Würzburg. Charles Darwin, Marie Curie, Albert Einstein, Emmanuelle Charpentier - sie alle waren oder sind Mitglieder der Leopoldina. Die Nationale Akademie der Wissenschaften zählt zu den ältesten und renommiertesten Wissenschaftsakademien der Welt. Als „Academia Naturae Curiosorum" 1652 in Schweinfurt gegründet, beschäftigten sich die ersten Mitglieder der „Akademie der Naturforscher“ vor allem mit medizinischen und naturwissenschaftlichen Fragen und trugen wesentlich zur wissenschaftlichen Aufklärung bei. Bis heute steht die Leopoldina für wissenschaftliche Exzellenz und interdisziplinären Austausch. Die Nominierung und Wahl zum Mitglied ist sowohl eine Anerkennung des wissenschaftlichen Lebenswerkes als auch eine Plattform, die Wissenschaftslandschaft aktiv mitzugestalten.
Über die Ehre in den Kreis der rund 1.600 Akademiemitglieder aus 30 Ländern aufgenommen worden zu sein, freut sich gerade ganz besonders Prof. Dr. Hermann Einsele, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik II des Universitätsklinikums Würzburg. „Ich freue mich sehr über diese große Anerkennung meiner bisherigen wissenschaftlichen Leistungen und darauf, mich als Mitglied aktiv in die Arbeit dieser traditionsreichen Nationalen Akademie einbringen zu können“, so der Internist und Krebsspezialist. Um ihre Stärke der Akademie zu erhalten, wählt die Leopoldina jedes Jahr in einem mehrstufigen Auswahlverfahren etwa 50 neue Mitglieder.
Verständnis der Wissenschaften in der Öffentlichkeit verbessern und fördern
Die Mitglieder sind in Fachsektionen organisiert, die wiederum vier Klassen mit den Schwerpunkten Naturwissenschaften, Lebenswissenschaften, Medizin sowie Verhaltens-, Sozial- und Geisteswissenschaften zugeordnet sind. Unabhängig von wirtschaftlichen oder politischen Interessen erarbeiten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gesellschaftlich relevante Zukunftsthemen und beraten die deutsche Politik und internationale Institutionen in wichtigen Fragen. Ihre Stellungnahmen zu Themen wie Gesundheit, Klimawandel oder Technologie haben großes Gewicht.
Bereits ein Jahr zuvor, 2023, war Hermann Einsele Mitglied der Academia Europaea geworden. Die 1988 gegründete europäische regierungsunabhängige wissenschaftliche Gesellschaft mit Sitz in London trägt mit vielfältigen Aktivitäten zur Stärkung der europäischen und internationalen Forschung bei und fördert den weltweiten Austausch von Wissen und Innovationen.
„Ken Anderson Basic and Translational Research Award“
Beim 21. International Myeloma Society Meeting in Rio de Janeiro wurde Hermann Einsele eine weitere Ehre zuteil. Er erhielt als erster Deutscher den „Ken Anderson Basic and Translational Research Award“. Der Preis wird an Forscherinnen und Forscher verliehen, die bedeutende Fortschritte im Verständnis der Biologie des Multiplen Myeloms erzielt haben und deren Arbeiten potenziell klinische Anwendungen oder innovative Behandlungsansätze beeinflussen können. Benannt ist der Preis nach Dr. Kenneth C. Anderson, einem weltweit anerkannten Hämatologen und Experten für das Multiple Myelom am Dana-Farber Cancer Institute in Boston, vergeben wird er von der International Myeloma Foundation (IMF).
An der Zulassung wichtiger Krebstherapien beteiligt
Die Expertise von Hermann Einsele liegt vor allem im Bereich der Stammzelltransplantation und der Immuntherapien bei hämatologischen Krebserkrankungen. Viele der Entwicklungen, an denen er beteiligt war, haben den klinischen Standard in der Behandlung von Blut- und Knochenmarkkrebs revolutioniert. So war er maßgeblich an der Erforschung und klinischen Entwicklung der CAR-T-Zelltherapie beteiligt, einer innovativen Immuntherapie zur Behandlung bestimmter Krebsarten, insbesondere des Multiplen Myeloms und anderer hämatologischer Malignome. Bei dieser Therapieform werden die T-Zellen der Patientinnen und Patienten genetisch so verändert, dass sie Krebszellen gezielt angreifen können. Einsele war auch führend in der Forschung zur allogenen und autologen Stammzelltransplantation, insbesondere bei der Verbesserung der Transplantationsverfahren und der Bekämpfung von Komplikationen wie Graft-versus-Host-Disease und schweren Infektionen bei immungeschwächten Patientinnen und Patienten.
Über Hermann Einsele
Hermann Einsele studierte Humanmedizin an den Universitäten Tübingen, Manchester und London. Im Jahr 1991 wurde er Facharzt für Innere Medizin, 1996 Facharzt für Hämatologie/Onkologie. Einsele habilitierte sich 1992 an der Abteilung für Hämatologie, Onkologie, Rheumatologie und Immunologie der Universität Tübingen und wurde 1999 zum außerplanmäßigen Professor ernannt. Er war Gastprofessor am City of Hope Hospital in Duarte (Kalifornien) und am Fred Hutchinson Cancer Research Center in Seattle. Im Juni 2004 wurde der gebürtige Stuttgarter auf den Lehrstuhl für Innere Medizin der Universität Würzburg berufen. Seit Dezember 2004 ist er Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik II des Universitätsklinikums Würzburg. Hermann Einsele gehörte sechs Jahre lang dem Präsidium der Julius-Maximilians-Universität (JMU) als Vizepräsident für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs an und ist in zahlreichen nationalen und internationalen Forschungsverbünden, Beiräten und Gesellschaften aktiv. Seit 2023 ist er Sprecher des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen NCT WERA.
Im Jahr 2003 erhielt Hermann Einsele den van Bekkum Award, die höchste jährliche europäische Auszeichnung für Forschung auf dem Gebiet der Stammzelltransplantation. Im Jahr 2011 wurde er zum Honorary Fellow des Royal College of Pathology in London gewählt und ein Jahr später, 2012, hielt er die Nobel Lecture Stem Cell Biology/Transplantation, Nobel Forum Karolinska Institute (Schweden). Seit 2014 ist er Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz, und seit 2017 wird er regelmäßig als ISI „Highly Cited Researcher“ in der Kategorie Klinische Medizin ausgezeichnet. 2022 erhielt Professor Einsele den renommierten Erasmus Hematology Award der Erasmus Universität Rotterdam (Niederlande) für besondere Leistungen auf dem Gebiet der Immuntherapie von Krebserkrankungen sowie den Bayerischen Verfassungsorden. 2023 wurde er in die Academia Europaea aufgenommen, ein Jahr später in die Leopoldina. Im September 2024 erhielt er als erster Deutscher den „Ken Anderson Basic and Translational Research Award“. Der Preis wird für herausragende Leistungen in der translationalen Myelomforschung verliehen.
Text: Kirstin Linkamp / UKW