Ein Begriff für mehrere Erkrankungen
Fast sieben Prozent der Menschen hierzulande haben einen diagnostizierten Diabetes mellitus, Tendenz steigend. Die Dunkelziffer ist hoch. Am Lehrstuhl für Endokrinologie und Diabetologie der Universitätsklinik Würzburg werden jährlich 3500 Betroffene behandelt.
Dr. Ulrich Dischinger
Oberarzt Endokrinologie und Diabetologie
Das Insulin weist die Zellen im ganzen Körper an, Glukose aus dem Blutkreislauf aufzunehmen.
Dr. Ann-Cathrin Koschker
Leiterin Diabetes- und Stoffwechselambulanz
Diabetes mellitus ist eine Stoffwechselerkrankung, bei der der Blutzuckerspiegel erhöht ist. „Geläufig sind ‚Typ-1‘ und ‚Typ-2‘“, erläutert PD Dr. Ulrich Dischinger. „Nicht beziehungsweise nicht optimal behandelt, erhöht sich das Risiko für schwere Schäden an Nieren, Augen, Haut, Nervensystem und insbesondere für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.“
Typ-1-Diabetes: Insulinmangel
„Der seltenere Diabetes mellitus Typ-1 entsteht durch Insulinmangel. Die Bauchspeicheldrüse erzeugt das zur Blutzuckerregulierung nötige Hormon nicht mehr“, so der Oberarzt der Endokrinologie und Diabetologie an der Medizinischen Klinik I der Uniklinik Würzburg. „Ein Grund ist die irrtümliche Zerstörung insulinerzeugender Zellen durch das Immunsystem.“ Die Überzuckerung führt rasch zu schweren Stoffwechselproblemen, der diabetischen Ketoazidose. Symptome sind Bauchschmerzen, Erbrechen und Bewusstseinstrübungen bis zum Koma. Schon zuvor leidet man unter großem Durst, häufigem Wasserlassen und Gewichtsverlust. Typ-1-Diabetes ist bislang nicht heilbar, Betroffene nehmen lebenslang Insulin. Neue Geräte, wie Insulinpumpen gekoppelt mit Sensoren, die Gewebezucker messen und die Therapie teils automatisieren, ermöglichen hohe Lebensqualität.
Typ-2-Diabetes: Insulinresistenz
Bei Diabetes mellitus Typ-2 werden Zellen insulinresistent und brauchen mehr davon, um Zucker aus dem Blut aufzunehmen. Das geschieht lang vor dem Nachweis erhöhter Blutzuckerspiegel. Die Bauchspeicheldrüse erzeugt irgendwann zu wenig Insulin für den gesteigerten Bedarf. Symptome können auch hier viel Durst, häufiges Wasserlassen und Abgeschlagenheit sein.
Ein solcher Diabetes fällt oft eher zufällig durch Laboruntersuchungen auf. „Mehrere Faktoren führen zu Typ-2“, so Oberärztin Dr. Ann-Cathrin Koschker. „Häufig genetische Veranlagung. Kommen Übergewicht, wenig körperliche Aktivität und falsche Ernährung dazu, zeigt sich dann der Diabetes“, zählt die Leiterin der Diabetes- und Stoffwechselambulanz am UKW auf.
Die Behandlung zielt unter anderem auf das Gewicht: Die Basistherapie umfasst Ernährungsanpassung, Aktivität, Schulungen und Techniken zur Verhaltensänderung. Ansonsten helfen Medikamente und in speziellen Fällen bariatrische Chirurgie („Magenverkleinerung“).
Erfolg mit Medikamenten
Medikamente stehen im Fokus der Forschung: „Am Uniklinikum beforschen wir neue und bekannte Wirkstoffe gegen Übergewicht“, so PD Ulrich Dischinger. In den letzten Jahren gab es weltweit Erfolge, dennoch sind sie nur ein Teil der Therapie. „Mit Forschung, interdisziplinären Therapien nach modernsten Standards und versierter Beratung bieten wir optimale Behandlungsoptionen“, so die Experten. „Dabei stehen die individuellen Bedürfnisse der Menschen stets im Mittelpunkt.“