Sich entscheiden müssen?
Wissenschaftlerin und zugleich Mutter zweier kleiner Kinder sein? Oder ist man dann vor allem Mutter – und erst in zweiter Linie Wissenschaftlerin? Die Neurobiologin Prof. Rhonda McFleder kennt die Fragestellung aus eigener Erfahrung.
Prof. Rhonda Leah McFleder, geboren 1990 in den USA, ist Neurobiologin und arbeitet als Juniorprofessorin an der Neurologischen Klinik und Poliklinik des Universitätsklinikums Würzburg.
Prof. Rhonda Leah McFleder, geboren 1990 in den USA, ist Neurobiologin und arbeitet als Juniorprofessorin an der Neurologischen Klinik und Poliklinik des Universitätsklinikums Würzburg.
Sich entscheiden müssen?
Wissenschaftlerin und zugleich Mutter zweier kleiner Kinder sein? Oder ist man dann vor allem Mutter – und erst in zweiter Linie Wissenschaftlerin? Die Neurobiologin Prof. Rhonda McFleder kennt die Fragestellung aus eigener Erfahrung.
Rhonda McFleder sagt: „Bevor ich Kinder hatte, hielten sich die Probleme für mich in Grenzen.“ Seither ist das Miteinander von wissenschaftlicher Arbeit und Familienleben eine Herausforderung. Die 1990 in North Carolina (USA) geborene Neurobiologin erforscht seit 2020 am Uniklinikum, welche Rolle das Immunsystem bei der Parkinson-Erkrankung spielt. Parkinson wird als Erkrankung des Gehirns angesehen, sie hat jedoch Auswirkungen auf den Darm.
Prof. Dr. Rhonda McFleders Arbeiten deuten darauf hin, dass beide Organe über eine besondere Immunverbindung miteinander kommunizieren. „Die Zellen, die daran beteiligt sind, interessieren mich. Wenn wir die kennen, können wir neue Behandlungen gegen Parkinson und andere Erkrankungen entwickeln.“
Wissenschaftlerin werden
Aufgewachsen in Red Springs, einer kleinen Stadt im Süden der USA, studierte McFleder zunächst Biologie und Medizin. Der erste Kontakt zur Wissenschaft kam durch einen Professor zustande, der die junge Studentin für ein Forschungsprogramm gewann. Dadurch kam McFleder in Kontakt mit wissenschaftlichen Einrichtungen, darunter dem National Institutes of Health, dem Nationalen Institut für Gesundheit. Nach einer Tätigkeit im dortigen immunologischen Labor entschied sie sich, ihren Doktor in Immunologie zu machen. Der in dem Labor tätige Professor Joel Richter unterstützte seine Mitarbeiterin umfangreich. „Er half mir, das richtige Rückgrat zu bekommen, das für Frauen in der Wissenschaft notwendig ist“, berichtet McFleder, die im praktischen Jahr ihres Medizinstudiums in verschiedenen Krankenhäusern und Forschungseinrichtungen hospitiert und damals auch das Würzburger Uniklinikum kennengelernt hatte.
Professorin werden
Die Familie ihres Ehemanns lebt im Landkreis Würzburg, und so war es ein gutes Zusammentreffen, dass McFleder nach Promotion und Umzug nach Deutschland ein Stipendium an genau diesem Uniklinikum erhielt. Dort ist sie aktuell als Juniorprofessorin tätig. Ihre vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Stelle wird nach erfolgreicher Bewährungsphase in eine unbefristete Professur übergehen.
Hatte sie Stolpersteine auf ihrem Weg? Laut McFleder gab es viele. „Ich habe nicht jedes Stipendium oder jede Förderung erhalten, wurde nicht an jeder Universität angenommen, zu der ich gerne gewollt hätte. Auch meine Arbeiten wurden nicht sofort akzeptiert. Aber ich habe die ablehnenden Stellen immer nach dem ,Warum‘ gefragt und versucht, aus den Antworten zu lernen. In der Wissenschaft erlebt man viel Ablehnung. Daraus müssen wir lernen und einfach weitermachen. Vor allem als Frauen.“
Prof. Rhonda McFleder deutet auf einen Frontalschnitt des Gehirns.
Obendrein Mutter sein?
McFleder sagt, dass sie gleichwohl an vielen Förderprogrammen teilnehmen konnte, auch speziell für Frauen. Doch als das erste Kind unterwegs war, erlebte sie den Unterschied zwischen Frauen und Männern in der Wissenschaft. „Ein Professor sagte mir tatsächlich, es sei wohl zu spät, die Schwangerschaft abzubrechen. Da weiß man nicht, wie man darauf reagieren soll“, erzählt McFleder, die beide Kinder in den USA geboren hat. Dort gibt es keinen Mutterschutz wie in Deutschland. Die Frauen arbeiten bis zur Geburt und kehren acht Wochen später wieder zu ihrer Tätigkeit zurück. Für McFleder hieß das: zum sogenannten praktischen Jahr zurück in die Klinik. Sie stillte voll und musste Milch abpumpen. „Alle vier Stunden eine halbe Stunde weg sein, ist problematisch fürs Team. Dazu das Abpumpen an sich, oft in der Toilette. Das waren schwierige Situationen.“ Später kam die erste Zeit im Kindergarten, als die Töchter viele Infekte mit nach Hause brachten. Die junge Wissenschaftlerin ist jedoch in der glücklichen Lage, dass ihr Mann und sie sich die häuslichen Aufgaben gleichberechtigt teilen.
Was Frauen müssen
So wenig Schutz Schwangere in den USA erhalten, so wenig Verständnis erhielt McFleder in Deutschland für ihren Wunsch, ihr Kind mit sechs Monaten zu einer Tagesmutter zu geben. „Als ich endlich eine Tagesmutter hatte, musste ich zwecks Förderung schriftlich nachweisen, dass ich diese Hilfe wirklich nur während der Arbeitszeit benötige. Mein Mann musste seine genauen Arbeitszeiten nicht nachweisen.“ Rhonda McFleder betont: Die Wissenschaft läuft weiter, und dafür brauchen Frauen Zeit. Wenn sie die nicht haben, wirkt sich das – Förderung hin, Förderung her – auf ihre wissenschaftliche Karriere aus.
Was die Zukunft bringen kann
Für die Zukunft wünscht sie sich, dass sich die Haltung in Deutschland ändert. Denn dass es mehr Frauen in der Wissenschaft brauche, sei mittlerweile akzeptiert. Die Förderprogramme seien auch sehr gut. Was fehlt, sind Männer, die ihre Frauen zu Hause unterstützen. Gäbe es mehr davon, hätten junge Frauen mehr Vorbilder.
„Viele Leute denken, dass sie sich entscheiden müssen zwischen Karriere und Kindern. Aber man kann beides haben, und die nötige Unterstützung müssen Frauen von den Männern einfordern. Man muss sich umgeben mit Menschen, die einen unterstützen. Mit Professorinnen und Professoren, mit mehreren Mentoren, die diese Leidenschaft fürs wissenschaftliche Arbeiten teilen. Überhaupt: Alle Menschen müssen sich mehr unterstützen.“ McFleders Töchter sind heute sechs und vier Jahre alt. Die junge Wissenschaftlerin hofft, dass in zehn Jahren mehr Frauen in der Wissenschaft tätig sind und es mehr Beispiele geben wird, wie es gelingen kann, Familie und Karriere miteinander zu verbinden. Was Dr. Rhonda McFleder und ihr Mann den Kindern unter anderem vorleben: Wir sind stark genug zu schaffen, was wir möchten.
Die Neurobiologin und ihre Kollegin Jasmin Lang studieren Nervenzellen unter dem Mikroskop.