Mehr Bewegung im Kindergarten - Was bringt's: Vorstellung der Ergebnisse des PAKT Projekts

Im Rahmen der Aktion "Würzburg bewegt sich"

In dieser Veranstaltung werden die Hintergründe, Durchführung und Ergebnisse des Projekts PAKT (Prevention through activity in Kindergarten Trial) vorgestellt. Das Projekt wurde von 2007 bis 2008 in 41 Kindergärten in Würzburg und Umgebung durchgeführt.

TERMIN: Mittwoch, 18. März 2009 von 17.30 bis 19.00 Uhr

ORT: Hörsaal im Zentrum Operative Medizin, Oberdürrbacher Straße 6, 97080 Würzburg

VERANSTALTER: Kinderklinik des Universitätsklinikums Würzburg

ANSPRECHPARTNER: Prof. Dr. Helge Hebestreit, Telefon 0931/201-27728

Hintergrund

Ausreichende und vielseitige körperliche Aktivität stellt die Basis für die körperliche, geistige und seelische Entwicklung bei Kindern dar. In jüngster Zeit beklagen Experten, dass sich die körperliche Leistungsfähigkeit der Kinder gegenüber früher verschlechtert hätte. Der Anteil der Kinder mit Haltungs- und Organleistungsschwächen, Koordinationsstörungen und einer nicht altersgemäßen motorischen Entwicklung scheint bei Schulanfängern stetig zuzunehmen. Auch Probleme wie Übergewicht, zu hoher Blutdruck, ungünstige Blutfettwerte als gesundheitliche Risikofaktoren bei Kindern und Unfälle werden bereits im Kindergartenalter immer häufiger beobachtet.

Es gibt Hinweise, dass alle diese Entwicklungen zumindest zum Teil durch eine Abnahme der körperlichen Aktivität unserer Kinder bzw. zu einseitige motorische Erfahrungen zurückzuführen sind. Zwar bleibt die Forschungslage uneinheitlich, dennoch scheint die Sorge um eine gesunde körperliche Entwicklung der Kinder nicht zuletzt angesichts der veränderten Lebensbedingungen, unter denen Kinder heute aufwachsen, nicht unberechtigt.

Für das Kindergartenalter liegen kaum Untersuchungen zu den präventiven Effekten von Bewegungsprogrammen vor. Diese Altersgruppe ist jedoch für den Einsatz präventiver Maßnahmen aus mehreren Gründen besonders interessant: Zum einen haben sich Verhaltensweisen in diesem Alter noch nicht endgültig fixiert und können daher erzieherisch leichter beeinflusst werden. Zum anderen erreichen Programme, die im Kindergarten stattfinden, auch Kinder besonderer Risikogruppen, wie zum Beispiel Kinder aus niedrigen sozialen Schichten und Kinder mit Migrationshintergrund.

Zielsetzung und Ablauf der Studie

Mit dem Ziel, ein Bewegungsprogramm für Kindergärten zu entwickeln und die Effekte der Intervention auf allgemeines Bewegungsverhalten, Körperzusammensetzung, motorische Leistungsfähigkeit und Unfallprävention zu untersuchen, startete das Projekt PAKT (Prevention through Activity in Kindergarten Trial) im September 2007 mit 726 Kindern, 356 Mädchen und 370 Jungen im Alter von 3 bis 5 Jahren, aus 41 Kindergärten aus den Stadtgebieten und Landkreisen Würzburg und Kitzingen. Nur etwa 2% bzw. 4% der Kinder waren adipös bzw. übergewichtig. Das ist deutlich weniger als im deutschen Mittel.

Während der einjährigen Interventionsphase führten 21 Kindergärten als „aktive Gruppe“ ein tägliches 30-minütiges Bewegungsprogramm durch. Zur Gestaltung dieses Programms erhielten die Erzieherinnen der „aktiven Kindergärten“ wiederholte Beratungen bzw. Schulungen und eine Sammlung von etwa 300 Spiel- und Übungsformen, die nach unterschiedlichen Förderschwerpunkten und Themen gegliedert ist und neben den klassischen Spiel- und Sportgeräten auch den Einsatz von Klein- und Alltagsmaterialien vorsieht.

In ihrer Ausrichtung berücksichtigt diese Spielekartei die speziellen räumlichen und materialen Gegebenheiten von Kindergärten sowie die besonderen pädagogischdidaktischen Anforderungen, die eine Bewegungsstunde bei Vorschulkindern mit sich bringt. Darüber hinaus erhielten die Kinder in der Interventionsgruppe wöchentliche Bewegungshausaufgaben, die als illustrierte Karten Spiel- und Übungsformen nicht nur für das Kind, sondern für die ganze Familie bereit hält.

Die Eltern wurden in Informationsabenden und –flyern zu unterschiedlichen gesundheitsrelevanten Themen informiert. Die übrigen 20 Kindergärten setzten ihr bisheriges Konzept als Kontrollgruppe fort. Zu insgesamt vier Messzeitpunkten wurden die Kinder in ihren motorischen Fähigkeiten getestet.
Zusätzlich wurde das Bewegungsverhalten mittels eines Bewegungssensors, den die Kinder über sieben Tage an der Hüfte trugen, gemessen.

Das Prevention through Activity in Kindergarten Trial PAKT wurde finanziell durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung und durch die Gmünder Ersatz Kasse unterstützt.

Die Ergebnisse im Überblick

Die Rückmeldungen der Erzieherinnen in den Kindergärten der Interventionsgruppe zum Programm waren durchweg positiv. Die Eltern beobachteten bei jedem zweiten Kind eine Verbesserung der Motorik, eine größere Ausgeglichenheit, eine Steigerung der körperlichen Aktivität sowie eine bessere Gesundheit und Konzentration.

Durch die zusätzliche Bewegungszeit kam es bei den Kindern der Interventionsgruppe im Vergleich zu den Kontrollkindern zu einer Steigerung der körperlichen Aktivität. Dabei zeigten die Interventionskinder über die gesamte Wochenzeit eine höhere körperliche Aktivität als die Kinder der Kontrollgruppe. Mit anderen Worten: Die Kinder in der Interventionsgruppe glichen das Mehr an Bewegung während der „aktiven Phase im Kindergarten“ nicht an den Nachmittagen – also der freien Zeit – durch weniger Bewegung aus.

Allerdings war die körperliche Aktivität der Kinder in der Interventionsgruppe an den Nachmittagen auch nicht höher als in der Kontrollgruppe. Eine Steigerung der Gesamtaktivität konnte bisher für kein anderes Bewegungsprogramm für Kindergärten nachgewiesen werden. Eine solche Modifikation des Verhaltens spielt aber für die Frage, wie nachhaltig eine Intervention wirken kann, eine große Rolle.

Die motorischen Fähigkeiten der Kinder in der Bewegungsgruppe verbesserten sich stärker als in der Kontrollgruppe. Statistische Unterschiede waren besonders für die Tests zur Überprüfung der Sprungkoordination, der Sprungkraft und in einem Test zum statischen Gleichgewicht nachweisbar.
Drei Monate nach Beendigung der Intervention gaben die Testergebnisse Hinweis auf eine Nachhaltigkeit des Trainings: Die Kinder, die in den Bewegungskindergärten trainiert hatten, konnten ihren Vorsprung in den motorischen Leistungstests behaupten. Die verbesserten motorischen Fähigkeiten führten jedoch nicht zu einer Reduktion von Unfällen.

Die Kinder der Interventionsgruppe zeigten während des Projekts eine stärkere Abnahme der Hautfaltendicke über dem M. triceps brachii als Maß für den Körperfettanteil im Vergleich zu denen der Kontrollgruppe. Dieses Ergebnis ist aus zwei Gründen bemerkenswert, einmal weil die Effekte trotz einer insgesamt sehr schlanken Gruppe von Kindern erreicht wurden und zum anderen, weil für die untersuchte Zielgruppe von Kindergartenkindern kaum Studien existieren, die eine positive Beeinflussung der Körperzusammensetzung durch eine Bewegungsintervention erreichten.

Allein Mo-Suwan et al. (Am J Clin Nutr, 1998) konnten einen solchen Effekt im Rahmen eines Ausdauertrainings mit thailändischen Kindergartenkindern erzielen. Dass ein vergleichbarer Effekt bei Kindergartenkindern auch durch ein Bewegungsprogramm erreicht werden kann, das wie PAKT einen psycho-motorischen, ganzheitlichen Ansatz mit Schwerpunkt auf der Koordinationsförderung und damit eine kindgemäße Aktivitätsförderung auf der Basis des Spaßes an der Bewegung verfolgt, ist bislang nicht fundiert nachgewiesen worden. Das lässt auch auf eine Übertragung der Freude an der Bewegung und eine Integration in den Lebensstil der Kinder außerhalb bzw. nach der Intervention hoffen.

Eine positive Beeinflussung des BMI durch die Intervention konnte bei den insgesamt schon zu Beginn schlanken Kindern nicht beobachtet werden.

Die Ergebnisse und Erfahrungen aus dem Projekt geben einen nachhaltigen Hinweis darauf, dass eine Integration eines zusätzlichen Bewegungsprogramms im setting Kindergarten möglich ist und dieses die motorische und gesundheitliche Situation von Vorschulkindern positiv beeinflussen kann. In einem ersten Schritt werden neben den Kontrollkindergärten des PAKT-Projekts die städtischen Kindergärten in Würzburg mit den Interventionsmaterialien ausgestattet. Im Weiteren soll das Programm, u.a. mit Hilfe der Gmünder Ersatz Kasse, auch Kindergärten in anderen Regionen Deutschlands verfügbar gemacht werden.

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Pressekonferenz im Vorfeld der öffentlichen Veranstaltung

18.03.2009 um 16.00 Uhr

Seminarraum 2+3 des Zentrum Operative Medizin

Referenten:

  • Prof. Dr. Helge Hebestreit (Univ.-Kinderklinik Würzburg, Studienleiter PAKT)
  • Frau Dr. Kristina Roth (Univ.-Kinderklinik Würzburg, Studienkoordination PAKT)
  • Herr Joachim Saam (Gmünder Ersatz Kasse)