Das Leben von der Krankheit zurückholen
Für Betroffene ist eine Diabetes-Diagnose oft ein schwerer Schlag. Am Universitätsklinikum Würzburg lernen sie, dass Eigeninitiative wichtig für das Leben mit der Krankheit ist.
Eine erfolgreiche Diabetes-Behandlung ist vor allem auch eine Teamleistung.
Silke Horn
Diabetes-Beraterin
Hinter „Diabetes“ verbergen sich verschiedene Erkrankungen. Die Typen 1 und 2 sind eher bekannt, anders sieht es bei Sonderformen aus, die etwa Folge eines Gendefekts sind. Am Lehrstuhl für Endokrinologie und Diabetologie am UKW versorgt ein multiprofessionelles Team Betroffene ambulant und stationär. Sie erhalten individuelle Diagnosen, Therapien und Prävention von Folgeschäden.
Leben ist Wandel – auch mit Krankheit
Silke Horn betreut auf der Station Diabetes-Patientinnen und -Patienten entsprechend deren therapeutischen, ethnischen, kulturellen und sozialen Bedürfnissen. Eine Aufgabe, die über Pflege hinausgeht und mit der sie ihre Kolleginnen und Kollegen aus der Pflege entlastet.
In der Diabetes-Ambulanz sieht sie Betroffene oft über lange Zeiträume. „Man könnte glauben, dass ich mit Menschen, die schon viele Jahre in die Ambulanz kommen, schon alle Themen besprochen habe“, schmunzelt die Diabetesberaterin der Deutschen Diabetes Gesellschaft. Aber das Gegenteil ist der Fall: „Leben ist Veränderung – trotz der Krankheit. Menschen probieren neue Sportarten, wechseln Berufe oder kaufen einen Hund. Sie gründen Familien. Oder nehmen neue Medikamente.“
Mancher geht dann mit den Kindern auf den Spielplatz oder macht Hundespaziergänge. Andere sitzen länger am Schreibtisch. Wieder andere fragen, wie sich ihre Medikamente mit bestimmten Diäten verhalten. Diese Änderungen von Lebensumständen berücksichtigt die Expertin für den optimalen Therapieerfolg.
Ängste nehmen, Initiative anstoßen
Die Beratung von Silke Horn und ihren Kolleginnen der Diabetes-Ambulanz folgt wissenschaftlichen Leitlinien. Sie werden geschult zu Themen der Ernährung und Bewegung, in psychologischen Aspekten, zu Forschung, Medikamenten und Techniken zum Diabetes-Management.
Herausfordernd ist, Überblick über Neuerungen bei technischen Geräten wie Insulinpumpenmodellen und deren Funktion zu behalten – und Betroffene im Umgang mit modernen Systemen mit automatischer Insulindosierung (AID) zu schulen.
„Unsere wichtigste Aufgabe ist, den Menschen die Ängste zu nehmen und ihre Sorgen zu verstehen. Vor allem bei neuen Diabetes-Diagnosen“, schildert sie. „Sobald die Menschen merken, dass ihr Leben auch mit der Krankheit gut weitergehen kann, motivieren wir sie zu möglichst viel Eigeninitiative. Wir nennen es ‚Empowerment für ein optimales Selbstmanagement‘: Betroffene sollen sich ihr Leben von der Krankheit zurückholen.“