NEUE JUNIORPROFESSUREN
Neue Karrierewege zur Professur
In der vergangenen Ausgabe hatten wir bereits Prof. Dr. Maik Luu vorgestellt, der eine Tenure-Track-Professur für Translationale Medizin an der Julius-Maximilians-Universität erhalten. Nach erfolgreicher Bewährungsphase geht diese vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Juniorprofessur in eine unbefristete W2-Professur über. In dieser Ausgabe präsentieren wir zwei weitere frisch ernannte Juniorprofessorinnen für Translationale Medizin.
Dr. Carmina Teresa Fuß
Auf dem Fuß'schen Weg zur Juniorprofessur
„Hätte mir jemand vor ein paar Jahren gesagt, dass ich mit 29 Jahren Professorin werde, hätte ich die Person für verrückt erklärt“, lacht Dr. Carmina Teresa Fuß, Assistenzärztin in der Endokrinologie am UKW und seit kurzem Juniorprofessorin für Translationale Medizin. Eigentlich hatte sich die gebürtige Würzburgerin mit italienischen Wurzeln parallel zur allgemeinen Schulausbildung im PreCollege der Musikhochschule Würzburg auf ein entsprechendes Studium mit den Schwerpunkten Gesang und Klavier vorbereitet. Dann wollte sie Chirurgin werden. „Jetzt mache ich das genaue Gegenteil“, schmunzelt sie. „Die Endokrinologie ist das mit am wenigsten invasivste Fach, was man in der Medizin machen kann.“ Sie habe nie auf eine Professur hingearbeitet, sondern sei den klassischen Fuß´schen Weg gegangen: Ich mache etwas, weil es mich interessiert und es für mich sinnvoll und stimmig ist, ohne dabei etwas abzuhaken. Aber als sie plötzlich von der Berufungskommission zum ‚Vorsingen‘ eingeladen wurde, wurde ihr klar, dass die Sachen, die sie ‚einfach mal so‘ macht, durchaus außergewöhnlich sind und ihr Werdegang ‚maximal ungewöhnlich‘ ist. Eine Kombination aus Antrieb, Umfeld und Möglichkeiten habe sie dahin geführt, wo sie jetzt steht.
Carmina Teresa Fuß (29) befindet sich noch in der Facharztausbildung zur Endokrinologin und wurde gerade zur Juniorprofessorin für Translationale Medizin ernannt. Dabei wollte die Halbitalienerin eigentlich Musik studieren.
Endokrinologie – ein intellektuelles Fach, das Spürsinn erfordert Carmina Teresa Fuß kam im fünften Semester als wissenschaftliche Hilfskraft zur Endokrinologie in der Medizinischen Klinik und Poliklinik I – und blieb. Das Team sei unter der Leitung von Prof. Stefanie Hahner und Prof. Martin Fassnacht außerordentlich, weil nett, hochmotiviert und mit Begeisterung bei der Arbeit. Das zeige, dass das Umfeld ein relevanter Teil der Arbeit sei. Sie hatte aber auch zufällig das gefunden, was ihr Spaß macht. „Die Endokrinologie ist ein sehr breites Fach in der Inneren Medizin, und ein intellektuelles“, erzählt sie. „Abgesehen von Schilddrüsenerkrankungen und Diabetes haben wir es oft mit seltenen Erkrankungen und diffusen Symptomkomplexen zu tun, die absolute Detektivarbeit erfordern. Die Patientinnen und Patienten kommen aus dem ganzen Bundesgebiet mit einer langen Vorgeschichte zu uns. Wir haben die Möglichkeit, uns Zeit für die Anamnese nehmen, ausführliche Gespräche zu führen und alle Laborwerte im Detail anzuschauen und über die Diagnose nachzudenken. Je nach Krankheitsbild können wir die Symptome nicht nur medikamentös behandeln, sondern auch die Grunderkrankung heilen.“
Sie promovierte zur Diagnostik des Primären Hyperaldosteronismus und baute ein Register für Patientinnen und Patienten mit Hypoparathyreoidismus auf. Darüber hinaus betreibt sie Grundlagenforschung und entwickelt u. a. Modellsysteme zum Einfluss des Ubiquitin-Systems beim Nebennierenkarzinom.
Klinik, Forschung und Lehre – Martin Fassnacht nennt es akademischen Zehnkampf. Auch diese Herausforderung nimmt Carmina Teresa Fuß gern an. Sie liebt es zu unterrichten und hofft, dass sie ihre Studierenden genauso für die Endokrinologie begeistern kann, wie sie einst begeistert wurde.
Dr. Rhonda McFleder
Zur Juniorprofessur durchgefragt
Warum. Das ist das Lieblingswort von Rhonda McFleder. Die Neugier zu Unbekanntem und das Fragen stellen, hatte die Neurobiologin schon von Kindesbeinen an. Deshalb liebt sie ihren Job in der Neurologischen Klinik und Poliklinik am UKW, bei welchem sie die Rolle des Immunsystems bei Morbus Parkinson erforscht. Auch wenn mal eine Bewerbung oder eine Arbeit abgelehnt wird, ihre Experimente nicht gelingen, sie wird nicht müde, nach dem „Warum“ zu fragen und versucht aus den Antworten zu lernen. Damit ist die 33-Jährige mit Unterstützung ihres Mannes und ihren zwei kleinen Töchtern weit gekommen: Sie hat gerade eine Juniorprofessur für Translationale Medizin erhalten. Weiter oben auf der Karriereleiter lassen die Fragen jedoch nicht nach. Einige davon durfte die gebürtige US-Amerikanerin den klügsten Köpfen der Welt stellen. Rhonda McFleder hatte Ende Juni die einmalige Gelegenheit, an der 72. Lindauer Nobelpreisträgertagung am Bodensee teilzunehmen.
Rhonda McFleder forscht in der Neurologie am UKW zu Morbus Parkinson und erhielt im Mai 2023 die Juniorprofessur für Translationale Medizin.
Inspiration und Ideen bei der Lindauer Nobelpreisträgertagung „Es war unglaublich dort, so offen und inspirierend. Wir waren etwa 600 junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 89 Ländern und hatten fast eine Woche lang so viele Möglichkeiten, sowohl untereinander als auch mit den rund vierzig anwesenden Nobelpreisträgerinnen und -trägern ins Gespräch zu kommen“, schwärmt sie. „Bei einem Abendessen saß ich direkt neben Morten Meldal, der für seine Click-Chemie den Nobelpreis erhalten hat.“ Beim Science Walk traf sie die Biologin Christiane Nüsslein-Volhard, von der sie einige wertvolle Tipps erhalten habe, die ihr die Angst genommen haben, die sie zugegebenermaßen ein bisschen vor der Juniorprofessur hatte. „Wir wurden in unserer Ausbildung gut trainiert, eine Ärztin oder Wissenschaftlerin zu sein, aber niemand hat uns gezeigt, wie man ein Labor führt und alles gleichzeitig schafft: Paper und Anträge schreiben, sich um die Studierenden kümmern und für die Familie da zu sein.“ Besonders inspiriert habe sie der Computer-Wissenschaftler Shwetak Patel, der die Heidelberg Lecture hielt. Sein Rat: Bei allem, was wir entwickeln, sollten wir uns immer fragen, ob jeder einen Vorteil davon habe. Wenn nicht, müssten wir zurück ins Labor.
Auf der 72. Lindauer Nobelpreisträgertagung am Bodensee hatte Rhonda McFleder die Ehre, beim Abendessen neben dem Nobelpreisträger für Chemie, Morten Meldal, zu sitzen. Links Umair Munawar vom Institut für Translationale Myelom-forschung am UKW. Bild: Umair Munawar
Immunzellen könnten Schlüssel zum Verständnis der Entstehung von Parkinson sein Auch Rhonda McFleder hofft, dass ihre Forschung eines Tages so vielen Menschen wie möglich zu Gute kommt. Ihre jüngsten Arbeiten deuten darauf hin, dass bestimmte Immunzellen das Fortschreiten der Parkinson-Erkrankung beeinflussen und dass es eine spezielle Immunverbindung zwischen dem Gehirn und dem Darm gibt, die es den beiden Organen ermöglicht, miteinander zu kommunizieren. „Wir wissen, dass Menschen mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen ein höheres Parkinson-Risiko haben, und diejenigen, die keinen Blinddarm mehr besitzen, ein niedrigeres Risiko. Aber warum ist das so? Warum liegen auch bei anderen neurologischen Erkrankungen wie Multiples Sklerose oder Depressionen Probleme im Darm vor?“, fragt Rhonda McFleder. Antworten sucht sie, indem sie versucht, die an der Kommunikation beteiligten Zelle zu identifizieren und ein Medikament zu entwickeln, das diese Kommunikation unterbindet.