein für die Forschungsgemeinschaft und verspricht, unser Verständnis komplexer neuronaler Funktionen zu verbessern.

Welche Mechanismen liegen der neuronalen Kommunikation zugrunde?

Das Graduiertenkolleg unter der Leitung von Prof. Kittel konzentriert sich auf das Verständnis der Informationsverarbeitung im Nervensystem durch die Kommunikation zwischen Neuronen und ihren Partnerzellen. Ein spezielles Hauptmerkmal kennzeichnet diese Kommunikation: Anpassungsfähigkeit. Sie ermöglicht die Regulation der Signalübertragung als Reaktion auf veränderte physiologische Anforderungen. 

Das Graduiertenkolleg „Molekulare Abstimmung neuronaler Kommunikation - NeuroTune“ untersucht allgemeine strukturelle und funktionelle Prinzipien sowie molekulare Anpassungen, die spezifisch für bestimmte Zelltypen oder Signalwege sind. Ziel ist es, die komplexen Mechanismen aufzudecken, die der neuronalen Kommunikation zugrunde liegen, und neue Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie das Nervensystem auf verschiedene interne und externe Stimuli reagiert und sich anpasst.

Prof. Kittels Rolle als Sprecher des Graduiertenkollegs NeuroTune ist ein wichtiger Meilenstein sowohl für unser Konsortium als auch für die Neurowissenschaften und die Schmerzforschung im Allgemeinen. Die Expertise des NeuroTune-Teams wird die nächste Generation von Doktoranden anleiten und ein Umfeld der Zusammenarbeit und interdisziplinären Ausbildung fördern.

Über die DFG-Förderung für neue Graduiertenkollegs

Am 18. November 2024 hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) die Einrichtung von zwölf neuen Graduiertenkollegs zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses bekannt gegeben. Diese Graduiertenkollegs, darunter auch NeuroTune, werden ab Oktober 2025 für fünf Jahre mit insgesamt rund 82 Millionen Euro gefördert. Graduiertenkollegs bieten Doktorandinnen und Doktoranden die Möglichkeit, ihre Promotion im Rahmen eines strukturierten Forschungs- und Qualifizierungsprogramms auf höchstem fachlichen Niveau abzuschließen. Derzeit fördert die DFG insgesamt 216 Graduiertenkollegs.

Weitere Informationen:

Förderpreis für Schmerzforschung ging an Julia Grüner

Der Naturwissenschaftlerin aus der Würzburger Neurologie gelang es erstmalig, mit dem Team der AG Üçeyler aus Hautzellen von Fabry-Patienten Stammzellen zu erzeugen, die in Nervenzellen umgewandelt werden können. In der Petrischale konnte das Team beobachten, wie die Fettablagerungen die Nervenzellen beeinflussen. Diese Veränderungen könnten den Energiehaushalt der Zellen stören und so die für Fabry typischen Schmerzen verursachen.

Die Preisträgerin Julia Grüner mit Urkunde und umringt von ihrem Team.
Julia Grüner (4. v. l.) erhielt den diesjährigen Förderpreis für Schmerzforschung der Deutschen Schmerzgesellschaft e. V. Aus der Arbeitsgruppe von Nurcan Üçeyler (rechts) freuen sich mit ihr Franka Kunik, Aljosha Lang und Luisa Kreß (v. l.) © Luisa Kreß

Würzburg. Glückwunsch an Dr. rer. nat. Julia Grüner aus der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Nurcan Üçeyler, leitende Oberärztin in der Neurologie des Uniklinikums Würzburg. Sie erhielt am 17. Oktober 2024 beim Deutschen Schmerzkongresses in Mannheim den Förderpreis für Schmerzforschung. In der Kategorie ‚Klinische Forschung‘ wurde ihre Arbeit „Small fibre neuropathy in Fabry disease: a human-derived neuronal in vitro disease mod-el and pilot data“ mit dem zweiten Platz gewürdigt. Der Stifter des Preises, die Grünenthal GmbH, hat in diesem Jahr gleich zwei zweite Plätze vergeben, sodass sich Julia Grüner das Preisgeld von 3.500 Euro teilt. 

In ihrem Projekt geht es um die seltene Erbkankheit Morbus Fabry, die sich schleichend entwickelt und das Leben der Betroffenen erheblich beeinträchtigt. Bei Morbus Fabry verhindern Gendefekte dass das Enzym Alpha-Galaktosidase A richtig arbeitet. Dadurch sammeln sich Fettverbindungen, sogenannte Sphingolipide, in den Zellen an, unter anderem in Nervenzellen, aber auch in Organen wie Herz und Nieren. Erste Symptome wie brennende Schmerzen in Händen und Füßen treten oft schon in der Kindheit auf. Mit der Zeit verschlechtert sich zudem die Wahrnehmung von Temperatur. 

In der ausgezeichneten Arbeit gelang es erstmalig, aus Hautzellen von Fabry-Patienten Stammzellen zu erzeugen, die in Nervenzellen umgewandelt werden können. In der Petrischale konnte das Team beobachten, wie die Fettablagerungen die Nervenzellen beeinflussen. Diese Veränderungen könnten den Energiehaushalt der Zellen stören und so die für Fabry typischen Schmerzen verursachen. Eine besonders interessante Entdeckung war, dass bei erhöhten Temperaturen eine veränderte Aktivität der Nervenzellen vorliegt. Das könnte erklären, warum Betroffene oft besonders bei Fieber stärkere Schmerzen und eine gestörte Temperaturwahrnehmung haben. Diese Entdeckungen eröffnen neue Ansätze, die Mechanismen der Erkrankung besser zu verstehen und zukünftig gezielter behandeln zu können.

Mehr zur Studie, die bereits in Brain Communications (2024) veröffentlicht wurde, lesen Sie in der Pressemitteilung
 

Opioide nach Operationen

Große Kassendatenanalyse mit Würzburger Beteiligung zeigt, dass Operationen in Deutschland nur selten Auslöser einer langfristigen Opioideinnahme sind / Geringere Häufigkeit als in den USA.

 

Das Bild zeigt eine Szene aus dem Operationssaal des UKW - Zwei Chirurginnen und ein Chirurg am OP-Tisch.
Eine neue Studie, an der das UKW beteiligt war, zeigt dass Operationen in Deutschland nur selten Auslöser einer langfristigen Opioideinnahme sind. © Daniel Peter / UKW

Jena/Würzburg. Macht eine postoperative Schmerztherapie mit Opioiden süchtig? In den USA und einigen anderen Ländern der Welt, die mit massivem Opioid-Fehlgebrauch zu kämpfen haben, wird dies vermutet und bereits empfohlen, auf dieses Schmerzmittel während und nach Narkosen zu verzichten. Auch in Deutschland ist der Gesamt-Opioidverbrauch seit Jahren relativ hoch – eine Forschungsgruppe unter Leitung des Universitätsklinikums Jena und mit Beteiligung des Uniklinikums Würzburg untersuchte nun, ob Operationen eine längerfristige Opioideinnahme auslösen können und ob bestimmte Eingriffe besonders dazu beitragen.

1,4 Prozent von 200.000 Versicherten haben sechs Monate nach der Operation Opioide verordnet bekommen 

Dazu wurden die Daten aller im Jahr 2018 operierten BARMER-Versicherten daraufhin untersucht, ob in den beiden Quartalen nach der Operation eine Opioidverordnung vorlag. Um den Einfluss von Operation, Narkose und postoperative Schmerztherapie als mögliche Auslöser für eine langfristige Opioideinnahme untersuchen zu können, wurden Personen mit einer Krebserkrankung oder einer bereits bestehenden Opioideinnahme von der Analyse ausgeschlossen. Die gute Nachricht: Von den mehr als 200.000 operierten Patientinnen und Patienten erhielten sechs Monate nach der Operation nur 1,4% derartige Schmerzmittel-Rezepte. „Diese Zahl ist in Nordamerika drei- bis viermal höher“, betont Johannes Dreiling, Erstautor der Studie aus Jena. 

Nach Amputationen erhalten 15 bis 20 Prozent der Operierten längerfristig Opioide

Die Studie verglich jedoch auch erstmals detailliert die Unterschiede zwischen einzelnen Operationen – mit zum Teil überraschenden Ergebnissen. So lag die langfristige Opioidverordnung nach Wirbelsäulen-, Schulter- und Sprunggelenksoperationen sowie wiederholten Gelenkersatz-Eingriffen um den Faktor 3 bis 7 über dem Durchschnitt. Absoluter „Spitzenreiter“ waren jedoch Amputationen, nach denen ca. 15-20% der Betroffenen längere Zeit Opioide verschrieben bekamen. Ursula Marschall, Leiterin Versorgungsforschung der BARMER: „Diese Ergebnisse deuten an, dass Opioide nach Operationen nicht generell verdammt werden sollten, zumal sie weniger organschädigende Wirkungen haben als viele andere Schmerzmittel. Aber nach bestimmten Operationen müssen wir Patientinnen und Patienten enger als bisher betreuen und begleiten, um Schmerz- und Medikationsprobleme, sowie eine möglicherweise beginnende Abhängigkeit rechtzeitig zu erkennen und konsequent zu behandeln.“

Krankenkassendaten sind wichtiger Baustein zur Versorgungsforschung 

Neben der Operation konnten in der Studie noch weitere Risikofaktoren für einen längerfristigen Opioidgebrauch identifiziert werden. Dazu gehören die Verschreibung von Antidepressiva und anderen Schmerzmitteln bereits vor der Operation, Alkoholmissbrauch sowie vorbestehende chronische Schmerzen. „Unsere Arbeit belegt erneut, welches Potential, aber auch welche Limitationen Auswertungen von Routine- und Registerdaten haben. So können Krankenkassendaten sehr exakte Angaben zur Medikamentenverschreibung liefern Es ist jedoch schwierig herauszufinden, warum diese Medikamente eingenommen wurden. Daher können wir nicht genau erkennen, bei welchen Menschen die Opioideinnahme gerechtfertigt war“ so Letztautor Daniel Schwarzkopf. Prof. Dr. Heike Rittner, die mit ihrem Zentrum interdisziplinäre Schmerzmedizin (ZiS) am Uniklinikum Würzburg die hochkomplexe Datenauswertung unterstützt hat, betont: „Solche Routine-Datenbanken haben die Daten passend zu den Abrechnungscodes und nicht zu wissenschaftlichen Fragestellungen.“ Dennoch: Die Analyse von Krankenkassendaten werde auch in Zukunft ein wichtiger Baustein der Versorgungsforschung sein.

Publikation:
Dreiling J, Rose N, Arnold C, Baumbach P, Fleischmann-Struzek C, Kubulus C, Komann M, Marschall U, Rittner HL, Volk T, Meißner W, Schwarzkopf D: The incidence and risk factors of persistent opioid use after surgery—a retrospective secondary data analysis. Dtsch Arztebl Int 2024; 121: online first. https://www.aerzteblatt.de/int/archive/article/241469 , DOI:10.3238/arztebl.m2024.0200 

Förderhinweis:
Die Studie ist im Rahmen des Projektes LOPSTER entstanden, das vom Innovationsausschuss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) gefördert wurde. 
 

Das Bild zeigt eine Szene aus dem Operationssaal des UKW - Zwei Chirurginnen und ein Chirurg am OP-Tisch.
Eine neue Studie, an der das UKW beteiligt war, zeigt dass Operationen in Deutschland nur selten Auslöser einer langfristigen Opioideinnahme sind. © Daniel Peter / UKW

Voller Erfolg für Abendsprechstunde Schmerz

Das Angebot einer virtuellen Abendsprechstunde unter dem Titel „Chronischer Schmerz – eine Diagnose für immer?“ stieß am 25. September mit rund 300 Teilnehmenden auf großen Zuspruch,

Prof. Dr. med. Heike Rittner, Sprecherin des Zentrums für interdisziplinäre Schmerzmedizin (ZiS) und Inhaberin des Lehrstuhls Schmerz, sowie Prof. Dr. med. Claudia Sommer, Oberärztin an der Neurologischen Klinik und Poliklinik, standen eineinhalb Stunden lang Rede und Antwort auf alle Fragen rund um den chronischen Schmerz. In einem kurzen Einführungsvortrag referierten die beiden Expertinnen zunächst über die neuesten Erkenntnisse und Entwicklungen zu Diagnostik und Therapie von Migräne und chronischen Schmerzen allgemein. Schon längst ist chronischer Schmerz kein unabänderliches Schicksal mehr, sondern kann durch vielfältige Therapieansätze günstig beeinflusst werden. 

Interdisziplinäre multimodale Therapie und Schmerzforschung 
Diese Therapie wird in Form allgemeiner und spezieller Therapiemodule im ZiS angeboten. Auch die Klinische Forschungsgruppe KFO5001 ResolvePAIN, die hier am Universitätsklinikum unter der Leitung der Referentinnen etabliert ist und rege Schmerzforschung betreibt, trägt dazu dabei, dass die Schmerztherapie in Würzburg – speziell für Fibromyalgie und dem Komplexen Regionalen Schmerzsyndrom (CRPS) – eine zentrale Anlaufstelle ist. Aus dieser Forschungsarbeit ergaben sich auch schon bereits erste Hinweise, was eine günstige Prognose des CRPS ausmacht. 

Im Anschluss an die Ausführungen hatten die Teilnehmenden die Gelegenheit, ihre persönlichen Fragen zu stellen – ein Angebot, das intensiv genutzt wurde. Mit fast 100 Fragen im Chat lag der Fokus insbesondere auf den neuen Migränetherapien mit CGRP-Antagonisten sowie auf medikamentösen und nichtmedikamentösen Behandlungsmethoden.

Voller Erfolg… mit Fortsetzung
Die Initiatoren und Organisatoren der Abendsprechstunde werteten die Auftaktveranstaltung als vollen Erfolg. Die hohe Teilnehmerzahl und das große Interesse an dem Thema zeigen, wie relevant die Aufklärung über chronischen Schmerz in der Öffentlichkeit ist. Besonders gelobt wurde von den Teilnehmenden die Kombination aus fundierter Information und der Möglichkeit zum direkten Austausch mit den Expertinnen. 
Deshalb planen das ZiS, das Universitätsklinikum und die Selbsthilfe-Beauftrage Gabriele Nelkenstock, eine Fortsetzung des Formats. Ziel ist, Betroffenen und Interessierten stetigen Zugang zu aktuellen Forschungsergebnissen zu bieten und den Austausch zwischen Medizin und Öffentlichkeit zu fördern.

Aufzeichnung des Vortrags von Prof. Dr. med. Heike Rittner

Aufzeichnung des Vortrags von Prof. Dr. med. Claudia Sommer 
 

Prof. Dr. Sulayman Dib-Hajj: Schmerzkoryphäen im Austausch

Die Klinische Forschungsgruppe 5001 (KFO 5001) freut sich sehr, Mitte Mai auch den Neurologen und Schmerzforscher Prof. Dr. Sulayman Dib-Hajj von der Yale University persönlich in Würzburg begrüßen zu können.

Prof. Dr. Suleyman Dib-Hajj von der Yale Medicine School

Er wird nach Prof. Geha und Prof. Price die dritte international renommierte Koryphäe in der Schmerzforschung sein, die der Forschungsgruppe unter Prof. Dr. med. Heike Rittner und Prof. Dr. med. Claudia Sommer einen Besuch abstattet. Wie bei seinen Vorgängern auch, erhofft man sich einen inspirierenden Austausch über die beidseitigen Forschungsprojekte und lebhafte Diskussionen über die Bedeutung und den praktischen Nutzen der neuesten Ergebnisse.

Das Spezialgebiet von Prof. Dib-Hajj sind Natriumkanäle und ihre Rolle bei der Entstehung von chronischem Schmerz. Mutationen bestimmter Proteine dieser spannungsgesteuerten Ionenkanäle beeinflussen die Erregbarkeit der Nozizeptoren. Die Erregungsschwelle solcher sensorischen Nervenzellen, welche die elektrischen Schmerzimpulse aufnehmen und weiterleiten, wird gesenkt und damit chronischer Schmerz begünstigt. Für seine Untersuchungen verwendet der Neurobiologe auch Live-Bildgebungstechniken, die den Transport von Kanälen in den sensorischen Axonen optisch dokumentieren.

Internationale Anerkennung

Prof. Dib-Hajj ist Professor für Neurologie an der Yale School of Medicine und stellvertretender Direktor des Veteran Administration Medical Centers in West Haven, Connecticut. Er absolvierte sein Grundstudium an der American University of Beirut, Libanon, und promovierte an der Ohio State University, Columbus. Durch zahlreiche Publikationen sowie den Aufbau eines umfangreichen Forschungsnetzwerks aus Wissenschaft und Industrie hat er sich große internationale Anerkennung erworben. Zudem ist er Vorstandsmitglied des National Disease Research Interchange, einer gemeinnützigen Organisation, die die Nutzung von menschlichem Gewebe für Forschungszwecke unterstützt.

Im Rahmen seines Besuchs vom 16. bis 17. Mai 2024 wird Prof. Dib-Hajj auch einen Gastvortrag zu seinem Spezialgebiet halten.  Das Thema ist der Aufbau erregbarer Membranen in sensorischen Neuronen.

Detailliertere Informationen wie Ort und Uhrzeit des Vortrags finden Sie im Veranstaltungskalender und im Flyer.

Weitere Informationen zu Prof. Sulayman Dib-Hadjj und seiner Forschung erhalten Sie auf seiner Webseite.

Prof. Dr. Suleyman Dib-Hajj von der Yale Medicine School

Prof. Dr. Theodore Price: Schmerzkoryphäen im Austausch

Die Klinische Forschungsgruppe 5001 (KFO 5001) freut sich sehr, Ende März den renommierten Schmerzforscher Prof. Dr. Ted Price aus den USA persönlich in Würzburg begrüßen zu können.

Porträtfoto von Prof. Dr. Ted Price
Prof. Dr. Ted Price vom Center for Advanced Pain Studies in Dallas, Texas.

Chronischer Schmerz ist ein globales Problem, das etwa zwanzig Prozent der Weltbevölkerung betrifft. Deshalb wird in allen Kontinenten intensiv geforscht, um neue Erkenntnisse über Entstehung, molekulare Veränderungen, Biomarker oder auch ausgefeiltere Techniken bei bildgebenden Verfahren zu gewinnen und so neue therapeutische Ansätze zu entwickeln. Prof. Dr. Ted Price hat sich insbesondere auf die Plastizität des Gehirns bei chronischem Schmerz spezialisiert, also wie das Gehirn Schmerzreize aufnimmt und verarbeitet und welche zentralen Mechanismen dazu führen, dass Schmerz chronisch wird. Dazu hat er mehrere innovative Ansatzpunkte entdeckt und sich international einen Namen gemacht. 

Wie die KFO-Forschungsgruppe 5001 auch, widmet er sich interdisziplinär und multifokal mit einem größeren Stab von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern im Center for Advanced Pain Studies (CAPS) dieser Aufgabe.  Das Institut ist Teil der University of Texas in Dallas und steht in Kooperation mit der UT Southwestern.

Gastvortrag und persönliche Begegnungen

Die Leiterinnen der KFO 5001, Univ.-Prof. Dr. med. Heike Rittner und Univ.-Pof. Dr. med. Claudia Sommer, freuen sich mit allen Projektleiterinnen und Projektleitern der Forschungsgruppe auf den persönlichen Austausch und die Begegnung mit dem herausragenden Schmerzforscher. Er wird bei seinem Aufenthalt die einzelnen Labore und Einrichtungen besuchen und sich über die konkreten Forschungsarbeiten und -ergebnisse informieren. Aus den Dialogen ergeben sich erfahrungsgemäß inspirierende Impulse für beide Seiten, welche direkt in die weitere Forschung fließen. Außerdem wird Prof. Price einen Gastvortrag über die „Mechanismen des neuropathischen Schmerzes bei Diabetes“ halten.


Weitere Informationen zu Prof. Ted Price, seiner Forschungsarbeit und zum Center for Advanced Pain Studies 
Nähere Informationen zum Vortrag und Programm im Veranstaltungskalender

Der Flyer zur Vorlesung als PDF zum Download
 

Porträtfoto von Prof. Dr. Ted Price
Prof. Dr. Ted Price vom Center for Advanced Pain Studies in Dallas, Texas.