Ukraine: Erfahrungen aus Hochschul-Kooperationen

Während der Konflikt in der Ostukraine und eine tiefe wirtschaftliche Krise die Nachrichten über die Ukraine bestimmen, gibt es auch positive Entwicklungen. Zum Beispiel in der wissenschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Bayern und der Ukraine.

Am 11. November fand an der Universität Würzburg das „Kompetenzseminar Ukraine“ statt. Vertreter von Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften aus ganz Bayern trafen sich in Würzburg zu einem Erfahrungsaustausch über Kooperationen mit ukrainischen Hochschulen in Forschung und Lehre. Das Seminar wurde gemeinsam mit dem Bayerischen Hochschulzentrum für Mittel-, Ost- und Südosteuropa (Bayhost) veranstaltet.

Positive Nachrichten aus der Wissenschaft

Das Kompetenzseminar begann mit einer Bestandsaufnahme der Hochschulpartnerschaften. Bisher gibt es 32, die sich nicht nur auf die Hauptstadt Kiew beschränken. Die Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) initiierte 2014 fakultätsübergreifende Kooperationen mit vier Universitäten im westukrainischen Lviv (Lemberg). So hat das Universitätsklinikum Würzburg mit der Weiterbildung ukrainischer Ärzte in der pädiatrischen Onkologie begonnen.

Professor Alexander Wolff vom Lehrstuhl für Informatik I stellte gemeinsame Studienprogramme vor, die ukrainische Studierende zusätzlich zu ihren Pflichtkursen absolvieren. Diese stellen aufgrund des in der Ukraine volleren Curriculums und teilweise abweichender Vorbildung eine echte Herausforderung für die Studierenden dar. Künftig planen die JMU und weitere bayerische Hochschulen stärker integrierte Kooperationen in der Lehre bis hin zu Studiengängen mit Doppelabschluss, um diesen zusätzlichen Aufwand für die ukrainischen Studierenden zu verringern.
  
Uni-Präsident Alfred Forchel: „Möchten einen Beitrag leisten“

„In der derzeit schwierigen Lage in der Ukraine möchten wir einen Beitrag leisten, durch gemeinsame Studienprogramme, wissenschaftliche Workshops sowie die Anbahnung gemeinsamer Forschungsprojekte unsere Partneruniversitäten in Lviv zu unterstützen. Durch den Austausch von Studierenden und von Gastwissenschaftlern und Gastwissenschaftlerinnen wollen wir auch ein Zeichen der Solidarität und der Völkerverbindung setzen“, sagt JMU-Präsident Alfred Forchel.

Über Kooperationen in der Forschung berichtete Professor Thomas Wünsch vom Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte Osteuropas und seiner Kulturen an der Universität Passau. Er strebt ein deutsch-ukrainisches Graduiertenkolleg an. Bisher haben ukrainische Promovierende selten die Gelegenheit, ihre Forschungsarbeit öffentlich zu diskutieren und dadurch neue Anregungen zu gewinnen.

Zusammenarbeit noch am Anfang

Die Referenten boten Einblicke in ihre Partnerschaften mit der Ukraine und gaben wichtige Hinweise, worin sich Lehre und Forschung in Deutschland und der Ukraine unterscheiden und wie eine funktionierende Zusammenarbeit gestaltet werden kann. Viele der Wissenschaftler, die am Seminar teilnahmen, stehen mit ihren Kontakten in die Ukraine noch am Anfang, möchten diese aber vertiefen.

Maxim Gatskov (Bayhost), der acht Projekte unterschiedlicher bayerischer und ukrainischer Hochschulen konzipiert und umgesetzt hat, referierte zu interkulturellen Aspekten der deutsch-ukrainischen Hochschulzusammenarbeit. „Die Hierarchien an ukrainischen Hochschulen sind stärker ausgeprägt als in Deutschland, allerdings können die ukrainischen Kollegen relativ gut mit den flacheren Hierarchien in Deutschland umgehen. Wegen der Tendenz zu kurzfristiger Planung und Improvisation in der Ukraine sollten deutsche Projektpartner häufiger nachhaken und genau erklären, warum ihrerseits längere Vorlaufzeiten erforderlich sind“, berichtete Gatskov.

Ukraine bietet hohes wissenschaftliches Potenzial

Dr. Oksana Schwajka vom Informationszentrum Kiew des Deutschen Akademischen Austauschdienstes berichtete über die jüngste Reform des ukrainischen Hochschulsystems. Forschung und Lehre seien bisher weitgehend getrennt gewesen und sollten nun stärker verknüpft werden. „Positive Forschungsansätze sind zum Beispiel an der Technischen Universität Kiew zu beobachten. Die stärkere Autonomie der Hochschulen, Anpassung der Studienstrukturen an den europäischen Hochschulraum, Anerkennung ausländischer Abschlüsse und Ausweitung des englischsprachigen Angebots begünstigen die Internationalisierung“, so Schwajka.

Die Ukraine bietet mit 325 Hochschulen der höchsten Akkreditierungsstufen ein hohes wissenschaftliches Potenzial. Besonders die Lehre und Forschung in den naturwissenschaftlichen und technischen Fächern bewegt sich auf hohem Niveau. Ein 2014 verabschiedetes neues Hochschulgesetz bietet zahlreiche Chancen für die Internationalisierung. Ebenfalls seit diesem Jahr können sich ukrainische Hochschulen und Forschungseinrichtungen an allen Ausschreibungen im europäischen Forschungsrahmenprogramm HORIZON 2020 beteiligen.

Bayhost wird in den kommenden Jahren weiterhin einen Schwerpunkt auf die Kooperationsanbahnung mit der Ukraine legen und die bayerischen Hochschulen dabei unterstützen.

Weitere Informationen:

International Service Centre der Uni Würzburg: www.international.uni-wuerzburg.de

E-Mail: international@ uni-wuerzburg.de

Bayerisches Hochschulzentrum für Mittel-, Ost- und Südosteuropa: www.bayhost.de

Kontakt: Nikolas Djukić, Bayhost, T.: +49 941 943 5047, E-Mail: djukic@ bayhost.de