Mit ihrem „Dies academicus“ erinnern die Medizinische Fakultät und das Universitätsklinikum Würzburg zu Beginn des akademischen Jahres an einen wichtigen Meilenstein ihrer Entwicklung: an die Eröffnung des Luitpoldkrankenhauses am 2. November 1921. „Damals wurde das Fundament für die erfolgreiche Entwicklung eines national und international renommierten Forschungsstandorts gelegt, der das Profil der Universität Würzburg entscheidend prägt“, so Dekan Professor Matthias Frosch.
In der Corona-Pandemie habe sich die Leistungsstärke der Universitätsmedizin unter anderem daran gezeigt, dass in kurzer Zeit eine ganze Reihe von Forschungsprogrammen zu COVID-19 entwickelt wurden, die in der Fachwelt vielfach beachtet wurden, so der Dekan in seinem Grußwort. Basis für diesen Erfolg sei die Expertise in der Infektionsforschung und in verschiedenen klinischen Disziplinen gewesen. Initiativen wie die Würzburger KiTa-Studie hätten zudem unmittelbare Auswirkungen auf das Pandemie-Management in der Region gezeigt.
„Mein Eindruck ist: Je größer die Herausforderungen in der klinischen Versorgung in der Pandemiezeit waren, umso größer wurden auch die Höchstleistungen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, der Ärztinnen und Ärzte wie auch aller Mitarbeitenden an der Fakultät und am Universitätsklinikum.“ Die Feier biete nun erneut eine willkommene Gelegenheit, um allen in der Würzburger Universitätsmedizin Tätigen den allergrößten Respekt und Dankbarkeit auszusprechen.
Auszeichnungen für zwei verdiente Persönlichkeiten
Bei der Feierstunde, die am 7. November 2022 im Hörsaal des Rudolf-Virchow-Zentrums / Institut für Molekulare Infektionsbiologie stattfand, wurden mehrere Auszeichnungen vorgenommen.
Professor Dirk Heinz, wissenschaftlicher Geschäftsführer des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) und Professor für Molekulare Strukturbiologie an der Technischen Universität Braunschweig, bekam die Ehrendoktorwürde verliehen. Damit würdigt die Fakultät seine herausragenden Forschungsleistungen in der Struktur- und der Infektionsbiologie ebenso wie sein Engagement für das Wissenschaftssystem. Dirk Heinz war einer der maßgeblichen Initiatoren für die 2017 erfolgte Gründung des Würzburger Helmholtz-Instituts für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI).
Leitender Baudirektor a.D. Joachim Fuchs erhielt die Carl Caspar von Siebold-Medaille der Fakultät. Diese Auszeichnung geht an Persönlichkeiten, die sich um Entwicklung der Würzburger Universitätsmedizin besonders verdient gemacht haben. Fuchs leitete von 2006 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand am 1. November 2022 das Staatliche Bauamt Würzburg. Er hat sich in außerordentlicher Weise für die strukturelle und bauliche Entwicklung der Universitätsmedizin engagiert.
Fünf herausragende Promotionen
Ausgezeichnet wurden auch fünf Promotionsarbeiten. Der Ernst und Hedda Wollheim-Preis ging an Dr. Carmina Fuß und Dr. Theresa Brand. Er wird an herausragende Promotionsarbeiten aus der Herz-Kreislauf-Forschung vergeben. Der Preis stammt aus einer Stiftung, die auf Ernst Wollheim (1900-1981) zurückgeht, ehemals Direktor der Würzburger Medizinischen Klinik.
Dr. Carmina Fuß: Erfassung der Strahlenbelastung des Nebennierenvenenkatheters und Evaluation des Chemokinrezeptors CXCR4 als neues Target in der Differentialdiagnostik des primären Hyperaldosteronismus. Betreuung: Professorin Stefanie Hahner, Medizinische Klinik I, Endokrinologie
Dr. Theresa Brand: Mitochondriale Funktion im Kontext ß-adrenerger Signalwege. Betreuung: Professorin Kristina Lorenz, Pharmakologie und Toxikologie
Mit dem Preis der Dr. Josef-Schneider, Theresia-Stiftung wurde Dr. Dominik Brado ausgezeichnet. Der Preis kommt für herausragende Promotionsarbeiten über Volkskrankheiten, insbesondere Infektionskrankheiten in Frage. Die Stiftung wurde vom Würzburger Augenarzt Josef Schneider im Jahr 1924 zu Ehren seiner Mutter Theresia eingerichtet.
Dr. Dominik Brado: Genetic diversity and baseline drug resistance of South African HIV-1 Integrase sequences prior to the availability of Integrase strand-transfer inhibitors. Betreuung: Professor Thomas Dandekar, Bioinformatik
Der Preis aus dem Nachlass von Coletta Klug und Helene Sichler ging an Dr. Christina Pfann und Dr. Severin Fink. Mit ihm werden herausragende Promotionsarbeiten aus der Krebsforschung ausgezeichnet.
Dr. Christina Pfann: Untersuchungen zu neuen therapeutischen Ansätzen zur Beeinflussung der MYC-Expression im kolorektalen Karzinom. Betreuung: Professor Martin Eilers, Biochemie und Molekularbiologie
Dr. Severin Fink: Entwicklung eines Sleeping Beauty Transposon Systems zum simultanen und induzierbaren shRNA-Knock-down verschiedener Zielstrukturen in Zelllinien des Multiplen Myeloms. Betreuung: Professor Ralf Bargou, Medizinische Klinik II, Translationale Onkologie
Ehrendoktorwürde für Dirk Heinz
Die Medizinische Fakultät hat Professor Dirk Heinz die Ehrendoktorwürde verliehen – für seine herausragenden Leistungen in Strukturbiologie und Infektionsforschung und für seinen Einsatz für das deutsche Wissenschaftssystem.
Das 2017 in Würzburg gegründete Helmholtz-Institut für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI) verfolgt einen innovativen Ansatz: Es verknüpft die Forschung an Ribonukleinsäuren (RNA) mit der Infektionsbiologie. Das HIRI ist ein Standort des Braunschweiger Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Kooperation mit der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU). Es befindet sich auf dem Würzburger Medizincampus.
Einer der maßgeblichen Initiatoren für die Gründung des HIRI war Dirk Heinz, wissenschaftlicher Geschäftsführer des HZI und Professor für Molekulare Strukturbiologie an der Technischen Universität Braunschweig. Jetzt wurde der Forscher in Würzburg geehrt: Die Medizinische Fakultät der JMU zeichnete ihn am 7. November 2022 bei ihrem „Dies academicus“ mit der Ehrendoktorwürde aus.
Damit würdigt die Fakultät seine herausragenden Forschungsleistungen in der Struktur- und der Infektionsbiologie ebenso wie sein Engagement für das Wissenschaftssystem. Konsequent habe Dirk Heinz über die Jahre den Auf- und Ausbau von Partnerschaften zwischen dem HZI und universitären Standorten vorangetrieben, sagte HIRI-Direktor Professor Jörg Vogel in der Laudatio. Dabei habe er stets Fachwissen in besonders dynamischen und zukunftsträchtigen Bereichen der Infektionsforschung gebündelt.
Werdegang von Professor Heinz
Dirk Heinz studierte von 1980 bis 1986 Chemie und Biochemie an der Universität Freiburg. In seiner Doktorarbeit an der Universität Basel spezialisierte er sich auf das seinerzeit neue Gebiet der Strukturbiologie. Bei einem Forschungsaufenthalt als Postdoc an der University of Oregon (USA) beschäftigte er sich mit grundlegenden Fragen der Proteinfaltung.
1993 kehrte er als wissenschaftlicher Assistent nach Freiburg zurück, wo er sich 1998 im Fach Biochemie habilitierte. In dieser Zeit klärte er erstmals die Struktur einer bakteriellen Phospholipase auf. Damit legte er den Grundstein für seine weiteren Arbeiten, bei denen ihm eine eindrucksvolle Verbindung von Strukturbiologie und Infektionsforschung gelang.
1998 wechselte Dirk Heinz nach Braunschweig. Dort war er zunächst Nachwuchsgruppenleiter, später dann Leiter des Bereichs „Strukturbiologie“ an der damaligen Gesellschaft für Biotechnologische Forschung (GBF), dem heutigen Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI).
Wissenschaftliche Verdienste
„Mit herausragendem Erfolg hat Professor Heinz die Wechselwirkungen zwischen bakteriellen Virulenzfaktoren und Wirtsrezeptoren untersucht“, so Jörg Vogel. Dabei sei es ihm gelungen, wichtige Erkenntnisse über bakterielle Infektionsprozesse zu gewinnen. Seine Erfolge seien in zahlreichen, auch hochkarätigen Veröffentlichungen dokumentiert.
In Anerkennung seiner wissenschaftlichen Leistungen wurde Heinz 2008 zum Mitglied der European Molecular Biology Organisation (EMBO) sowie 2009 zum korrespondierenden Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Hamburg gewählt. Er ist Vorstandsmitglied im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) sowie Mitglied in wissenschaftlichen Beiräten, Kuratorien und Aufsichtsgremien verschiedener Forschungseinrichtungen. Dem Kuratorium der JMU gehört er seit 2021 an.
Ehrung für Joachim Fuchs
Für seine Verdienste um die strukturelle und bauliche Entwicklung der Medizinischen Fakultät und des Universitätsklinikums erhielt Leitender Baudirektor a.D. Joachim Fuchs die Carl Caspar von Siebold-Medaille.
Über Jahrzehnte hinweg hat sich Joachim Fuchs mit hohem persönlichem und dienstlichem Engagement um die Bauangelegenheiten der Universitätsmedizin Würzburg verdient gemacht. Dafür zeichnete ihn die Medizinische Fakultät am 7. November 2022 bei ihrem „Dies academicus“ mit der Carl Caspar von Siebold-Medaille aus.
Werdegang des Ausgezeichneten
Joachim Fuchs, geboren und aufgewachsen in Bad Kissingen, schloss sein Architekturstudium 1985 als Diplom-Ingenieur an der Universität Stuttgart ab. Erste Praxiserfahrungen sammelte er in diversen Architekturbüros, bevor er 1990 an das damalige Universitätsbauamt Würzburg kam.
Nach einer kurzen Abordnung an die Regierung von Unterfranken kehrte er 2003 an das Staatliche Hochbauamt Würzburg zurück und wurde dessen Leiter. 2006 übernahm er die Gesamtleitung des Staatlichen Bauamts Würzburg. Diese hatte er länger als ein Jahrzehnt inne – bis zum Beginn seines Ruhestands am 1. November 2022.
Zahlreiche Aktivitäten für die Universitätsmedizin
Zu seinen herausragenden Maßnahmen der vergangenen 15 Jahre im Bereich Universitätsbau zählen, neben der Weiterentwicklung des Universitätsstandorts am Hubland, auch zahlreiche Großbauten der Universitätsmedizin: das Zentrum für Operative Medizin (ZOM), das Zentrum für Experimentelle Molekulare Medizin (ZEMM), der Neubau für das Rudolf-Virchow-Zentrum und das Institut für Molekulare Infektionsbiologie sowie der Neubau für das Deutsche Zentrum für Herzinsuffizienz.
Mit herausragendem Engagement setzte sich Joachim Fuchs auch für die Sanierung von Gebäuden ein, wie im Fall der Anatomie, oder für die Modernisierung der Ver- und Entsorgungsinfrastruktur des Klinikums.
Mit Herzblut für die Erweiterung des Nordgeländes
Der Neubau der Strahlentherapie und vor allem die Erweiterung des sogenannten Nordgeländes mit den Neubauten der Kopfkliniken und des Zentrums Frauen-Mutter-Kind waren für Joachim Fuchs eine echte Herzensangelegenheit. „Sein persönlicher Einsatz, sein überbehördliches Engagement sowie sein politisches Geschick waren beim Grundstückserwerb von größter Bedeutung“, wie Professor Jens Maschmann, Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums, in der Laudatio sagte.
Gemeinsam mit den akademischen Gremien setzte sich Joachim Fuchs in höchstem Maß für die Fortschreibung der Masterplanung des Universitätsklinikum-Campus ein. Als Moderator leitete er mit Diplomatie und Weitblick die „AG Strukturkonzept“, eine Kommission für gemeinsame Baumaßnahmen von Universität und Klinikum.
Der Namenspatron der Medaille
Carl Caspar von Siebold (1736-1807) studierte Medizin in Würzburg und bestand hier 1763 sein Examen mit Auszeichnung. Nach weiteren Lehrjahren in Paris, London und Leiden kehrte er nach Würzburg zurück. Hier erhielt er 1769 den medizinischen Doktorgrad und trat die Professur für Anatomie, Chirurgie und Geburtshilfe an.
Eines seiner wesentlichen Verdienste war es, dass er die Chirurgie, damals noch ein Handwerk ohne klare Ausbildungsregeln, von ihrem gesellschaftlich niedrigen Ansehen befreite, sie akademisch prägte und als universitäre Disziplin fest etablierte. Er beeinflusste maßgeblich die klinische Medizin in Lehre, Forschung und Krankenversorgung. So schaffte er die Voraussetzungen für die Blüte der Würzburger Universitätsmedizin im 19. Jahrhundert.
In Gedenken an den bedeutenden Mediziner geht die Carl Caspar von Siebold-Medaille an Persönlichkeiten, die sich in besonderem Maße um die Entwicklung der Würzburger Universitätsmedizin verdient gemacht haben.
Pressemitteilung der Universität Würzburg vom 8. November 2022