Mehr als nur Eigenschutz
Warum die neue Krankenhaushygienikerin und Infektionsforscherin am UKW, Professorin Stefanie Kampmeier, zu Grippe- und Corona-Impfung rät.
Prof. Stefanie Kampmeier
Leiterin Krankenhaushygiene
Kühlere Temperaturen, Feuchtigkeit, Regen: Jahreszeitlich bedingt steigt das Risiko, an einer Atemwegsinfektion zu erkranken. Auch die Erreger von Grippe (Influenza) und Corona haben jetzt wieder leichteres Spiel und können in einigen Fällen auch zu schweren Krankheitsverläufen führen. Kritisch wird es, wenn neben hohem Fieber, Kopf-, Hals- und Muskelschmerzen, Husten und Schweißausbrüchen auch andere Organe betroffen sind oder bakterielle Zweitinfektionen zu Komplikationen führen.
Vor allem Menschen, die zu einer Risikogruppe gehören, häufig Kontakt mit ihr oder umfangreichen Publikumsverkehr (etwa in Schulen, Heimen, Kliniken) haben, sollten dem vorbeugen. Zur Risikogruppe gehören Personen mit bestimmten chronischen Grundleiden, generell über 60-Jährige, da mit zunehmendem Alter die Immunabwehr sinkt, und zudem Schwangere. Neben guter persönlicher Hygiene sei „Impfen die wichtigste Präventionsmaßnahme“, erklärt Stefanie Kampmeier. Die 36-Jährige ist seit Juli die neue Professorin für Krankenhaushygiene und zugleich Leiterin der Zentralen Einrichtung „Krankenhaushygiene und Antimicrobial Stewardship“ an der Würzburger Universitätsklinik.
Sechs Fragen an Prof. Dr. Stefanie Kampmeier
Mit welchen Eigenschaften würden Ihre Weggefährten Sie beschreiben? Zielstrebig, kompetent, ordnungsliebend.
Was gehört zu Ihrem täglichen Arbeitsritual? Einen guten Kaffee trinken.
Größte Errungenschaft Ihres Fachs? Einführen von Händewaschen zum Schutz vor Erkrankungen nach erster hygienisch-epidemiologischer Studie (durch I. Semmelweis), obwohl Mikroorganismen noch nicht als krankmachende Infektionserreger identifiziert waren (1861).
Was ist Ihnen in Würzburg als Erstes positiv aufgefallen? Die Stadt vereint Kultur, Historie, Geselligkeit und Kulinarik und ist in eine wunderschöne Natur eingebettet. Ich war sofort ein großer Fan.
Kölsch oder (Franken-)Wein? Definitiv (Franken-)Wein.
Unverzichtbar in Ihrer Freizeit? Ich verbringe jede freie Minute mit meiner Familie.
Viren sind Verwandlungskünstler
Tatsache ist: Die Grundimmunisierung gegen das Coronavirus in der Bevölkerung ist aufgrund Impfung oder durchgemachter Infektion hoch. Und Influenzaviren, die die (echte) Grippe auslösen, grassierten ja in den letzten Jahren aufgrund der getroffenen Schutzmaßnahmen wenig. Warum also sollte man sich dennoch schon wieder prophylaktisch piksen lassen? „Viren sind Verwandlungskünstler“, betont die zweifache Fachärztin (für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie sowie für Hygiene und Umweltmedizin) und plädiert übereinstimmend mit den aktuellen Empfehlungen der Ständigen Impfkommission grundsätzlich fürs (Auffrischungs-)Impfen. „Wir müssen davon ausgehen, dass weder der Grippe- noch der Corona-Impfstoff zu 100 Prozent den letztmonatig kursierenden Viren entsprechen. Aber aufgrund der von der WHO gesammelten Daten wirken die neuen angepassten Vakzinen gegen die wichtigsten Varianten, führen zu erhöhtem Schutz und im Falle einer Ansteckung oft zu einem milderen Krankheitsverlauf“, so die Professorin.
Auch Erwachsene, die nicht der Risikogruppe angehören, sollten Pro und Contra dieser Grippe- und Corona-Immunisierungen abwägen. Unstreitig dafür sprechen der bessere Eigen- und Fremdschutz: „Geimpfte Infizierte scheiden im Vergleich zu ungeimpften Personen erheblich geringere Virusmengen aus.“ Oft als Argument gegen Impfungen angeführt werden potenzielle Nebenwirkungen. Zugegeben: An der Injektionsstelle kann es zu einer Rötung oder Schwellung kommen, auch leichte Allgemeinreaktionen (erhöhte Temperatur, Unwohlsein) können auftreten. „Aber diese Symptome klingen zumeist schnell ab.“
Impfzeitraum und Schutzwirkung
Und wann ist der beste Zeitpunkt für prophylaktische Maßnahmen? Gegen die saisonale Grippe steht für die laufende Impfsaison seit Kurzem ein Impfstoff zur Verfügung. Ab sofort kann man sich also vor möglicherweise anrollenden Erkrankungswellen wappnen. Weil mit ihnen, grob umrissen, „von Oktober bis Ostern“ (von O bis O) zu rechnen ist, kann aber selbst im späteren Winter eine Impfung „durchaus noch sinnvoll sein“. Kampmeier gibt aber zu bedenken, dass bis zum „Einsetzten der Schutzwirkung circa zwei Wochen vergehen“ und „nicht in eine akute Erkrankung reingeimpft werden sollte“.
Eine Covid19-Basisimmunität vorausgesetzt, wird besonders gefährdeten Menschen eine weitere Auffrischungsimpfung empfohlen. Laut wissenschaftlichen Untersuchungen hält der Schutz vor schwerer Erkrankung durch Impfen oder Infekt in der Regel zwölf Monate an, ist aber in den ersten Monaten danach am höchsten. Sofern also eine Indikation vorliegt, sollte man sich vor der erwartbaren Hochzeit für Infektionen möglichst jetzt im Herbst um verbesserten Corona-Schutz kümmern. Das sei keine große Sache, gehe sogar simultan zur Grippe-Impfung. Von Seiten der Uniklinik wird die Kombination Grippe- plus Corona-Impfung sogar empfohlen. „Laut einer UKW-eigenen Studie bei Mitarbeitenden können die Impfreaktionen dann sogar etwas geringer ausgeprägt sein.“
Und wie hält sie selbst es mit dem Impfschutz? Die 36-Jährige lacht: „Selbstverständlich!“ Genauso wie das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes in bestimmten Situationen, auch außerhalb der Klinik. „Das minimiert das Ansteckungsrisiko durch Viren ungemein.“