Der Weg zurück zum Genuss
Tumortherapien beeinflussen oft das Geschmacksempfinden. Ein am UKW initiiertes Rezeptportal soll die Freude am Essen zurückbringen.

Gustabor-Team: hinten (v. l.) Dr. Sophie Schlosser-Hupf, Dr. Nicole Erickson, vorne (v. l.) Constanze Wolz, Dr. Anna Fleischer, Prof. Dr. Alexander Hann, Philipp Sodmann.
Dem Kuchen fehlt es an Süße, ein metallischer Geschmack begleitet jede Mahlzeit oder das Essen schmeckt nach nichts. Oft berichten Patienten während ihrer Tumorbehandlung von solchen Erfahrungen. Chemo-, Strahlen- und bestimmte Immuntherapien können die Nerven in der Zunge schädigen, den Speichelfluss verringern oder auch zu einer Entzündung der Mundschleimhäute führen. Mit der Folge, dass Nahrungsmittel nach nichts schmecken oder nicht mehr so wie gewohnt.
„Patientinnen und Patienten belastet das sehr. Essen bereitet schließlich Lust und Lebensfreude“, sagt Prof. Dr. Leo Rasche, Onkologe am UKW. Die Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität könne sogar dazu führen, dass Betroffene einen Therapieabbruch erwägen. Eine Beobachtung, die auch seine Kollegin Dr. Anna Fleischer von der Abteilung für Psychosomatische Medizin am UKW in persönlichen Gesprächen machte. „Für mich war klar: Es wird Zeit, dass wir Lösungen finden“, erzählt sie. In einer Patientenbefragung ging sie mit Prof. Rasche dem Thema weiter nach. Ernährungstipps und Erkenntnisse aus der Wissenschaft sammelte sie im Anschluss in einem Ratgeber.

Mit einigen Tricks lässt sich das Schmecken verbessern.

Prof. Dr. Leo Rasche
Onkologe

Prof. Dr. Leo Rasche
Onkologe
Psychologie beim Essen
So kann es bei metallischem Geschmack sinnvoll sein, Plastikbesteck zu verwenden. Eine entspannte und angenehme Atmosphäre während der Mahlzeiten kann das Geschmackserlebnis verbessern. Darüber hinaus wirken „psychologische Tricks“, erzählt Dr. Fleischer: „Viele Menschen essen zum Beispiel lieber in Gesellschaft.“ Abwechslungsreiche Texturen – von cremig bis knusprig – fördern die Freude am Essen. Aromen, die über den Geruchssinn aufgenommen werden, tragen zum sensorischen Erlebnis bei.
Wichtige Tipps, doch bei einem Ratgeber wollte es die Assistenzärztin nicht belassen. So entstand die Idee, ein Internetportal aufzubauen, in dem Betroffene Tausende Rezeptideen finden, die zu ihrem individuellen Geschmacksprofil und ihren Ernährungsvorlieben passen. „Gustabor“ war geboren. Seit Anfang dieses Jahres arbeiten die sechs Unikliniken in Bayern unter Federführung des UKW, Projektleiter Prof. Alexander Hann, an diesem Vorhaben. Unterstützt wird es mit rund 467.000 Euro vom Bayerischen Zentrum für Krebsforschung.
Dass „Gustabor“ auf eine hohe Nachfrage stoßen wird, scheint bereits sicher. Seitdem der Bayerische Rundfunk darüber berichtete, erhält Dr. Fleischer täglich E-Mails von Krebspatienten, die froh sind, dass diese Nebenwirkung nun in den Fokus rückt. Etwas Geduld ist noch gefragt: Anfang 2027 wird die Rezept-Datenbank online gehen.