Würzburg. Vom 7. bis zum 16. Oktober 2022 werden am Universitätsklinikum Würzburg mehr als 30 Teilnehmende aus Ostafrika und Europa zusammenkommen und gemeinsam Lösungen für die Eindämmung der größten Gesundheitsbedrohung des Jahrhunderts erarbeiten: den Klimawandel. Perspektiven werden ausgetauscht und verschiedene globale und lokale Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel erkundet. Ernährung, biologische Vielfalt, Landwirtschaft, Mobilität, nachhaltige Gesundheitsversorgung, Wärme- und Stadtplanung, Ethik – all diese Themen sehen in Ghana, Nigeria, Ruanda und Tansania ganz anders aus als in Deutschland, Großbritannien, Polen oder der Slowakei. „Trotz der geografischen Unterschiede können kreative Lösungen durch transdisziplinäre und transformative Zusammenarbeit gefunden werden, die für Afrika und Europa relevant sind“, ist sich die Koordinatorin der Summer School, Dr. med. Eva-Maria Schwienhorst-Stich, sicher.
Ziel ist es, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu helfen, Wissen, Einstellungen, Fertigkeiten und Selbstvertrauen zu erwerben und weiterentwickeln und sie dazu befähigen, Akteure des Wandels zu werden und eigene Projekte zu Klimaschutz und Nachhaltigkeit planen und umzusetzen. „Wo immer sie studieren, arbeiten oder leben, können sie sich für planetare Gesundheit einsetzen. Die wissenschaftliche Datenlage unterstreicht die Dringlichkeit zum Handeln auf allen Ebenen“, bringt es Eva-Maria Schwienhorst-Stich auf den Punkt.
Die Vorträge am Mittwoch-, Donnerstag- und Freitagnachmittag (12. bis 14. Oktober) der Summer School finden online über Zoom statt und sind für alle Interessierten offen: https://www.med.uni-wuerzburg.de/planetaregesundheit/summer-school-planetary-health/programme/
SOPHEA - Strengthening One and Planetary Health in Eastern Africa
Die Summer School ist Teil des Projekts SOPHEA, dies steht für Strengthening One and Planetary Health in Eastern Africa und wird vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) aus Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) von 2022 bis 2025 mit knapp 400.000 Euro gefördert. An SOPHEA beteiligt sind neben der Arbeitsgruppe Klima und Planetare Gesundheit vom Institut für Allgemeinmedizin am Uniklinikum Würzburg und dem Zentrum für Studiengangsmanagement und -entwicklung (ZSME) an der Universität Würzburg, die Catholic University of Health and Allied Sciences (CUHAS) in Mwanza in Tansania und die School of Environmental Sciences at the University of Eldoret in Kenia. Weitere Partner sind die Allianz Klimawandel und Gesundheit e.V. (KLUG) und das Else Kröner Center Würzburg. SOPHEA hat zum Ziel, die zunehmenden Klima- und Umweltveränderungen und ihre Wechselwirkungen mit der Gesundheit zu zu untersuchen, zu lehren und zu konkreten Lösungen beizutragen.
Gesunde Menschen auf einem gesunden Planeten Erde
Der One Health-Ansatz, der schon lange vom BMZ unterstützt wird, basiert auf dem Verständnis, dass die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt eng miteinander zusammenhängen. „Wir sprechen heute auch von den sogenannten triple planetary crises: Klimakrise, Biodiversitätsverlust und Verschmutzung. Bei letzterem ist wiederum die Luftverschmutzung für den Großteil der Todes- und Krankheitsfälle verantwortlich“, mahnt Eva-Maria Schwienhorst-Stich. Die Ärztin mit mehrjähriger klinischer Erfahrung in der Kinderheilkunde und Tropenmedizin hat zuvor die Lehrklinik an der Medizinischen Fakultät Würzburg geleitet. Beim Planetary Health-Ansatz geht es um die planetaren Belastungsgrenzen. Die Menschheit kann langfristig nur existieren, wenn sie die Grenzen nicht überschreitet. Das heißt: Die Gesundheit der Menschen ist untrennbar mit der Gesundheit des Planeten Erde verbunden. Daher seien eben auch vor allem Menschen in Gesundheitsberufen in der Pflicht, hier aktiv zu werden und ihren Teil dazu beizutragen.
Vier Schwerpunkte: Ernährung, Entwicklung der Kinder, Infektionskrankheiten und Krebs
Die Projektpartnerinnen und -partnern hatten vor Antragsstellung in einem gemeinsamen Workshop vier thematische Schwerpunkte festgelegt innerhalb derer die Verbindungen zwischen Klima, Umwelt und Gesundheit bearbeitet werden: Ernährung, Entwicklung der Kinder, Infektionskrankheiten und Tumorerkrankungen. Die Themen basieren auf dem bisherigen Wissensstand der beteiligten Arbeitsgruppen sowie auf gemeinsam identifizierten Forschungslücken und relevanten regionalen Gesundheitsthemen. So gibt es zum Beispiel in der Region des Viktoriasees ein erhöhtes Auftreten verschiedener Krebsarten, und in den Bergbaugebieten ist die Bevölkerung gefährlichen Giften ausgesetzt. Darüber hinaus gibt es komplexe Wechselwirkungen zwischen Änderungen der Landnutzung, Ernährungssicherheit und Infektionskrankheiten.
SOPHEA adressiert damit gleich mehrere der insgesamt 17 Ziele (SDG für Sustainable Development Goal), auf die sich die Vereinten Nationen im Rahmen der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung geeinigt haben. Im SDG3 geht es um die Gesundheit, im SDG4 um Bildung, im SDG14 um Klimaschutz, SDG15 um Leben an Land und im SDG14 um Leben unter Wasser.
Forschung, Lehre und Engagement in den Gemeinden
Im Rahmen von SOPHEA soll Lehre zu Planetary Health in Studiengängen integriert werden und die Themen in verschiedenen Kursen und Veranstaltungen wie etwa der Summer School in Würzburg diskutiert werden. Symposien sollen die Vernetzung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Dozentinnen und Dozenten sowie Studierenden fördern und den Austausch über Forschungsinitiativen erleichtern. Ein wissenschaftlicher Beirat sichert die fachliche Begleitung. Ferner werden Studierende über eigene kleine Forschungsprojekte und mit Reisestipendien in die Projektaktivitäten integriert. Die zahlreichen Zusammenhänge zwischen Klima, Umwelt und Gesundheit sollen zudem auch auf kreative Weise einer breiten Bevölkerung zugänglich gemacht werden.
Ziel von SOPHEA ist es, evidenzbasiertes Wissen kontinuierlich in notwendige Maßnahmen zu überführen. Kommuniziert im Team wird vornehmlich digital, Flugreisen werden auf ein Minimum reduziert Das erhöht nicht nur die Reichweite und Flexibilität der Interaktion, sondern spart auch CO2-Emissionen. „Um unsere Kolleginnen und Kollegen in Afrika zu unterstützen, die aktuellen und zukünftigen Gesundheitsbedrohungen durch die Umweltkrisen in den Griff zu bekommen, müssen wir auch hier in Würzburg, Deutschland und Europa aktiv werden“, so Schwienhorst-Stich. „Wir können das Problem nur gemeinsam lösen. Die Frage lautet: Was sind ganz konkret unsere Handlungsspielräume in unserem Setting?“
Die dreifache Mutter sieht vor allem das Gesundheitswesen in der Pflicht, seinen Ressourcenverbrauch zu überdenken und den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren. Immerhin sei der Gesundheitssektor für die Produktion von 4,4 Prozent der globalen Treibhausgase wie CO2 verantwortlich und liege damit über den Emissionen des Flugverkehrs und der Schifffahrt. Gute Ansätze brächten hier die Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG) sowie die Initiative KLIK Green und die Organisation Healthcare without Harm.
Informationen zu den afrikanischen Partnern im SOPHEA-Projekt:
Zu Mwanza pflegt Würzburg bereits eine langjährige Städtepartnerschaft, im Oktober haben die Julius-Maximilians-Universität Würzburg und die Catholic University of Health and Allied Sciences (CUHAS) in Mwanza ein Abkommen unterzeichnet, dass den Medizin-Studierenden einen Erfahrungsaustausch ihm Rahmen eines klinischen Praktikums ermöglicht. Darüber hinaus wurden zahlreiche medizinische und humanitäre Projekte ins Leben gerufen, die seit August 2020 unter dem Dach des neu gegründeten Else Kröner Center (EKC) Würzburg-Mwanza gebündelt und koordiniert werden. Zwischen der Uni Würzburg und der School of Environmental Sciences at the University of Eldoret in Kenia bestand ebenfalls bereits über die globale Planetary Health Alliance, die von der Harvard University aus koordiniert wird, eine gute Zusammenarbeit.
https://www.med.uni-wuerzburg.de/en/planetaregesundheit/home/
Um ein tieferes Verständnis von planetarer Gesundheit zu erlangen, empfiehlt das Team von SOPHEA einen Blick in den Abschlussbericht der Lancet Commission on Planetary Health von 2015 und die jährlichen Aktualisierungen des Lancet Countdown on Climate Change and Health.