Würzburg. Die COVIDOM-Studie hat gezeigt, dass dem Entzündungssturm einer akuten COVID-19-Erkrankung häufig das Post-COVID-Syndrom (PCS) folgt. Das PCS umfasst eine Vielzahl von Symptomen, die die Betroffenen im Alltag zum Teil stark einschränken. Typisch sind chronische Erschöpfung bis hin zur Myalgischen Enzephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrome (ME/CFS) sowie Konzentrationsstörungen (Brain Fog), Atemnot und eingeschränkte Leistungsfähigkeit auch nach mildem Verlauf. Diese Beschwerden können Wochen bis Monate anhalten und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Weitere häufige Symptome wie Muskelschmerzen und Schlafstörungen führen in der Folge oft zu einer starken psychischen Belastung. Die Vielzahl und Überlappung der Symptome erschweren die Diagnose und die Abgrenzung zu anderen Syndromen.
Post-COVID verstehen: Ziele der Studie COVIDOM+
In der Folgestudie COVIDOM+ wollen die Universitätskliniken Kiel, Berlin und Würzburg nun die langfristigen gesundheitlichen Folgen einer SARS-CoV-2-Infektion, insbesondere das PCS, untersuchen. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) fördert COVIDOM+ mit insgesamt 4,9 Millionen Euro für die Projektjahre 2025 und 2026. Damit knüpft COVIDOM+ nahtlos an COVIDOM an, das als populations-basierte Plattform im Rahmen des Nationalen Pandemie-Kohorten-Netzwerks (NAPKON) über das Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wurde.
Die bereits etablierte bevölkerungsbasierte COVIDOM-Kohorte umfasst 3.634 mit SARS-CoV-2 infizierte Personen, die in den Regionen Schleswig-Holstein, Unterfranken und Berlin-Neukölln mit Hilfe der lokalen Gesundheitsämter rekrutiert wurden.
Score zur Einschätzung des Schweregrads des PCS
„Das COVIDOM-Projekt lieferte kontinuierlich neue und wichtige Erkenntnisse: Wir kennen jetzt die Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines Post-Covidom-Syndroms bestimmen; ein Score zur Einschätzung des Schweregrads des PCS ist in die Routine eingeführt und die Rolle von depressiver Verstimmung und Fatigue ist genau charakterisiert. Diese Forschungsergebnisse helfen uns direkt, die Versorgung dieser wichtigen Patientengruppe zu verbessern“, sagt Prof. Dr. Stefan Störk, der am Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz (DZHI) die Forschungsprofessur Klinische Forschung und Epidemiologie innehat. Gemeinsam mit Prof. Dr. Peter Heuschmann, Vorstand des Instituts für Klinische Epidemiologie und Biometrie (IKE-B), leitet Stefan Störk auf dem Gelände des Uniklinikums Würzburg die gemeinsame klinisch epidemiologische Untersuchungsstraße am DZHI, in der neben COVIDOM auch andere Studien, wie STAAB und STAAB-COVID durchgeführt werden.
Würzburger STAAB-Studienteilnehmende sind wertvolle Kontrollgruppe
„Schon während der Pandemie haben wir in Würzburg bedeutende Strukturen auf- und ausgebaut, die jetzt für die Analyse spezifischer Langzeitfolgen sehr hilfreich sind. So wurden alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der STAAB-Studie, einer populationsbasierten Studie zu frühen Stadien der Herzinsuffizienz, zur STAAB-COVID-Studie eingeladen. Viele von ihnen hatten zum Zeitpunkt des Studieneinschlusses noch keine COVID-Infektion, so dass sie als wertvolle Kontrollgruppe für die Unterscheidung zu COVID- und Pandemie-spezifischen Verläufen dienen“, erklärt Peter Heuschmann.
Neue Erkenntnisse für die Entwicklung klinischer Leitlinien
„Die Nachfolgestudie COVIDOM+ soll uns helfen, die Häufigkeit, Schwere und Langzeitfolgen des Post-COVID-Syndroms besser zu verstehen. Wir wollen herausfinden, wie Infektionszeitpunkt, Impfstatus und Krankheitsverlauf, aber auch bestehende Vorerkrankungen die Entwicklung von PCS beeinflussen und dabei unterschiedliche Ausprägungen, sogenannte Phänotypen, erkennen und diese von anderen postinfektiösen Erkrankungen wie dem chronischen Erschöpfungssyndrom abgrenzen“, erklärt Prof. Dr. Jan Heyckendorf, Direktor der Klinik für Innere Medizin I des UKSH, Campus Kiel, und Projektleiter von COVIDOM+. „Die gewonnenen Erkenntnisse sollen zur Entwicklung klinischer Leitlinien beitragen und die Versorgung der Betroffenen durch präzisere Diagnose- und Behandlungskonzepte verbessern“, ergänzt PD Dr. Thomas Bahmer, Co-Studienleiter von COVIDOM+.
Für eine präzise Langzeitbeobachtung umfasst die Studie mehrere Nachuntersuchungen, die im jährlichen Abstand nach dem ersten Untersuchungstermin stattfinden. Hierüber können Veränderungen bezüglich des Verlaufs des Post-COVID-Syndroms (PCS) systematisch dokumentiert werden. Dazu werden umfassende Gesundheitsdaten und biologische Proben wie Blut, Speichel und Stuhl archiviert, die eine detaillierte molekulare und klinische Analyse der Auswirkungen von PCS ermöglichen.
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