Würzburg. Mukoviszidose ist eine schwere, noch nicht heilbare Erbkrankheit, die die Lebenserwartung meist deutlich reduziert. Durch einen Defekt in den Zellen der Schleimhäute dickt dabei das Sekret in den Atemwegen ein. Außerdem blockiert zähes Sekret die Ausführungsgänge zum Beispiel von Leber und Bauchspeicheldrüse und beeinträchtigt damit die Organfunktionen. Die bestmögliche Behandlung der Multiorganerkrankung erfordert viel Erfahrung und ein multiprofessionelles Team.
Spezialisierte Einrichtung günstig für den Krankheitsverlauf
„Menschen mit Mukoviszidose sollen in spezialisierten Einrichtungen betreut werden, da sich dies günstig auf den Krankheitsverlauf auswirkt“, sagt Prof. Dr. Helge Hebestreit. Der Leiter der Pädiatrischen Pneumologie des Uniklinikums Würzburg (UKW) führt mit dem Christiane Herzog-Zentrum Würzburg eine solche Einrichtung. Dr. Alexandra Hebestreit, die das 1998 gestartete Zentrum mit aufgebaut hat, ergänzt: „In der medizinischen Betreuung der Betroffenen steht aktuell vor allem die fortschreitende Lungenerkrankung mit zwischenzeitlichen Lungenentzündungen im Vordergrund. Die Behandlung der Atemwege erfordert eine intensive, zeitaufwändige Therapie, beispielsweise mit Inhalationen, Atemgymnastik, Sport und Antibiotika. Hinzu kommen häufige Krankenhausaufenthalte.“ Außerdem sei eine psychosoziale Betreuung der Betroffenen und ihrer Angehörigen besonders wichtig, um unter den gegebenen Belastungen mit der Krankheit leben zu lernen, eine möglichst intakte Familienstruktur zu erhalten sowie eine gute schulische und berufliche Integration zu ermöglichen. Der medizinische Fortschritt und die Zentrumsversorgung führten zudem zu einer zunehmenden Zahl Erwachsener mit Mukoviszidose, die selber Familien gründen.
Große finanzielle Unterstützung durch Christiane Herzog
Ab dem Jahr 1981 gab es am UKW eine Spezialsprechstunde für Mukoviszidose-Patientinnen und -Patienten. 1998 konnten durch die große finanzielle Unterstützung von Christiane Herzog neue Personalstellen für die Mukoviszidose-Versorgung geschaffen werden und das nach ihr benannte Würzburger Zentrum entstand. Christiane Herzog (1936 – 2000) war die Ehefrau des von 1994 bis 1999 amtierenden deutschen Bundespräsidenten Roman Herzog, die sich auf vielfältige Weise für Mukoviszidose-Kranke einsetzte.
Bedeutende Fortschritte seit der Gründung
Seit der Gründung des Zentrums gab es eine Reihe von wichtigen medizinischen Fortschritten, wie das Neugeborenen-Screening auf Mukoviszidose und die Entwicklung hoch wirksamer mutationsspezifischer Medikamente, die den Krankheitsverlauf bei vielen Betroffenen positiv beeinflussen können. Derzeit betreut das Zentrum pro Jahr rund 170 Menschen mit Mukoviszidose. Damit hat sich die Patientenzahl in den vergangenen 25 Jahren mehr als vervierfacht. Das Altersspektrum reicht vom Säugling bis zu fast 60-Jährigen. Unter den Betreuten finden sich seit dem Kriegsausbruch 2022 auch fünf Kinder und Jugendliche aus der Ukraine. Die Würzburger Einrichtung hat damit deutschlandweit mit die größte Anzahl an Mukoviszidose-Erkrankten aus diesem Land aufgenommen. Das Christiane Herzog-Zentrum Würzburg ist zertifiziert und Teil des Europäischen Referenznetzwerks für seltene Lungenerkrankungen ERN-LUNG. Ziel der Referenznetzwerke ist es, das Expertenwissen und die Ressourcen bei komplexen oder seltenen Krankheiten zu bündeln, um so die Diagnosefindung und Behandlung der Betroffenen zu verbessern.
Geschätzter Partner der Selbsthilfe
Ferner kooperieren Prof. Hebestreit und sein Team eng mit der Selbsthilfe, namentlich mit der Regionalgruppe Unterfranken im Mukoviszidose e.V. Deren Leiterin Rosalie Keller lobt anlässlich des Jubiläums: „Die jährlich angebotenen Fortbildungen für die Patientinnen und Patienten sowie deren Angehörige sind vorbildhaft. Gemeinsam konnten wir beispielsweise mehrere ‚Neudiagnoseseminare‘ durchführen, um die Eltern von neugeborenen Kindern mit Mukoviszidose aufzuklären und in den Therapiealltag einzuführen. Wir sind sehr erfreut, ein solch kompetentes Ärzteteam vor Ort zu haben.“
Auch in Zukunft hochrelevant
Zusammenfassend zeigt sich Prof. Hebestreit mit den Erfolgen seit 1998 sehr zufrieden. Gleichzeitig bleiben nach seinen Worten auch für die kommenden Jahre noch viele zu lösende Herausforderungen. „Zum einen wirken die bislang entwickelten Arzneimittel mutationsabhängig nur bei einem Teil der Betroffenen. Zum anderen führen unsere Behandlungserfolge zu neuen Problemen: Viele Patientinnen und Patienten erreichen heute ein höheres Lebensalter, womit jedoch ein erhöhtes Risiko für Krebs sowie Herz- und Gefäßerkrankungen verbunden ist“, bedauert Hebestreit. Die besonderen Leistungen des Christiane Herzog-Zentrums Würzburg werden demnach auch in Zukunft hochrelevant sein.