Medizinstudentinnen und -studenten der Universitäten Würzburg und Nagasaki haben seit dem Jahr 1997 die Möglichkeit, durch wechselseitige Studienaufenthalte Einblicke in die Lehr- und Lebensbedingungen auf der jeweils anderen Seite des Globus zu gewinnen. „Mit den drei Neuankömmlingen in Würzburg haben bislang pro Nation 32 junge Frauen und Männer am Austausch teilgenommen“, berichtet Prof. Christoph Reiners, Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) und hiesiger Beauftragter der Partnerschaft.
Würzburg: Breites Angebot an Gast-Kliniken und -Instituten
Die Medizinstudentin Akari Sasamura und ihre beiden Kommilitonen Shota Akenaga und Masayuki Fukumoto sind an der Universität in Nagasaki im dritten Studienjahr. In den kommenden zwei Monaten werden sie Gelegenheit haben, ein breites Spektrum an Kliniken und Instituten in Würzburg kennenzulernen, wie zum Beispiel die Kinderklinik, die Psychiatrische Klinik, das Institut für Mikrobiologie, das Institut für Immunologie, die Medizinischen Klinik I und das Deutsche Zentrum für Herzinsuffizienz. Darüber hinaus steht ihnen die im Jahr 2011 eröffnete Lehrklinik der Medizinischen Fakultät offen, wo sie an Phantomen oder mit Freiwilligen grundlegende ärztliche Tätigkeiten erlernen und üben können, wie Blutabnahme oder das Abhören von Herz und Lunge.
Würzburg: Gepflegtes Netzwerk und Top-Sehenswürdigkeiten
„Unter den diversen internationalen Partneruniversitäten Nagasakis ist Würzburg für unsere Studierenden besonders attraktiv“, betont der japanische Partnerschaftsbeauftragte Prof. Hiroki Ozawa. „Das liegt zum einen unbestreitbar an touristischen Aspekten, zum anderen aber auch an dem über die Jahre gewachsenen Netzwerk an ‚Ehemaligen‘, aus dem sehr viel Gutes über ihre Zeit in Würzburg berichtet wird.“ Die Studierenden werden in Japan wie auch in Deutschland durch die jeweils nächsten oder vorangegangenen Austauschstudenten betreut. „So entstanden und entstehen – auch unterstützt durch Social Media wie Facebook – langfristige Kontakte mit regem Interessenaustausch und zum Teil auch dauerhaften Freundschaften“, sagt Dr. Franz Kaiser, einer der Würzburger Mitorganisatoren des Partnerschaftsprogramms.
Nagasaki: geringerer Praxisbezug, intensivere Betreuung
Er selbst war im Jahr 2006 für vier Monate in Nagasaki. „Im Unterschied zu Deutschland haben die Medizinstudierenden in Japan in ihrer Ausbildung über lange Zeit sehr wenig Praxisbezug“, berichtet der heutige Assistenzarzt an der Nuklearmedizinischen Klinik des UKW. „Dafür werden sie in Gruppen von zum Teil nur drei oder vier Personen höchst intensiv durch die Professoren betreut.“
Weiterhin sehr beeindruckt hat Dr. Kaiser der direkte Kontakt zu Atombombenopfern, das sehr hohe persönliche Engagement der Ärzteschaft für ihre Patienten und die extreme Herzlichkeit der Gastgeber.
Nagasaki: Hohe Expertise bei Strahlenkrankheiten
Vom wissenschaftlich-klinischen Standpunkt aus bietet die Universität Nagasaki laut Prof. Reiners aufgrund der Atombombenexplosion im Jahr 1945 eine hohe Expertise für Strahlenkrankheiten und Leukämie. Außerdem könne sich die Hafenstadt mit einem der größten Tropenmedizinischen Institute der Welt schmücken.
Weiterführendes Partnerschaftsabkommen unterzeichnet
Die aktuell in Würzburg weilenden japanischen Studierenden wurden quasi „begleitet“ von einer Delegation unter Führung von Prof. Toshifumi Matsuyama, dem Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Nagasaki. Gemeinsam mit seinem Würzburger Counterpart, Dekan Prof. Matthias Frosch, hat Prof. Matsuyama am 13. Dezember 2011 ein neues Partnerschaftsabkommen unterzeichnet, das zum einen den jährlichen Austausch von jeweils sechs bis sieben Studentinnen und Studenten fortschreibt. Darüber hinaus wurde vereinbart, in Zukunft auch vermehrt Gastwissenschaftler in das Austauschprogramm einzubinden.
Transnationales Symposium zu Aspekten der Palliativmedizin
Die japanischen Professoren nutzten die Gelegenheit ihres Würzburgaufenthalts auch zu einem fachlichen Treffen: Im Anschluss an die Vertragsunterzeichnung tauschten sich der Neuropsychiater Prof. Hiroki Ozawa und der Psychologin Yuko Kusumoto bei einem Symposium mit Experten des UKW über psychosoziale und spirituelle Aspekte in der Palliativmedizin aus. „Dieses hochspezifische Thema verdeutlicht, auf welch vielfältigen Gebieten wir beim einem Blick aus einer anderen kulturellen Perspektive voneinander profitieren können“, freut sich Prof. Reiners.