Würzburg. Seit dem Jahr 2017 verfolgt unter dem Namen „Forschung hilft“ eine Stiftung zur Förderung der Krebsforschung an der Würzburger Julius-Maximilians-Universität (JMU) das Ziel, Geld zusammenzutragen und damit innovative wissenschaftliche Projekte zu unterstützen. Die Ausschüttung und Verteilung der finanziellen Mittel erfolgt in etwa jährlichem Abstand über Förderpreise in gestaffelter Höhe. Am 24. Oktober 2022 war wieder „Zahltag“: Sechs Würzburger Forschergruppen, die mit neuen Ideen die Behandlung von Krebspatientinnen und -patienten verbessern wollen, erhielten Preisgelder von in Summe 90.000 Euro.
Das Zusammenspiel von Tumoren, Immunsystem und Immuntherapien aufklären
So gingen 20.000 Euro an das Forschungsteam um Dr. Sophia Danhof von der Medizinischen Klinik und Poliklinik II (Med II) des Uniklinikums Würzburg (UKW). Im preiswürdigen Projekt arbeitet dieses an einem neuartigen Mausmodell, mit dessen Hilfe das Zusammenspiel von Tumorerkrankung, Immunsystem und zellulären Immuntherapien noch besser verstanden werden soll. Auf dieser Basis können dann maßgeschneiderte, hochwirksame und nebenwirkungsarme Immuntherapeutika für spätere klinische Studien hergestellt werden, so die Hoffnung der Wissenschaftlerin sowie ihrer Kolleginnen und Kollegen.
Mit Designer-T-Zellen und Darmbakterien gegen Krebs
Ausgangspunkt des Forschungsvorhabens der Arbeitsgruppe von Dr. Maik Luu von der Med II ist die Entdeckung, dass Stoffwechselprodukte von Darmbakterien (Mikrobiom) die Aktivität von gentechnisch veränderten Immunzellen (CAR-T-Zellen) steigern und somit die Effizienz von Krebstherapien positiv beeinflussen können. Darauf aufbauen wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine neue, wirkungsvolle Mikrobiom-CAR-T-Zell-Therapie entwickeln, die sich gegen eine Vielzahl verschiedener Krebsarten – auch solide Tumore – einsetzen lässt. Die Stiftung fördert diesen Plan mit 17.500 Euro.
Wie wirken neue Immuntherapien bei Hochrisiko-Myelomzellen?
Das Multiple Myelom ist eine bösartige Untergruppe des Lymphknotenkrebses. Die Erkrankung verläuft individuell sehr unterschiedlich und umfasst langsam schwelende, wie auch aggressive Verläufe. Patientinnen und Patienten mit Hochrisikogenetik haben eine Lebenserwartung von weniger als zwei Jahren. Es besteht die Hoffnung, dass neue, hochwirksame Immuntherapien bei dieser Gruppe Langzeitremissionen erzielen können. Die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Martin Kortüm an der Med II verfügt über Zellmodelle, welche die Hochrisiko-Myelomzellen nachbilden. An diesen Modellen sollen aktuelle Immuntherapien, insbesondere CAR-T Zell-Therapien – getestet werden. Das Projekt erhält einen Förderpreis von 15.000 Euro.
Die Lebensqualität unter CAR-T-Zell-Therapie erhöhen
Die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Imad Maatouk von der Med II will innovative, digitale Unterstützungsansätze für Patientinnen und Patienten, die eine CAR-T-Zell-Therapie erhalten, entwickeln und erproben. Durch das Screeningtool, mit dem die Betroffenen unter anderem selbst Frühsymptome dokumentieren können, sollen eventuelle Nebenwirkungen systematisch und früh erkannt werden. Darüber hinaus sollen Informationen zur Therapie und Angebote zum Umgang mit Belastungen integriert werden, um die Lebensqualität der Erkrankten zu fördern. Dem Stiftungsrat war diese Aussicht eine Förderung von 15.000 Euro wert.
Kindliche Nebennierentumore analysieren
Das Team von Prof. Dr. Verena Wiegering von der Kinderklinik und Poliklinik des UKW rückt in einem Forschungsvorhaben kindliche Nebennierentumore, so genannte Adrenokortikale Karzinome (ACC), in den Fokus. Das Wissen über die bei Kindern glücklicherweise sehr seltene Erkrankung ist derzeit noch unzureichend. Mit genetischen Untersuchungen von entsprechenden Tumorproben wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das Verständnis um die Tumorentität grundlegend verbessern und langfristig neue, auf diese Altersgruppe zielgerichtete, diagnostische und therapeutische Optionen entwickeln. „Forschung hilft“ fördert das Vorhaben mit 12.500 Euro.
KI verbessert Darmkrebsvorsorge
InExEn steht für Interventionelle und Experimentelle Edoskopie und ist der Name eines interprofessionellen Teams unter Leitung von Privatdozent Dr. Alexander Hann an der Med II. Dieses arbeitet an einer Künstlichen Intelligenz (KI), mit deren Hilfe bei Darmkrebsvorsorgeuntersuchungen die Polypengröße objektiv bestimmt werden kann. Die genaue Angabe der Polypengröße spielt eine entscheidende Rolle, denn je größer der Polyp, desto höher ist das Risiko einer bösartigen Entartung. Hierfür wurde eine Förderung von 10.000 Euro vergeben.
Anerkennung, Motivation und Rückenwind
Wie in den vergangenen Jahren, hatte auch diesmal ein aus externen, nicht am UKW oder an der JMU beschäftigten Beraterinnen und Beratern zusammengesetzter wissenschaftlicher Beirat die Federführung bei der Vergabe der Mittel. „Getragen von hochengagierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, denen wir ein exzellentes Forschungsumfeld bieten können, hat sich die Würzburger Universitätsmedizin auf nationaler und internationaler Ebene einen hervorragenden Ruf als Kompetenzzentrum für die Krebsforschung erarbeitet. Unsere Preise sind zum einen Anerkennung für bereits Geleistetes und Motivation für neue Taten. Zum anderen können die zur Verfügung gestellten Mittel genau in Schlüsselmomenten der Projekte für den nötigen Rückenwind sorgen“, erläutert Prof. Dr. Matthias Frosch, Dekan der Medizinischen Fakultät der JMU und Mitglied des Stiftungsrats von „Forschung hilft“, die Bedeutung der Förderung für die Empfängerinnen und Empfänger.
Kontinuierliche Förderung – auch in schwierigen Zeiten
„Inklusive der diesjährigen Preise haben wir seit der Gründung der Stiftung insgesamt fast 448.000 Euro ausgeschüttet. Dabei wurden bislang 30 Projekte gefördert“, bilanziert Gabriele Nelkenstock, die Vorsitzende des Stiftungsrats. Dies sei umso beachtlicher, als das Spendenaufkommen seit Beginn der Corona-Pandemie deutlich gesunken sei. „Auch wenn Covid-19, der Ukraine-Krieg und die Sorge um die Energieversorgung die Welt derzeit in Atem halten und die Schlagzeilen bestimmen – der Kampf gegen Krebs ist und bleibt eine der großen Herausforderungen unserer Gesellschaft. Deshalb zählen wir auch in schwierigen Zeiten auf Unternehmensspenden und die Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger in ganz Deutschland“, betont Nelkenstock. Gerade das letztgenannte Bürgerengagement ist einer der Grundpfeiler der Stiftung. „Vor dem Hintergrund, dass statistisch gesehen aktuell jede und jeder Zweite in Deutschland damit rechnen muss, im Lauf des Lebens an Krebs zu erkranken, ist eine Spende für die Krebsforschung auch eine Investition in die gesundheitliche Zukunft – für einen selbst, wie auch für Angehörige, Freunde und Bekannte“, verdeutlicht Prof. Dr. Hermann Einsele, Direktor der Medizinischen Klinik II des UKW und Mitglied des Stiftungsrats.
Trauer um Ehrenpräsidentin Barbara Stamm
Ein herber Verlust für die Stiftung ist der Tod ihrer Ehrenpräsidentin Barbara Stamm am 5. Oktober 2022. „Mit Barbara Stamm, bayerische Landtagspräsidentin a.D., haben wir eine unermüdliche Mitstreiterin im Kampf gegen Krebs verloren. Ihr herausragender Einsatz verdient unsere höchstes Anerkennung. Wir werden sie stets in dankbarer Erinnerung behalten“, unterstreicht Gabriele Nelkenstock.
Stabhochsprung-Weltmeiser Tim Lobinger Schirmherr des Förderpreises 2022
Als Schirmherrn der Förderpreisvergabe 2022 konnte „Forschung hilft“ Tim Lobinger gewinnen. Bei dem Weltmeister im Stabhochsprung von 2003 wurde im Jahr 2017 ein Multiples Myelom diagnostiziert. Nach zwischenzeitlichen Chemotherapien und einer Stammzelltransplantation ist er derzeit erneut am UKW in Behandlung. Bezugnehmend auf die bei mehreren der preiswürdigen Projekte thematisierten Immuntherapie kommentiert der ehemalige Spitzensportler: „Die Kraft des Körpers zu nutzen und das eigene Immunsystem so zu instrumentalisieren, dass es eine wirksame Waffe gegen Krebs ist, ist jede Unterstützung wert und ein großartiges Ziel. Der Körper ist und bleibt ein Wunder. Hier medizinische Ansätze zu finden, ist faszinierend und zugleich wegweisend für viele Betroffene und mich selbst.“
Wölfe und Kickers als Unterstützer der Stiftung
Die Stiftung erfährt auch aus der Würzburger Sportwelt massive Unterstützung. Von den Anfängen in 2017 dabei sind die Wölfe Würzburg, damals noch als DJK Rimpar Wölfe. Von den Handballern der 2. Bundesliga tragen aktuell die Rückraumspieler Lukas Böhm und Julius Rose die Botschaften von „Forschung hilft“ als Testimonials nach außen. „Wir teilen die Vision der Stiftung, dass allen geholfen werden kann, die an Krebs erkranken. Deshalb machen wir uns für die Krebsforschung in Würzburg stark – und das mit langem Atem", erläutert Roland Sauer, der Geschäftsführer der Würzburg Wölfe.
Seit diesem Jahr gehört auch der FC Würzburger Kickers zu den Kooperationspartnern der Stiftung. Mit den Torwarten Marc Richter und Vincent Friedsam aus der I. Mannschaft stellt der Fußball-Regionalligist zwei Testimonials für „Forschung hilft“. Matthis Frankenstein, Leiter Marketing & Kommunikation des FC Würzburger Kickers, begründet dieses Engagement so: „Krebs ist eine sehr heimtückische Krankheit, die jeden von uns treffen kann. Daher geht uns das Thema alle an. Es ist sehr wichtig den Krebs früh zu erkennen, damit man ihn bestmöglich besiegen kann. Wir möchten als Verein dazu beitragen, die hervorragende Arbeit der Würzburger Universitätsmedizin zu unterstützen und Spendengelder für die Forschung zu generieren.“
Wer die Stiftung „Forschung hilft“ weiter voranbringen will, kann eine Spende auf folgendes Konto überweisen:
Stiftergemeinschaft der Sparkasse Mainfranken Würzburg
IBAN DE19 7905 0000 0000 0655 65
BIC: BYLADEM1SWU
Statements der Förderpreisträgerinnen und -preisträger
„Wir danken der Stiftung ‚Forschung hilft‘ für die großartige Unterstützung. Durch die Anschubfinanzierung für die molekulargenetische Charakterisierung der kindlichen Nebennierenkarzinome wird ein wichtiger Grundstein für ein verbessertes Verständnis dieser seltenen Erkrankung gelegt. Langfristig erhoffen wir dadurch neue Therapieansätze ableiten zu können.“
Prof. Dr. Verena Wiegering, Kinderklinik und Poliklinik des Uniklinikums Würzburg, Schwerpunkt Kinder-Hämatologie und -Onkologie
„Als eine sehr junge Arbeitsgruppe ist es uns ein zentrales Anliegen, bei der Behandlung von Krebserkrankungen noch besser zu werden und mit Gewissheit sagen zu können: Wir haben alles Menschenmögliche im Kampf gegen diese Erkrankung gegeben! Daher möchten wir uns bei der Stiftung ‚Forschung hilft‘ sowie jedem einzelnen Beitragenden für diese großartige Unterstützung und Anerkennung bedanken!“
Dr. Sophia Danhof, Medizinische Klinik und Poliklinik II des Uniklinikums Würzburg
„Wir freuen uns über die Auszeichnung und sind der Stiftung ‚Forschung hilft‘ sehr dankbar für die erhaltene Förderung. Diese hilft uns sehr in unseren Bemühungen, Krebserkrankungen wie das Multiple Myelom besser zu verstehen und besser behandeln zu können. Herauszustellen ist, dass die Stiftung auch in aktuell schwierigem Umfeld ihre Förderung aufrechterhält und weiter sichtbar dazu beiträgt, dass innovative Projektideen in der Krebsforschung am UKW umgesetzt werden können.“
Prof. Dr. Martin Kortüm, Medizinische Klinik und Poliklinik II des Uniklinikums Würzburg
„Dank der Förderung durch die Stiftung ist es uns möglich, neue Ideen in die Tat umzusetzen, für die es vorher keine Finanzierung gab. Mit der Unterstützung können wir nun Aspekte gezielt vertiefen, um die Wirkweise mikrobieller Stoffwechselprodukte auf therapeutische Immunzellen besser zu verstehen. ‚Forschung hilft‘ eröffnet uns gleichzeitig die Chance der Etablierung unseres Nachwuchsteams, für die wir uns bei allen Beteiligten herzlich bedanken."
Dr. Maik Luu, Medizinische Klinik und Poliklinik II des Uniklinikums Würzburg
„Wir danken der Stiftung ‚Forschung hilft‘ für dieses Engagement und die Unterstützung unseres Projekts. Es ist großartig, dass es uns dadurch möglich ist, zu einem frühen Zeitpunkt eine Intervention zur Förderung von Patientinnen- und Patienten-Empowerment und Lebensqualität in einem wissenschaftlichen Rahmen entwickeln und evaluieren zu können. Uns ist es ein zentrales Anliegen, dass weiterhin die Patientin bzw. der Patient als Mensch im Mittelpunkt der Hochleistungsmedizin steht. Der Förderpreis befördert die Umsetzung dieses wichtigen Vorhabens in hohem Maße.“
Prof. Dr. Imad Maatouk, Medizinische Klinik und Poliklinik II des Uniklinikums Würzburg