Hinter ihnen liegen über sechs Jahre Studium mit enormem Lernpensum: 140 frisch gebackene Ärztinnen und Ärzte, die am Samstag in ihr Berufsleben entlassen wurden. Neben den ehemaligen Studenten wurden auf der Examensfeier auch zwei Dozenten für ihre herausragende Lehre ausgezeichnet.
Die Neubaukirche ist bis auf den letzten Platz besetzt. Festlich gekleidete Eltern, Kinder, Freunde, Lehrende und natürlich Absolventen sind zusammen gekommen, um zu feiern. „Dass Sie nun einen unglaublich erfüllenden und bestimmt den besten Beruf“ ausüben können, wie Lehrpreisträger Dr. Richard Wagner es formulierte. „Dass wir es ins offene Meer des Berufslebens geschafft haben, nachdem wir im Fluss des Medizinstudiums einige Stromschnellen meistern konnten“ – so freuten sich die studentischen Vertreterinnen. „Und dass die Kinder jetzt ihre Anschaffungen und Urlaube selbst bezahlen können“, sagte Studiendekan Professor Jürgen Deckert, begleitet vom Gelächter der Eltern.
Bundesweit zweitbestes Gesamtergebnis
Im bundesweiten Vergleich erreichte das diesjährige Medizin-Examenssemester aus Würzburg sogar das zweitbeste Gesamtergebnis. Den „großen theoretischen Wissenszuwachs“ durch das Studium würdigten so auch Friederike Hittler und Johanna Walthelm im Namen ihrer Kommilitonen. Selbstsicherheit, Gelassenheit und Toleranz - dies seien für Ärzte wichtige Eigenschaften, die in der Ausbildung vermittelt wurden.
Doch die beiden schlugen auch kritische Töne an: durch zu detailliertes Auswendiglernen sei häufig der Gesamtüberblick verloren gegangen. Defizite im System, die aber durch das Engagement einiger Dozenten aufgewogen wurden. Persönlichkeiten wie die Lehrpreisträger, „Vorbilder“, so Walthelm und Hittler, „die es in einem so langen Studium braucht. Gute Lehrer, die motivierten, Spaß am Beruf und menschliche Qualitäten besitzen, die uns mit Begeisterung ihr Wissen vermittelt haben.“
Stimmiges Ausbildungskonzept
Seit Herbst 2003 belohnt die Medizinische Fakultät herausragende Lehre mit dem Albert-Kölliker-Preis. Der nach dem berühmten Würzburger Anatomieprofessor benannte „Lehroskar“ ist mit 10.000 Euro dotiert. Das Geld fließt zurück in die Lehre. Die diesjährigen Preisträger waren von Studenten und Professoren vorgeschlagen worden, da sie sich bei der Betreuung der angehenden Ärzte im Praktischen Jahr besonders hervorgetan hatten.
Studiendekan Deckert betonte in seiner Laudatio das „umfassende und stimmige Ausbildungskonzept“. Beide Preisträger kommen aus der Chirurgie. Privatdozent Dr. Dr. Ulrich Dietz ist Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral-, Gefäß- und Kinderchirurgie. Er erhielt den Preis zusammen mit seinem Kollegen Dr. Richard Wagner, der als Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Unfall-, Hand-, Plastische und Wiederherstellungschirurgie arbeitet.
„Ganz wunderbare Wesen“
Seit 2000 lehrt Dietz in Würzburg, zuvor arbeitete und dozierte er in Brasilien. „Diese Auszeichnung ermutigt mich, den einzelnen Studierenden gerade in den Praktika und Übungskursen persönlich zu begegnen und individuell auf sie einzugehen“. Den Absolventen zollte er in seinem Festvortrag besonderen Respekt, da sie „dieses Studium, trotz zunehmendem Zeit- und Leistungsdruck, mit Verantwortung und unbeirrt abgeschlossen haben“.
Mit seinem Preisgeld würde er deshalb gern ermöglichen, dass zwei Studierende eine „neue, postmoderne“ Form der Krankenversorgung kennen lernen: Bei einem berühmten Chirurgen in den USA, der in seine medizinische Entscheidungsfindung das gesamte Umfeld des Patienten einbindet.
Kollege Richard Wagner ist schon seit 1989 in Würzburg tätig. In seiner Rede ärgerte er sich über die zunehmende Aufblähung administrativer Strukturen auch im Krankenhaus – die immer weniger Zeit für den einzelnen Patienten ließen. Er lobte die Eltern, die „das felsenfeste Fundament geformt haben, auf dem diese Kinder nun stehen. Angehende Ärzte, die Kreativität, Fleiß und Charakterstärke zeigen, kurz: ganz wunderbare Wesen.“
Auszeichnung für besonderes studentisches Engagement
Über den Preis freute sich auch Wagner „wahnsinnig“ und so soll weiterhin dieses Bild bestehen bleiben: Eine ganze Reihe interessierter PJ-Studenten, „die ich in meinem Schlepptau zu interessanten Fällen führe“, wo sie den Ausführungen des Oberarztes lauschen. Auch besonderes studentisches Engagement wurde bei der Examensfeier geehrt: Sebastian Wurster für den ausgezeichneten Abschluss des Begleitstudiengangs experimentelle Medizin; Linda Gawlik und Susanne Potschka für ihre langjährige Arbeit in der Fachschaft.
Mit einem flotten Stück von Astor Piazolla ging die Abschlussfeier dann zu Ende. Auf der Bühne in der Neubaukirche standen 140 Absolventen. Trotz der Anstrengungen der letzten Jahre sind sie weiter voller Tatendrang. Ab jetzt als 140 verantwortliche Entscheidungsträger, die frisch gebackenen Ärztinnen und Ärzte der Uni Würzburg.
Judith Dauwalter
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