Würzburg. Das Europäische CAR-T-Zell-Meeting sei ein bisschen wie „Wetten, dass?“ Top-Referenten fliegen um die halbe Welt, um ihre neuesten Daten vor einem großen Publikum zu präsentieren", sagt Prof. Dr. Michael Hudecek, der gemeinsam mit Anna Sureda von der Universität Barcelona das sechste European CAR-T Cell Meeting in Valencia leitet. Vom 15. bis 17. Februar trifft sich hier die Crème de la Crème der CAR-T-Zell-Szene. Aber auch Postdocs, Doktorandinnen und Doktoranden sowie Medizinische Technologinnen und Technologen nehmen an Europas größtem CAR-T-Zell-Meeting teil, das laut Michael Hudecek vielleicht sogar das weltweit größte auf diesem Gebiet ist. Der Inhaber des Lehrstuhls für Zelluläre Immuntherapie am Uniklinikum Würzburg (UKW) hat zum dritten Mal in Folge den Vorsitz der European Hematology Association (EHA) inne und blickt nicht nur mit Freude, sondern auch mit Stolz auf die Entwicklung der Veranstaltung, die mittlerweile einen festen Platz im Terminkalender aller CAR-T-Zell-Forschenden hat.
1300 Teilnehmende mehr als 190 Abstracts
Das Treffen liege ihm sehr am Herzen. „Vor fünf Jahren planten die EHA und die European Society for Blood and Marrow Transplantation (EBMT) unabhängig voneinander ein kleines Symposium. Hermann Einsele, Direktor der Medizinischen Klinik II am UKW, und ich waren in beiden Fachgesellschaften aktiv und haben uns dafür eingesetzt, dass die beiden Veranstaltungen zusammengelegt werden“, berichtet Michael Hudecek. Die erste Tagung im Januar 2019 in Paris war innerhalb von zwei Wochen ausgebucht. Inzwischen ist die Zahl der Teilnehmenden von 500 auf 1.300 gestiegen, davon 1.100 vor Ort, der Rest virtuell.
Die große und positive Resonanz der Tagung spiegelt sich auch in der Anzahl der eingereichten Abstracts wider. Waren es vor zwei Jahren noch ca. 90, so sind in diesem Jahr über 190 Abstracts eingegangen.
Meeting eröffnet Karriere-Chancen
Das CAR-T-Zell-Meeting sei sowohl für Klinikerinnen und Kliniker als auch für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wichtig und ideal zum Netzwerken. Hier habe man die Möglichkeit, die Menschen zu treffen, von denen man sonst nur Manuskripte lese. Man kommt mit Top-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ins Gespräch und kann Kontakte für ein Postdoc oder ein Praktikum im Ausland knüpfen. Allein vom UKW reisen mehr als 20 Personen nach Valencia.
Hochkarätige Beiträge aus dem UKW
Privatdozentin Dr. Sophia Danhof stellt beispielsweise die neuesten Ergebnisse der Caramba-Studie vor. Ziel der Studie ist es, die SLAMF7-CAR-T-Zelltherapie bei Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenem Multiplen Myelom, bei denen konventionelle Therapien dieser bösartigen Erkrankung der Plasmazellen im Knochenmark ausgeschöpft sind, in die klinische Anwendung zu überführen. Dr. Karl Petri berichtet über die neuesten Verfahren der Gen-Editierung. Und Prof. Dr. Hermann Einsele hält einen Vortrag über CAR-T-Zellen beim Multiplen Myelom. Weitere wichtige Tagungsthemen sind CAR-T-Zelltherapien bei soliden Tumoren und Autoimmunerkrankungen. Hier gibt es zum Beispiel neueste Daten zur Wirksamkeit von CAR-T-Zellen gerade bei schwer verlaufenden Autoimmunerkrankungen. Darüber hinaus werden klinische Fallbeispiele präsentiert, unter anderem von Dr. Lukas Scheller zu einem Patienten mit Multiplen Myelom. Von den clinical cases können vor allem junge Klinikerinnen und Kliniker lernen, wie die Therapien eingesetzt werden und wie man mit Nebenwirkungen umgeht.
EU-Projekte AIDPATH und T2EVOLVE
Schließlich werden verschiedene EU-Projekte vorgestellt. Dr. Carmen Sanges und Prof. Dr. Maik Luu werden über T2EVOLVE und AIDPATH berichten. Das Akronym AIDPATH steht für “AI powered, Decentralized Production for Advanced Therapies in the Hospital”. Das EU-Projekt zielt darauf ab, mittels künstlicher Intelligenz eine zielgerichtete und patientenindividuelle CAR-T-Zelltherapie direkt am Ort der Behandlung herzustellen. T2EVOLVE ist ein vom UKW und dem Pharmaunternehmen Servier geleitetes Konsortium mit 27 Partnern aus neun europäischen Ländern. Die Allianz hat sich zum Ziel gesetzt, die Entwicklung der CAR-T-Zelltherapie zu beschleunigen und den Zugang von Krebspatientinnen und Krebspatienten zur Behandlung mit reprogrammierten Immunzellen zu verbessern.
Patientinnen und Patienten erhalten eigenes Forum
Ein zentrales Merkmal des im EU-Projekt T2EVOLVE verfolgten Ansatzes ist die Einbeziehung von Patientinnen und Patienten als mitwirkende Teammitglieder. Auch in Valencia werden die Patientinnen und Patienten ein eigenes Forum haben. Das sei ein wichtiger Aspekt des Meetings, sagt Hudecek. „Wir haben zum Beispiel eine Umfrage unter Menschen gemacht, die eine CAR-T-Zelltherapie bekommen haben. Wir wollten zum Beispiel wissen, was gut lief, wie die Betreuung war, was verbessert werden könnte.“
Translation muss in Europa noch schneller werden
„Schließlich geht es bei unserem Treffen auch um die Frage, wie sich die verschiedenen europäischen Initiativen noch besser austauschen und vernetzen können. Dazu haben wir eine Podiumsdiskussion organisiert. „Es gibt viele gute Ideen und wichtige Innovationen in Europa. Und in der Wissenschaft sind wir absolut vorne dabei. Wir müssen nur sehen, dass wir unsere Erkenntnisse schneller in die Klinik und auf den Markt bringen.“ In den USA geht die Translation oft schneller, so dass sie rascher und einfacher publizieren und Proof of Concepts entwickeln können, die wiederum Investoren anlocken. Doch jetzt steht erstmal Europa zwei Tage lang im Fokus der weltweiten Forschung und Behandlung mit CAR-T-Zellen.
Zur Webseite des 6th European CAR T-cell Meeting: https://ehaweb.org/meetings/cart6/
Zur CAR-T-Zelltherapie und Prof. Dr. Michael Hudecek:
Bei der zellulären Immuntherapie wird den weißen Blutkörperchen unseres Immunsystems, den T-Zellen, auf die Sprünge geholfen. Dazu werden die T-Zellen gentechnologisch verändert und im Labor mit einem künstlichen auf die entsprechende Krebsart zugeschnittenen Rezeptor ausgestattet, dem Chimären Antigen Rezeptor, kurz CAR. Anschließend werden die „scharf gestellten“ T-Zellen als lebendes Medikament der Patientin oder dem Patienten zurückgegeben. Mithilfe des spezifischen Oberflächenmarkers können die CAR-T-Zellen die Tumorzellen im Körper aufspüren und zerstören.
Prof. Dr. Michael Hudecek, Leiter des Lehrstuhls für Zelluläre Immuntherapie am UKW zählt zu den weltweit führenden Wissenschaftlern für CAR-T-Zelltherapien und liefert mit seinem Team ein regelrechtes Feuerwerk an neuen Produkten, die sie sowohl von Grund auf entwickeln als auch in die klinische Anwendung bringen.
Gemeinsam haben sie sich zur Aufgabe gemacht neue Zielmoleküle auf Krebszellen zu identifizieren und zu validieren, die CARs entsprechend maßzuschneidern und für Krebspatientinnen und -patienten zugänglich zu machen sowie die Wirksamkeit bereits etablierter CARs weiter zu erhöhen.