Was allgemein Blutvergiftung genannt wird, sei letztlich der lebensbedrohliche Verlauf einer Infektion, so Prof. Dr. Patrick Meybohm, Direktor der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie: „Jede Infektion, die irgendwo im Körper stattfindet, aktiviert unser Immunsystem, das grundsätzlich als kraftvolle Abwehr gegen Bakterien, Pilze, Viren und Parasiten agiert.“
Ganzer Körper reagiert
Wird die Infektion jedoch komplexer und geraten die Reaktionen des Immunsystems zu stark – die Medizin spricht von „überschießend“ – schädigen sipereigenes Gewebe und Organe. Eine Kaskade entsteht: die Blutgerinnung wird schlechter, Blutgefäße werden undicht, der Blutdruck fällt ab, die Nieren funktionieren nicht mehr ausreichend, anschließend die Lunge. Dieser septische Schock ist lebensgefährlich und muss umgehend intensivmedizinisch behandelt werden. Meybohm: „Organversagen infolge einer Sepsis ist die dritthäufigste Todesursache hierzulande. Alle sieben Minuten stirbt in Deutschland ein Mensch an einer Sepsis. Überlebende erleiden oft schwere Folgeschäden.“
Symptome kennen
Häufige Infektionsquellen einer Sepsis sind Lungenentzündungen, Infektionen des Magendarmtraund des Urogenitaltrakts, ferner auch Infektionen von Haut- und Weichteilgewebe, des zentralen Nervensystems und sogenannte katheterassoziierte Infektionen. Typisch für eine Sepsis ist, dass zwei oder mehr Symptome zugleich auftreten. Neben Fieber und Atemnot können das Verwirrtheit, Schwindelgefühl, niedriger Blutdruck oder Schüttelfrost sein. Faustregel von Professor Meybohm: „Wer weiß, dass er eine Infektion hat, darüber hinaus Atemnot sowie Verwirrtheit spürt, sollte umgehend ärztlichen Rat suchen.“
Irrglaube: roter Strich
Ganz wichtig: Der sogenannte „rote oder blaue Strich“, der von einer Wunde in Richtung Herz verläuft, ist als Erkennungsmerkmal einer Sepsis ungeeignet. Der Experte: „Ein solcher Strich ist vielmehr ein Symptom einer entzündeten Lymphbahn und entsteht durch die vermehrte Durchblutung. Er kann bei einer Sepsis entstehen, muss aber nicht. Trotzdem ist auch das ein Fall für einen Arztbesuch.“
Was man tun muss
Privatdozent Dr. Dirk Weismann, Leiter der internistischen Intensiv- und Notfallmedizin: „Eine Sepsis sollte gezielt mit einem spezifischen Antibiotikum behandelt werden. Da es labortechnisch aktuell aber noch zwei bis drei Tage dauert, bis die genauen Erreger einer Infektion identifiziert sind, muss man bei einer Sepsis bzw. einem septischen Schock aufgrund von Erfahrungswerten mit einem breit wirksamen Antibiotikum eingreifen.“ Sobald die Ergebnisse vorliegen, werde das Medikament angepasst. Dabei gehe es auch immer um die Vermeidung von Resistenzen.
Früherkennung einer Sepsis
Um das lebensgefährliche Organversagen zu verhindern, wäre es ein Fortschritt, Frühzeichen für eine sich entwickelnde Sepsis zu finden. Dr. Weismann forscht dazu: „Passend hierzu haben wir am Universitätsklinikum zeigen können, dass bestimmte Signalwege auf Thrombozyten bereits Veränderungen aufweisen, bevor ein Multiorganversagen vorliegt. Wir untersuchen nun, ob das helfen kann, eine Sepsis frühzeitig zu erkennen.“ Die Thrombozyten, auch Blutplättchen genannt, spielen eine Rolle bei der Blutgerinnung.
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Auszug aus UNI.KLINIK 03_2022
Aktuelle Pressemitteilungen
Würzburg. Baustellenbesuch an der Uniklinik Würzburg: Prof. Dr. Jens Maschmann, Ärztlicher Direktor der Uniklinik, und Grit Liebau, Leiterin des Bereichs Universitätsbau des Staatlichen Bauamtes Würzburg, machten sich nun ein Bild von den Bauarbeiten für die neue Klinik für Strahlentherapie und einer integrierten Palliativstation. Aktuell laufen auf der Baustelle spezielle Betonierarbeiten.
In der Baustelle sind die Konturen des Neubaus bereits zu erkennen. Seit April 2022 wurde die gesamte Bodenplatte, das erste Untergeschoss der neuen Klinik und die talseits vorgelagerte Trafostation hergestellt. Momentan ist ein Kernstück der späteren Kliniknutzung an der Reihe. Dafür werden momentan die fünf Bestrahlungsräume (sog. „Bunker“) betoniert, die jeweils einen Linearbeschleuniger zur strahlentherapeutischen Behandlung aufnehmen werden. Die Wände der zukünftigen Bestrahlungsräume sind teilweise annähernd zwei Meter stark und werden, genauso wie die Decken, in bestimmten Strahlungsbereichen mit sogenanntem Schwerbeton hergestellt.
Der Schwerbeton erhält durch den Zuschlag von magnetithaltigem Gestein seine abschirmende Wirkung gegen die Strahlung. Wichtig für diese Betonierarbeiten ist die Durchführung in einem Arbeitsschritt, also das Arbeiten „nass in nass“. Hierfür muss sichergestellt sein, dass die Logistik des Vorgangs insgesamt, von der Mischung im Betonwerk über den Transport zur Baustelle bis zum Verarbeiten vor Ort, störungsfrei abläuft. Das ist bislang einwandfrei gelungen.
Sobald der Rohbau der Bestrahlungsräume fertiggestellt ist, wächst das siebengeschossige Hauptgebäude bis Sommer 2023 weiter in die Höhe.
Kontakt Staatliches Bauamt Würzburg:
Daniela Baumgärtner-Kerlin
Stabstelle Öffentlichkeitsarbeit
Staatliches Bauamt Würzburg
Weißenburgstraße 6, 97082 Würzburg
Tel +49 931 392 1738
E-Mail: daniela.baumgaertner-kerlin@ stbawue.bayern.de
Internet www.stbawue.bayern.de
Würzburg. Etwa ein Viertel der Erwachsenen in Deutschland hat eine Fettleber, jedes dritte übergewichtige Kind ist von der chronischen Erkrankung betroffen. Und das bei steigender Tendenz. Die Leberverfettung erhöht das Risiko von Leberentzündungen, Leberkrebs, Bluthochdruck sowie Herz- und Gefäßkrankheiten. „Ein heimtückischer Aspekt ist zudem, dass die Krankheit über Jahre völlig unbemerkt verlaufen kann“, schildert Prof. Dr. Andreas Geier, der Leiter der Hepatologie am Uniklinikum Würzburg (UKW). Mehr als genug Gründe, warum der Leberexperte der Medizinischen Klinik II hier Aufklärungsarbeit leisten will:
Zusammen mit seiner Kollegin Privatdozentin Dr. Monika Rau bietet er am Dienstag, den 22. November 2022 ein Webinar unter dem Titel „Fettleber – ein unterschätztes Risiko?“ an. Bei dem kostenlosen Online-Vortrag erfahren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer neben Details zur Entstehung, Diagnostik und Behandlung auch, was man selbst gegen eine Fettleber tun kann.
Die vom UKW und der Mediengruppe Main-Post gemeinsam organisierte Veranstaltung beginnt um 18:00 Uhr und nutzt die Plattform Zoom. Voraussetzung für die Teilnahme ist eine Internetverbindung sowie ein Smartphone, ein Tablet, ein Laptop oder ein PC. Wichtig – auch für die Übermittlung der Zugangsdaten – ist eine Anmeldung ausschließlich bei der Main-Post unter Tel: 0931/6001 6001 oder unter http://akademie.mainpost.de.
Wer:
Frühgeborene der Universitäts-Kinderklinik Würzburg
Wann:
17. November 2022 von 17 – 19 Uhr
Wo:
Treffpunkt vor der Universitäts-Kinderklinik D31, Josef-Schneider-Str. 2, 97080 Würzburg
Events:
- Lampionlauf über das Klinikgelände
- „Mut-mach-Karte“ einwerfen
- Erinnerungsfoto schießen
Mitzubringen:
- elektronisch Leuchtstab für den Lampion (Martinszug)
- zuhause selbst gestaltete „Mut-mach-Karte“
- gute Laune
Hygiene:
Aufgrund der Pandemie bitten wir Sie um strikte Einhaltung der Maskenpflicht und der Abstandsregeln.
Bitte nehmen Sie nicht mit Erkältungsanzeichen teil.
Anmeldung bis zum 10.11.2022 unter Elternberatung@ ukw.de
Weitere Infos:
Homepage der Universitäts-Kinderklinik/Weltfrühgeborenentag
Bitte informieren Sie sich tagesaktuell, ob das Event stattfinden kann aufgrund der Wetter- und Pandemielage.
Informationen zum Umgang mit Ihren Daten bei Veranstaltungen finden Sie unter www.ukw.de/recht/datenschutz
Fast-Track, auf Deutsch „Überholspur“, bezieht sich nicht auf eine Turbo-Behandlung, sondern auf die bestmögliche Genesung – und das in Teamarbeit. Das gleichnamige Modell wird seit Februar dieses Jahres am UKW in einem Pilotprojekt angewendet. „Beim Fast-Track-Konzept geht es gar nicht um schnelleres Operieren oder ein ‚Durchschleusen‘ von Patientinnen und Patienten, wie es der Titel vermuten lässt“, erläutert Dr. Sven Flemming, Oberarzt der Allgemein- und Viszeralchirurgie am Klinikum. „Sondern wir wollen erreichen, dass Menschen nach einem chirurgischen Eingriff schneller wieder ihre Selbstständigkeit erreichen und in ihr bisheriges Leben zurückkehren können.“ Das nützt nicht nur den Behandelten: Pflegepersonal und Ärzte werden entlastet und stehen länger für Patientinnen und Patienten zur Verfügung, die einen höheren Behandlungsaufwand haben.
Mobilisieren statt schonen
Zur Einführung von Fast-Track haben sich Ärzte und Pflegepersonal viele Gedanken darüber gemacht, wie man die Rekonvaleszenz, also die Genesung nach einem Eingriff, etwa bei Darmtumoren oder entzündlichen Darmerkrankungen, bestmöglich fördern könnte. „Früher ging man davon aus, dass Bettruhe und maximale Schonung den Heilungsverlauf fördern“, erläutert der Chirurg. „Daher ließ man Patienten oft tagelang im Bett ruhen und verabreichte Schonkost.“ Heute weiß man, dass eine frühzeitige Mobilisierung - optimalerweise noch am Tag des Eingriffs – für eine rasche Genesung viel nützlicher ist. Auch wird das Essen schneller wieder auf normale Kost umgestellt, um den Ernährungszustand beizubehalten. „Die Mobilitäts- und Ernährungskonzepte werden individuell an die Möglichkeiten der Patienten angepasst“, unterstreicht Dr. Flemming, „sodass niemand überfordert wird.“
Besser Vorbereiten als Nachsorgen
Aber nicht nur diese Schritte nach einer Operation sind nutzbringend. „Genauso wichtig ist die Vorbereitungsphase auf einen chirurgischen Eingriff“, unterstreicht Sandra Böhm. Gemeinsam mit Sven Flemming und ihren Kolleginnen Gwendolin Streahle und Vera Bach, bildet sie das Team der Fast-Track-Assistenz in der Viszeralchirurgie am Universitätsklinikum. Sie haben es sich zum Ziel gesetzt, Patientinnen und Patienten optimal auf Eingriffe im Bauch- und Darmbereich vorzubereiten, um die körperlichen und psychischen Auswirkungen so gering wie möglich zu halten, die Genesung zu beschleunigen und die Lebensqualität zu verbessern. „Entscheidend ist ein guter körperlicher Allgemeinzustand, eine bestmögliche Ernährungslage und Lungenfunktion, um Komplikationen nach einer OP – wie Lungenentzündungen – vorzubeugen“, so das Fast-Track-Team. „Wir vermitteln den Patientinnen und Patienten Methoden und Techniken, mit denen sie sich von daheim aus vorbereiten können.“ Dazu zählen Geräte zum Atemtraining, Ernährungspläne oder das Training von Bewegungsabläufen, beispielsweise das eigenständige bauchmuskelschonende Aufstehen aus dem Bett.
Abführen entfällt oft
„Eine zentrale Rolle in der Vorbereitung spielen energiehaltige Lebensmittel in der Form von Getränken“, unterstreicht Sandra Böhm. Mit diesen „Energie-Drinks“ erreicht man einen guten körperlichen Ernährungszustand. Überhaupt hat sich die Ernährungssituation rund um Darm-Operationen gewandelt. „Vor einem Eingriff brauchen Patienten nicht mehr so lange nüchtern sein wie früher.
Man kann bis zu zwei Stunden vorher noch energiehaltige Getränke zu sich nehmen. Auch das unbequeme Abführen entfällt für viele Eingriffe.“
Körper und Seele wieder ins Gleichgewicht bringen
Eine Operation hat Einfluss auf das körperliche und mentale Gleichgewicht eines Menschen, gerade, wenn es sich um den sensiblen Bereich im Bauch handelt. „Wer sich nach einem Eingriff körperlich schneller fit und gesund fühlt, verringert auch seelische Belastungen, die mit einer Behandlung einhergehen können“, unterstreicht Dr. Flemming. „Das ist für die Rekonvaleszenz enorm hilfreich.“ Um den Aufgaben im Rahmen des Fast-Track-Konzepts gerecht zu werden, arbeitet das Team mit vielen Experten zusammen. „Dazu zählen Physiotherapie, Sozialberatung, Schmerztherapeuten, Ernährungsberater und Diätküche“, erklärt Sandra Böhm. „Nährstoffaufnahmen werden mit der Anästhesie abgesprochen. Die Patientinnen und Patienten erhalten bei Bedarf auch psychologische Unterstützung.“
Zur Eigenständigkeit motivieren
Die Reaktionen der Patientinnen und Patienten fallen durchweg positiv aus: „Manche haben zunächst Sorge, sich zu früh zu belasten und trauen sich daher zu wenig zu“, wissen die Fast-Track-Assistentinnen. „Aber sie merken schnell, dass vieles doch machbar ist.“ Kleine Zielsetzungen, Tagespläne sowie ein Tagebuch für Erfolge helfen, sich zur Bewegung zu motivieren – natürlich rein freiwillig. „Schließlich ist es nicht unser Ziel, die Patientinnen und Patienten schnellstmöglich vor die Türe zu setzen“, schmunzelt Sandra Böhm – bevor sie wieder ernst wird. „Wir tragen die Verantwortung, uns anvertraute Menschen in bestmöglicher körperlicher und seelischer Verfassung wieder in ihr eigenständiges Leben zu entlassen.“ Und das funktioniert am besten im Team.
Auszug aus UNI.KLINIK 03_2022
Florian Erhard1, Oliver Kurzai2, Lars Dölken1,*
1; Institut für Virologie und Immunbiologie, Universität Würzburg
2; Institut für Hygiene und Mikrobiologie, Universität Würzburg
*Ansprechpartner:
Prof. Dr. med Lars DölkenInstitut für Virologie und ImmunbiologieVersbacherstr. 797070 Würzburg
In einem auf BioRxiv publizierten, bisher nicht durch Experten begutachteten Preprint (doi: doi.org/10.1101/2022.10.18.512756) präsentieren die Autoren Valentin Bruttel (angegebene Adresse: Frauenklinik, Universitätsklinikum Würzburg), Alex Washburne und Antonius Van Dongen Analysen, die nach ihrer Interpretation eine „synthetische Entstehung“ von SARS-CoV-2 und dessen Freisetzung im Rahmen eines „Laborunfalls“ nahelegen.
Zusammenfassung des Preprints
Kernaussage des Preprints ist, dass das Genom von SARS-CoV-2 ein „auffälliges Muster“ an Schnittstellen für bestimmte Restriktionsenzyme (BsaI und BsmBI) aufweist und daher mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht durch natürliche Evolution entstanden ist. Die Autoren kommen aufgrund statistischer Analysen zu dem Schluss, dass dieses Schnittstellenmuster höchstwahrscheinlich im Zuge der Etablierung eines Reversen Genetik Verfahrens für das wie man annimmt aus Fledermäusen stammende SARS-CoV-2 Ursprungsvirus in einem Forschungslabor als „Fingerabdruck“ im SARS-CoV-2 Genom entstanden ist.
Hintergrund
Restriktionsenzyme wie BsaI und BsmBI werden unter anderem eingesetzt, um Genome von aus Tieren wie Fledermäusen isolierte Coronaviren zu klonieren und somit erforschbar zu machen. Solche sogenannten Reverse Genetik Verfahren sind für die virologische Forschung von großer Bedeutung. Sie erlauben die genetische Konservierung ansonsten mutationsanfälliger Viren sowie die Erforschung einzelner viraler Genfunktionen. Die mit knapp 30.000 Nukleotiden relativ großen Coronavirusgenome können so in 5-8 kleinen Teilstücken in Bakterien kloniert und verändert werden. Für die Klonierung einzelner Teilstücke müssen gelegentlich einzelne Basen des viralen Genoms ausgetauscht werden, um die für die Klonierung notwendigen Schnittstellen einzufügen bzw. unerwünschte Schnittstellen zu entfernen. Anschließend lassen sich die einzelnen Teilstücke wieder zu einem kompletten Virusgenom zusammenfügen.
Wissenschaftliche Beurteilung
1. Anders als von den Autoren behauptet, kann das Schnittstellenmuster auch natürlich entstanden sein – ähnliche Muster finden sich auch bei eng mit SARS-CoV-2 verwandten Coronaviren
Alle 5 Schnittstellen (BsmBI (n=3) und BsaI (n=2)), die für die Analysen im Preprint von zentraler Bedeutung sind, finden sich auch häufig in nahe verwandten Coronaviren. Die Existenz dieser 5 Schnittstellen im SARS-CoV-2 Genom lässt sich also auch ohne menschliche Manipulation erklären. In die Analysen im Preprint wurden offensichtlich einige bekannte, nah mit SARS-CoV-2 verwandte Viren nicht mit in die durchgeführten Analysen aufgenommen.
Die Autoren des Preprints argumentieren weiterhin, dass für genetische Arbeiten ungünstige Schnittstellen im SARS-CoV-2 Genom fehlen und mutmaßlich künstlich verändert („gelöscht“) wurden. Während viele andere Coronaviren tatsächlich deutlich mehr Schnittstellen für die beiden analysierten Restriktionsenzyme aufweisen, zeigen einige nahverwandte Fledermaus Coronaviren wie BANAL-20-103 und BANAL-116 ebenfalls nur 5 bzw. 7 Schnittstellen bei ähnlich großen Genomfragmenten. 2. Die Position der analysierten Restriktionsendonuklease-Schnittstellen im Bereich des S-Gens ist kein sicherer Hinweis auf eine gentechnische Manipulation des SARS-CoV-2 Genoms
Das Spike Protein von Coronaviren ist von besonderem Interesse, da es ganz wesentlich bestimmt, ob menschliche Zellen infiziert werden können oder nicht. Für Reverse Genetik Modelle war daher von besonderem Interesse, den für das Spike Protein kodierenden Bereich des Coronavirusgenoms mit geringem Arbeitsaufwand austauschen bzw. verändern zu können. Wie die Autoren zeigen, ließe sich mit Hilfe der beiden Schnittstellen für BsaI der wichtigste Teil des Spike Proteins von SARS-CoV-2, nämlich die Rezeptor-bindende Domäne (RBD) sowie die Furin-Schnittstelle, leicht manipulieren. Für kein anderes Coronavirusisolat erscheint dies so einfach mit BsaI möglich zu sein, da entweder die entsprechenden Schnittstellen fehlen bzw. zusätzlich Schnittstellen beim Verdau mit BsaI zu einer Zerstückelung des jeweiligen Genoms führen würden. Die Autoren argumentieren, dies spreche dafür, dass das SARS-CoV-2 Genom für den Austausch und die Manipulation der wichtigen Rezeptor-bindenden Domäne sowie der Furin Schnittstelle des Spike Proteins optimiert wurde. Tatsächlich wurde die Kombination von BsaI und BsmBI in der Vergangenheit von Arbeitsgruppen in Wuhan eingesetzt, um Coronavirusgenome aus Fledermäusen zu klonieren und sogenannte Gain-of-Function Experimente durchzuführen. Allerdings wurden hierbei die beiden BsaI Schnittstellen jeweils so positioniert, dass sie den Austausch des gesamten Spike Proteins ermöglichten. Dies ist für SARS-CoV-2 so nicht möglich. Hätten sich die beiden BsaI Schnittstellen an exakt der gleichen Stelle befunden wie in bereits veröffentlichten Reverse Genetik Modellen, so wäre dies in der Tat ein starker Hinweis auf einen Laborunfall gewesen. So bleibt allerdings festzustellen, dass genau diese beiden BsaI Schnittstellen häufig auch bei nahe verwandten Coronaviren von SARS-CoV-2 vorkommen. Allerdings besitzen Coronaviren in aller Regel mindestens eine weitere BsaI Site, die also ausgeschaltet, d.h. mutiert, hätte werden müssen. Anbetracht der hohen Mutationsrate zirkulierender SARS-CoV-2 Varianten sollte man zudem annehmen, dass künstlich eingefügte synonyme (wobble) Mutationen, die zur Erzeugung bzw. Elimination von Restriktionsschnittstellen eingefügt wurden, im Laufe der mehr als zweijährigen Pandemie wieder verschwinden und künstlich eliminierte wieder erscheinen. Tatsächlich haben aber die Omicron Varianten dasselbe Schnittstellen-Verteilungsmuster wie das Original Virus aus Wuhan.
3. Die statistischen Analysen der Arbeit zur Verteilung von Restriktionsenzym-Schnittstellen sind in wesentlichen Punkten fehlerhaft bzw. unvollständig.
Die im Preprint analysierte Kombination von BsaI und BsmBI eignet sich für die allermeisten Coronaviren tatsächlich nicht, um deren Genom in eine geeignete Anzahl (5 bis 7) von Fragmenten geeigneter Größe (<8000 Nukleotide) zu zerlegen (Fig. 3C im Preprint). Wie eigene Analysen von uns aber zeigten, ist dies unter Einbeziehung anderer, ähnlicher Restriktionsenzyme problemlos möglich. Unter Nutzung der im Preprint verwendeten und nachvollziehbar dokumentierten Algorithmen kann man zeigen, dass sich praktisch für jedes Coronavirusgenom eine entsprechend geeignete Kombination von Restriktionsenzymen finden lässt. Die Analyse einer einzigen, selektiv ausgewählten Kombination von 2 Restriktionsenzyme (hier: BsaI und BsmBI) ist nicht geeignet um einen molekularbiologischen Eingriff zu beweisen. Analysiert man lediglich eine, für ein bestimmtes Virus passende Kombination von zwei Restriktionsenzymen, ist es naheliegend, dass diese Kombination bei anderen Virusisolaten signifikant schlechter geeignet ist, um ein Reverses Genetik Modell zu konstruieren. Dies führt zu der Fehlinterpretation, dass das Virus, in diesem Fall SARS-CoV-2, für das die Auswahl der analysierten Kombination von Restriktionsendonukleasen optimiert wurde, nicht natürlichen Ursprungs ist.
4. Die Analysen zur in silico Evolution von zwei nahverwandten Coronaviren mit dem Ziel, ein vergleichbares Schnittmuster wie bei SARS-CoV-2 zu bekommen (Fig. 4 im Preprint), sind nicht überzeugend.
Die Annahme rein zufälliger Mutationen in einem Virusgenom ist nicht zulässig, da die meisten Mutationen die Aminosäuresequenz der viralen Proteine stören bzw. zerstören. Zudem hätten die Wissenschaftler auch hier ebenfalls mit allen akzeptablen Kombinationen von Restriktionsenzymen arbeiten müssen.
Die im Preprint beschriebene Berechnung der Wahrscheinlichkeit, mit der das beobachtete Schnittmuster von SARS-CoV-2 natürlich entstanden sein kann, ist fehlerhaft. Die Autoren kombinieren hierzu die Wahrscheinlichkeiten für insgesamt 5 verschiedene Kriterien. Diese sind jedoch weder voneinander unabhängig, noch ist die verwendete Methode zur Kombination dieser Wahrscheinlichkeitswerte geeignet. Zudem ist jede einzelne verwendete Wahrscheinlichkeit von den gleichen potentiellen Fehlerquellen, wie oben aufgeführt, betroffen.
Zusammenfassung
In dem begutachteten Preprint legen die Autoren statistische Analysen der Genomsequenz von SARS-CoV-2 vor, aus denen sie folgern, dass dieses Virus mit hoher Wahrscheinlichkeit synthetisch entstanden ist. Der Preprint ist sorgsam ausgearbeitet und erfüllt die grundlegenden wissenschaftlichen Anforderungen insbesondere im Hinblick auf eine einwandfreie und transparente Darstellung der verwendeten Methodik. Die im Preprint dargestellten Analysen weisen jedoch erhebliche methodische Schwachstellen auf. Diese führen dazu, dass wesentliche Schlussfolgerungen der Autoren einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht standhalten bzw. überinterpretiert wurden. Im Gegensatz zu den im Preprint formulierten Aussagen ist das im Genom von SARS-CoV-2 gefundene Muster an Restriktionsenzym-Schnittstellen nicht mit hinreichend hoher Wahrscheinlichkeit durch genetische Manipulation zu erklären. In der Summe ergibt sich aus den in der Studie vorgelegten Analysen keine sichere Evidenz für die von den Autoren formulierte Schlussfolgerung, dass SARS-CoV-2 synthetischen Ursprungs sei. Die Frage nach dem genauen Ursprung von SARS-CoV-2 bleibt damit weiterhin offen.
Nähere Informationen zum Philosophicum, unser Konzept und die Vorträge von Prof. Dr. phil. Johannes Königshausen, Mitbegründer des Philosophicums, finden Sie unter www.ukw.de/philosophicum.
Wir werden auch in diesem Semester nur einen Zoom Link (mit Meeting ID) verwenden. Die Vorträge werden am jeweiligen Termin auf ZOOM übertragen (Ausnahme: Hybridveranstaltung am 24.11.). Außerdem finden Sie sie auf dem Youtubekanal des Würzburger Philosophicums unter dem Vorbehalt, dass unsere Referentinnen und Referenten jeweils damit einverstanden sind.
Im Gegensatz zu früheren Veranstaltungen beginnen unsere Veranstaltungen bereits um 18.00 Uhr (nicht 18.15 Uhr).
Hiermit laden wir Sie zu unserer Auftaktveranstaltung ein:
Donnerstag, 27.10.2022, 18.00 Uhr - 19.30 Uhr
Referent: Prof. Dr. med. Niko Kohls (Lehrstuhl für Gesundheitsförderung der Hochschule Coburg)
Titel: Mehr Lebensfreude durch Achtsamkeit und Resilienz
Allgemeine Informationen zum Philosophicum: Studierende, Philosophen, Mediziner, Ärzte und Interessierte reflektieren und diskutieren das Schwerpunktthema transdisziplinär mit Bezug zu Praxis, Klinik, Forschung und verwandten Fächern. Die Veranstaltungen sind bewusst interaktiv gehalten und schließen neben dem Vortrag eine offene Diskussion ein.
Sie können sich auch unserer Meetup-Gruppe unter https://www.meetup.com/de-DE/wuerzburger-philosophicum anschließen. Dort können sich Interessentinnen*en des Würzburger Philosophicums austauschen und über die Veranstaltungen und medizinphilosophische Themen diskutieren. Sie finden hier außerdem alle Veranstaltungen, die in diesem Semester stattfinden und werden, wenn Sie unserer Gruppe beitreten, über den Newsletter über weitere Veranstaltungen informiert.
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Hanna Bethe, Carla Winter, Judith Kleiss, Hannah Gauger, Charlotte Göttmann, Gloria Griebel, Harriet Hahn, Antonia Mortsch, Camilla, Michael Gabler, Till Gallasch, Valentin Metzner, Hans Aster, Jonas Daub, Michael Schmidt, Johannes Königshausen und Thomas Bohrer
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