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Hacken für die Heilung: Hackathon verbindet IT und Medizin

Beim 2. Healthcare-Hackathon Würzburg haben kleine Teams Programme und Apps für die medizinische Praxis entwickelt – darunter eine KI, die Diktate in fertige OP-Berichte umsetzt.

Die drei Siegerteams des 2. Würzburger Healthcare-Hackathons. (Bild: Jörg Fuchs)
Die drei Siegerteams des 2. Würzburger Healthcare-Hackathons. (Bild: Jörg Fuchs)
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 2. Würzburger Healthcare-Hackathons. (Bild: Jörg Fuchs)
Das Organisationsteam (v.l.): Gerhard Frank, Miriam Schlüter, Franziska Raupach, Rüdiger Pryss und Christian Andersen. (Bild: Jörg Fuchs)

Die IT-Technologie ist längst eine tragende Säule von Medizin und Gesundheitsforschung – und der Healthcare-Hackathon Würzburg widmet sich beiden Disziplinen auf innovative Weise: Bereits zum zweiten Mal lockte er IT-Begeisterte, Forschende und Studierende nach Würzburg. Mehr als 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus ganz Deutschland trafen sich am 27. und 28. März 2025 im Skyline Hill Center auf dem Hubland, um in Team-Wettbewerben kreative und praxisorientierte Lösungen für aktuelle Herausforderungen an der Schnittstelle zwischen Medizin und Informationstechnologie zu entwickeln.

Hackathon – mehr als ein Wettbewerb


Obwohl die drei besten Teams mit Preisen belohnt wurden, geht der Hackathon weit über einen reinen Wettstreit hinaus, wie Co-Organisator Professor Rüdiger Pryss betont: „Wir haben ein kreatives Labor geschaffen, in dem Expertinnen und Experten Theorie und Praxis vereinen, um in kürzester Zeit innovative und tragfähige Ideen zur Lösung medizinischer Herausforderungen zu entwickeln“, so der Medizininformatiker vom Lehrstuhl für klinische Epidemiologie und Biometrie der Universität Würzburg. Teilnehmen können alle, die sich kreativ einbringen wollen – von der erfahrenen Ärztin über den IT-Mitarbeiter bis hin zu Studierenden.

Forschen und Heilen statt Schreibarbeiten


Gemeinsam widmen sich die Teilnehmenden Fragestellungen, die sie aus ihrem Alltag mitgebracht haben – so wie Dr. Jonas Engert: „In der Medizin gibt es zahlreiche Dokumentationspflichten wie zum Beispiel ausführliche Operationsberichte“, erklärt der Arzt, der am Uniklinikum Würzburg an Stammzellen von Hörnerven forscht. „Diese Aufgaben verschlingen einen erheblichen Teil meiner Arbeitszeit, die ich viel lieber direkt mit meinen Patienten oder in der Forschung und Lehre verbringen würde.“

Daher haben er und sein interdisziplinäres Team aus IT-Experten und Wirtschaftswissenschaftlern, die überwiegend in Würzburg studiert haben und in der Region forschen und arbeiten, ein Programm entwickelt, um die medizinische Dokumentation zu erleichtern. „Wir reduzieren Schreibarbeiten mithilfe Künstlicher Intelligenz“, erläutert Teammitglied Dominik Rose. „Der Chirurg diktiert während des Eingriffs, was er durchführt. Die KI untersucht den Inhalt und übersetzt die relevanten Teile in einen vollständigen OP-Bericht – ohne dass der Arzt sich dazu noch einmal an den Schreibtisch setzen muss!“

„Die Arbeit im interdisziplinären Team war super“, freut sich Teammitglied Daniel Dietz. „Und die Ergebnisse unseres Programms sind viel besser, als wir zu Beginn vermutet hatten.“ Den Nutzen des Programms lobte auch die interdisziplinär besetzte Jury des Hackathons – und zeichnete das Team „The Systemists“ um Dr. Jonas Engert mit dem dritten Platz aus (400 Euro).

Chatbot analysiert Leitlinien und Anleitungen


Auch das Siegerteam („Trias“, 1.000 Euro) hat sich mit Dokumenten befasst: Der Würzburger Software-Entwickler Robin Lamprecht und der Berliner Medizinstudent Nils Reuter haben in der kurzen Zeit des Hackathons eine App entwickelt, die Dokumente aus medizinischen Leitlinien und Anleitungen für Medizingeräte analysiert. „Solche Texte können viele Hundert Seiten umfassen,“ so Robin Lamprecht. Benötigt man daraus gezielte Informationen, kann es wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen sein. „Unser Chatbot bietet gezielten Zugriff auf gesicherte medizinische Daten und erlaubt es dadurch auch Patientinnen und Patienten sowie medizinischen Laien, valide und seriöse Informationen zu Gesundheitsthemen zu recherchieren.“

Nachsorge in der Intensivmedizin bei Kindern


Der zweite Platz (600 Euro) ging an den Würzburger Firmengründer Markus Matiaschek sowie den Uni-Mitarbeiter Jonas Michler. Das Team „Code + Care“ um Mentor Professor Christoph Härtel, Direktor der Kinderklinik am Uniklinikum Würzburg, entwickelte digitale Fragebögen zur Nachsorge von intensivmedizinischen Eingriffen bei Kindern. „Intensivmedizinische Behandlungen können für Kinder sehr belastend sein – und im späteren Verlauf zu Depressionen führen“, so die Preisträger. „Unsere Fragebögen helfen bei der strukturierten Nachsorge von medizinischen Eingriffen, um Problemen im Zusammenhang mit Behandlungen auf die Spur zu kommen.“

Projekt-Nachhaltigkeit und gute Gründerszene in der Region


Professor Rüdiger Pryss freute sich über die beeindruckenden Ergebnisse der Hacking-Sitzungen und über die Nachhaltigkeit der Hackathon-Projekte: „Ein Drittel der Projekte aus dem letzten Jahr wurden bis heute kontinuierlich weiterentwickelt.“ Und auch für die Hackathon-Projekte des Jahres 2025 sieht er großes Potenzial. „Viele der tollen Projekte werden weiterentwickelt und eine große Rolle in der medizinischen Praxis spielen!“

Als Grundlagen für den Erfolg der Hackathon-Projekte betont Pryss die dynamische Gründerszene in der Region: Interdisziplinarität, Vernetzung und kompetente Ansprechpartner aus den Bereichen Wissenschaft, IT und Firmengründung bilden einen fruchtbaren Boden für neue Start-up-Ideen. „Und das“, so Rüdiger Pryss, „spricht sich immer weiter herum!“

Über die Veranstaltung


Hackathon ist eine Wortneuschöpfung aus den Begriffen Hack und Marathon. Anders als die meisten Menschen denken, hat diese Art von Veranstaltung nichts mit dem Eindringen in fremde Computer und geeignete Abwehrmaßnahmen zu tun. Vielmehr steht bei einem Hackathon die gemeinschaftliche Entwicklung von Soft- und Hardware im Mittelpunkt.

Der Healthcare-Hackathon Würzburg ist eine Kooperation des Lehrstuhls für klinische Epidemiologie und Biometrie der Universität Würzburg (IKEB), des Instituts für medizinische Datenwissenschaften (ImDS) der Uniklinik Würzburg, des Würzburger Innovations- und Gründerzentrums IGZ und des Zentrums für Digitale Innovationen (ZDI) Mainfranken. Organisiert wurde das Event von Miriam Schlüter, Carsten Vogel und Daniel Hieber von der Universität Würzburg, Franziska Raupach und Dr. Christian Andersen vom ZDI sowie Dr. Gerhard Frank vom IGZ.

Teilnehmer der Jury zur Bewertung der Projekte waren Professor Johannes Schobel von der Hochschule Neu-Ulm, Dr. Gerhard Frank vom IGZ, Dr. Andrea Thelen-Frölich vom Interdisziplinären Zentrum für Klinische Forschung Würzburg (IZKF), Maximilian Ertl, Geschäftsführer des Datenintegrationszentrums Würzburg am UKW, und Helmut Greger, Leiter des Servicezentrum Medizin-Informatik (SMI) der Uniklinik Würzburg.

Sponsoren


Finanziell und logistisch wurde der 2. Healthcare-Hackathon unterstützt von (alphabetisch):

  • dem Cloud-Computing-Anbieter aws
  • der Agentur für Innovation & Förderung im Technologie- & Wissenstransfer Bayern Innovativ GmbH
  • dem Hersteller für Computer- und IT-Hardware Cherry
  • dem EU-Digital Innovation Hubs Netzwerk EDIH DigiCare
  • dem Anbieter von Dialyseprodukten und Dialysedienstleistungen Fresenius Medical Care
  • Systhemis, Anbieter für Softwarelösungen und IT-Beratung im Gesundheitswesen
  • der Würzburger Vogel Stiftung Dr. Eckernkamp
  • sowie der Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH WVV


einBlick - Das Online-Magazin der Universität Würzburg vom 08.04.2025

 

Die drei Siegerteams des 2. Würzburger Healthcare-Hackathons. (Bild: Jörg Fuchs)
Die drei Siegerteams des 2. Würzburger Healthcare-Hackathons. (Bild: Jörg Fuchs)
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 2. Würzburger Healthcare-Hackathons. (Bild: Jörg Fuchs)
Das Organisationsteam (v.l.): Gerhard Frank, Miriam Schlüter, Franziska Raupach, Rüdiger Pryss und Christian Andersen. (Bild: Jörg Fuchs)

Zukunft der translationalen Immunologie im Fokus

ELSE KRÖNER-SYMPOSIUM "TRANSLATIONAL IMMUNOLOGY – FROM TARGET TO THERAPY IX” AM 8. UND 9. MAI IN WÜRZBURG

 

Wo bahnbrechende Wissenschaft auf transformative Therapien trifft, um die Patientenversorgung zu revolutionieren. Das Else Kröner-Forschungskolleg TWINSIGHT lädt zum neunten Symposium "Translational Immunology - From Target to Therapy IX“ ins Juliusspital nach Würzburg ein.

 

Poster vom Symposium mit Datum, Speaker, Registrierung

Würzburg. Bahnbrechende Fortschritte in der Immunologie entdecken und innovative Ansätze der Präzisionsmedizin aus erster Hand erleben – genau das bietet das internationale Else Kröner-Symposium „Translational Immunology – From Target to Therapy“. Bereits zum neunten Mal bringt die renommierte Veranstaltung führende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Würzburg zusammen.
Auch in der zweiten Förderperiode des TWINSIGHT-Kollegs wird das Symposium fortgeführt und findet am 8. und 9. Mai 2025 statt. Die Teilnehmenden erwartet ein inspirierendes Programm mit hochkarätigen Vorträgen und lebhaften Diskussionen – in einer offenen und anregenden Atmosphäre, die den Austausch und neue wissenschaftliche Impulse fördert.

„Das Symposium schlägt eine Brücke zwischen Grundlagenforschung und klinischer Forschung und fördert die interdisziplinäre Zusammenarbeit und den Austausch mit der nächsten Generation von klinisch tätigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, um die immunologische Medizin in der Patientenversorgung und Forschung zu verbessern“, fasst Alma Zernecke-Madsen den Kern des Symposiums zusammen. Die Leiterin des Instituts für Experimentelle Biomedizin II am Uniklinikum Würzburg (UKW) ist die verantwortliche Koordinatorin und Vorsitzende des TWINSIGHT-Kollegs. „Wir freuen uns darauf, sowohl junge als auch etablierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Würzburg begrüßen zu dürfen!“ 

TWINSIGHT verschafft klinischen Tandems Freiräume für die Forschung

Besonders für die junge Generation bietet das Symposium eine ideale Gelegenheit, sich niederschwellig zu vernetzen und Kooperationen zu initiieren – ein unverzichtbarer Schritt für eine erfolgreiche wissenschaftliche Laufbahn.

Die gezielte Förderung junger Medizinerinnen und Mediziner in der frühen Phase ihrer akademischen Karriere steht im Mittelpunkt des Else Kröner-Forschungskollegs TWINSIGHT. Das Kolleg ist in das Integrative Clinician Scientist College (ICSC), die übergeordnete Dachstruktur aller Würzburger Clinician Scientist-Programme, eingebettet. TWINSIGHT bietet klinischen Tandems, so genannten TWINs, Freiräume zur eigenständigen Bearbeitung von Forschungsprojekten. Während ein TWIN forscht, ist der andere klinisch tätig und umgekehrt. Dieses Modell schafft optimale Bedingungen für die Verknüpfung von Wissenschaft und Praxis.

TWINSIGHT-Kollegiatin Caroline Glatzel aus der Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie: „Das Symposium bietet die Möglichkeit, mit führenden Experten und Expertinnen zu interagieren und Teil einer Gruppe zu sein, die die Zukunft der translationalen Immunologie aktiv gestaltet“. Aber auch bereits etablierte Forscherinnen und Forscher wie Dr. Christian Klein von Curie.Bio sind gespannt auf die Teilnahme: „Ich habe bereits am Else Kröner-Symposium teilgenommen und dank des fantastischen Speaker-Line-ups und der Möglichkeit zu intensiven Diskussionen viele Inspirationen und Ideen mitgenommen.“ Und Prof. Ebba Brakenhielm aus Rouen, Frankreich, freut sich auf diese einzigartige Gelegenheit, sich mit der nächsten Generation klinisch tätiger Wissenschaftler auszutauschen und ihre Sichtweise aus der Perspektive der vaskulären Wissenschaften zu teilen.

Fünf Themenblöcke, eine Postersession und ein Konzert stehen auf dem Programm

Das Symposium bietet ein hochkarätiges Programm. Den Auftakt macht eine Session zu neuen zellulären Therapien, gefolgt von Vorträgen zur immunologischen Mikroumgebung und Surveillance. Der erste Tag endet mit einem Konzert des Cellisten Lukas Plag und des Pianisten Jörg Wischhusen. Jörg Wischhusen, Professor für Experimentelle Tumorimmunologie in Würzburg, wird am zweiten Tag gemeinsam mit Holger Reithinger und Eugen Leo über innovative Therapien und Strategien für Ausgründungen sprechen. Zuvor steht die Immundynamik bei entzündlichen Erkrankungen im Fokus, bevor anschließend neue proteinbasierte Therapieansätze diskutiert werden. Den feierlichen Abschluss des Symposiums bildet die Verleihung der Posterpreise an herausragende wissenschaftliche Beiträge.
Das neunte „Translational Immunology – From Target to Therapy IX“ verspricht spannende Einblicke in aktuelle Forschung und lädt zum interdisziplinären Austausch ein.

Agenda und Anmeldung: Weitere Informationen und Registrierungsmöglichkeit (bis zum 24. April) finden Sie auf der Webseite des Interdisziplinären Zentrums für Klinische Forschung (IZKF) Würzburg. 
 

Poster vom Symposium mit Datum, Speaker, Registrierung

Benefizkonzert in Grafenrheinfeld ein voller Erfolg

28.000€ zugunsten der Elterninitiative Regenbogen kamen am vergangenen Wochenende zustande.

Tristan Schulz begeisterte die Zuschauer am Klavier (Foto: Sabine Cumiskey).
Tristan Schulz begeisterte die Zuschauer am Klavier (Foto: Sabine Cumiskey).

Am Wochenende vom 28. und 29. März fanden zwei Benefizkonzerte in der Kulturhalle Grafenrheinfeld statt, die vom Förderverein für die Elterninitiative leukämie- und tumorkranker Kinder Wü e.V.-SW e.V. organisiert wurden. Die "Pop- und Klassikgala" begeisterte die Zuschauer mit verschiedensten talentierten Musikern, die eine vielfältige musikalische Darbietung präsentierten. Was ursprünglich 2005 als kleiner Konzertabend begonnen hatte, entwickelte sich im Laufe der Jahre zu einem organisierten Gemeinschaftsprojekt mit stets großem Andrang. In den vergangenen Jahren erfuhr die Elterninitiative Regenbogen bereits umfassende finanzielle Unterstützung durch die Einnahmen der Konzertreihe, die vollständig in das gemeinnützige Angebot des Vereins fließen. Am vergangenen Wochenende wurden 28.000€ an die Elterninitiative übergeben, mit denen die vielfältigen Projekte zur Unterstützung krebskranker Kinder und Jugendlicher und deren Familien aufrechterhalten werden können. Die Angebote reichen von der familiengerechten Ausstattung der betreffenden Stationen der Uni-Kinderklinik bis über für die Familien kostenfreie Elternwohnungen, die während der Therapie genutzt werden können.
Den Auftakt der Konzertreihe bildete die Pop- und Klassikgala am 23.3.25 im Würzburger Congress Centrum, bei welcher 51.000€ vom Organisator "Hilfe durch Spaß e.V." an die Elterninitiative Regenbogen übergeben wurden. Am kommenden Wochenende besteht noch die Chance, die Benefizkonzerte "für einen Hoffnungsschimmer" in der Stadthalle Aschaffenburg zu besuchen. Wenige Resttickets gibt es noch bei meinhoffnungsschimmer.de.
Die Elterninitiative Regenbogen bedankt sich herzlich beim Förderverein für die Ausrichtung dieses tollen Events und für die unermüdliche Unterstützung.

Text: Nadine Kempa (Öffentlichkeitsarbeit bei Elterninitiative Regenbogen e.V.)
 

Tristan Schulz begeisterte die Zuschauer am Klavier (Foto: Sabine Cumiskey).
Tristan Schulz begeisterte die Zuschauer am Klavier (Foto: Sabine Cumiskey).

Einfluss von Darmpartikeln auf Stammzelltransplantationen

Muhammad Haroon Shaikh erhält von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) eine Projektförderung in Höhe von 393.693 Euro. Ziel seines Forschungsvorhabens ist die Aufklärung der Rolle von extrazellulären Vesikeln aus Darmepithelzellen (IEC-EVs) bei der Entstehung der akuten Graft-versus-Host-Disease (aGvHD) nach allogener Stammzelltransplantation. Das Verständnis, wie IEC-EVs die Immunantwort beeinflussen, könnte den Weg für zielgerichtete Therapien ebnen, um aGvHD zu verhindern oder abzuschwächen und damit Komplikationen zu reduzieren und die Überlebensraten zu verbessern. Darüber hinaus könnte die Studie Biomarker für eine frühe Diagnose identifizieren, was zu schnelleren Diagnosen und einer besseren Patientenversorgung führen würde.

Porträt von Dr. Muhammad Haroon Shaikh im Hemd und Jacket
Dr. Muhammad Haroon Shaikh, Biotechnologe in der Medizinischen Klinik und Poliklinik II am UKW, erhält von der DFG eine Förderung für sein Forschungsprojekt zum Darm-Graft-versus-Host-Syndrom nach allogener Stammzelltransplantation. © Haroon Shaikh
3D-Mikroskopie von T-Zellen und Makrophagen im Dünndarm.
Aktivierte Spender-T-Zellen wandern in das Darmgewebe und lösen dort eine akute Transplantat-gegen-Wirt-Erkrankung (GvHD) aus. Diese 3D-Mikroskopie zeigt, wie Spender-T-Zellen (blau) im Dünndarm (Ileum) mit körpereigenen Abwehrzellen, den Makrophagen (gold), interagieren. Die Blutgefäße sind in Magenta dargestellt. © Michael Kern, Arbeitsgruppe Andreas Beilhack, UKW

Würzburg. Die allogene Stammzelltransplantation ist eine oftmals lebensrettende Behandlungsmethode für Patientinnen und Patienten mit schweren Blutkrankheiten wie Leukämie oder bestimmten Krebsarten. Dabei werden gesunde Stammzellen von einem Spender übertragen, um das erkrankte Knochenmark zu ersetzen und das Immunsystem wiederherzustellen. Doch die Behandlung kann auch Risiken mit sich bringen. Eine der schwerwiegendsten Komplikationen ist die sogenannte akute Transplantat-gegen-Wirt-Erkrankung (Graft-versus-Host-Disease, kurz GvHD). Dabei greifen die übertragenen Immunzellen nicht nur kranke, sondern auch gesunde Zellen des Empfängers an. Dies kann zu schmerzhaften, lebensbedrohlichen Entzündungen führen – insbesondere im Darm. 

Dr. Muhammad Haroon Shaikh von der Medizinischen Klinik und Poliklinik II des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) hat sich zum Ziel gesetzt, mit seiner Forschung dazu beizutragen, diese gefährliche Komplikation nach einer Stammzelltransplantation in den Griff zu bekommen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt sein Forschungsprojekt mit dem Titel „Auswirkung von Darmepithelzellen, die aus extrazellulären Vesikeln entwickelt werden, bei der Regulierung des akuten Darm-Graft-versus-Host-Syndroms“ mit einer Einzelförderung in Höhe von 393.693 Euro. 

Einfluss von Partikeln der Darmzellen auf Immunreaktionen 

Der Biotechnologe und sein Team konzentrieren sich auf extrazelluläre Vesikel. Das sind winzige Partikel, die von Epithelzellen des Darms freigesetzt werden. Epithelzellen bilden die Schutzbarriere des Darms und regulieren den Austausch von Nährstoffen und Abwehrstoffen. Wissenschaftler vermuten, dass extrazelluläre Vesikel eine Schlüsselrolle bei der Aktivierung gespendeter Immunzellen spielen und damit zur Entstehung der akuten GvHD beitragen. Ein besseres Verständnis dieser Wechselwirkungen könnte zu neuen Diagnose- und Behandlungsmethoden führen. 

Shaikh und sein Team analysieren die Zusammensetzung der extrazellulären Vesikel und untersuchen, wie sie das Immunsystem beeinflussen. Ziel ist es, ihren Beitrag zur Immunaktivierung und zum Verlauf der akuten GvHD besser zu verstehen. Darüber hinaus könnten extrazelluläre Vesikel als Biomarker dienen – also als Frühwarnsignale, mit denen sich das Risiko einer akuten GvHD frühzeitig erkennen lässt. Solche Erkenntnisse wären ein wichtiger Schritt hin zur personalisierten Medizin. Ärztinnen und Ärzte könnten das individuelle Risiko präziser einschätzen und Behandlungen gezielter anpassen, um Patientinnen und Patienten besser zu schützen. 

Mit neuen therapeutischen Ansätzen Ergebnisse von Stammzelltransplantationen verbessern 

„Durch den Einsatz fortschrittlicher Multi-Omics-Analysen, bildgebender Verfahren und funktioneller Studien an Mausmodellen könnte diese Forschung wichtige Einblicke in die Mechanismen der akuten GvHD liefern“, erklärt Haroon Shaikh. „Gleichzeitig wollen wir neue therapeutische Ansätze untersuchen, um die Auswirkungen dieser schweren Komplikation zu verringern und letztlich die Behandlungsergebnisse für Transplantationspatienten zu verbessern.“

Außerdem könnten die Erkenntnisse über die Stammzelltransplantation hinaus von Bedeutung sein. „Indem wir das Zusammenspiel zwischen Darm und Immunsystem sowie die Rolle extrazellulärer Vesikel bei der Immunregulation besser verstehen, könnte unsere Forschung auch zu neuen Behandlungsansätzen für Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis führen“, ergänzt Shaikh. Der Wissenschaftler beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den immunologischen Mechanismen der akuten GvHD. Er verfügt über eine umfassende Expertise in Immunologie, Hämatologie, Multi-Omics-Technologien und moderne Bildgebungsverfahren. Zudem bringt er wertvolle Erfahrung aus der Arbeit mit In-vivo-Transplantationsmodellen und der Entdeckung von Biomarkern mit.

Über Haroon Shaikh 

Haroon Shaikh absolvierte sein Studium der Biotechnologie in Karachi (Pakistan) mit Auszeichnung und kam im Februar 2017 als Doktorand in das Forschungslabor von Prof. Dr. Dr. Andreas Beilhack an der Medizinischen Klinik und Poliklinik II des UKW. Das Team um Andreas Beilhack erforscht Immunmechanismen zur Bekämpfung von Krebs, Infektionen und Entzündungserkrankungen, um neue Diagnose- und Therapiemethoden zu entwickeln. Gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des DFG-geförderten Sonderforschungsbereichs Transregio 221 „GvH-GvL“ arbeitet das Team intensiv daran, diese Ziele voranzutreiben. Shaikh hat bereits bedeutende Erkenntnisse darüber gewonnen, wie Zellen außerhalb des Blutsystems zur Entstehung der akuten GvHD beitragen und welche Rolle Lymphknoten im Bauchraum bei der Immunzellaktivierung im Darm nach einer Transplantation spielen (Shaikh et al., JCI Insight; Shaikh et al., Front. Immunol., Ataide et al., Immunity). Für seine Forschungsarbeit wurde er mit renommierten Preisen der American Society of Hematology (ASH) und der European Society for Blood and Marrow Transplantation (EBMT) ausgezeichnet (siehe Pressemeldung vom 30.04.2024). 

Forschungspartnerinnen und -partner

In der Medizinischen Klinik und Poliklinik II des UKW arbeitet Haroon Shaikh eng mit Prof. Andreas Beilhack und dem Klinikdirektor Prof. Dr. Hermann Einsele zusammen, die über langjährige Erfahrung auf dem Gebiet der Stammzelltransplantation und Biomarker-Entdeckung verfügen (Bäuerlein et al., BMC Med., Bäuerlein et al., Front. Immunol., Tomuleasa et al., Ann Hematol.), sowie mit den Privatdozenten Dr. Daniel Teschner und Dr. Jochen Frietsch. Zusätzliche Expertise vor Ort bringen Dr. Taufiq Ahmad vom Lehrstuhl für Funktionswerkstoffe der Medizin und Zahnheilkunde (FMZ) am UKW sowie Dr. Angela Riedel vom Mildred-Scheel-Nachwuchszentrum (MSNZ) ein. Darüber hinaus pflegt Shaikh enge Kooperationen mit Prof. Dr. Ernst Holler und Prof. Dr. Daniela Weber von der der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III des Universitätsklinikums Regensburg (UKR) sowie mit Prof. Naveed Akbar vom Radcliffe Department of Medicine der Universität Oxford (UK). 
 

Porträt von Dr. Muhammad Haroon Shaikh im Hemd und Jacket
Dr. Muhammad Haroon Shaikh, Biotechnologe in der Medizinischen Klinik und Poliklinik II am UKW, erhält von der DFG eine Förderung für sein Forschungsprojekt zum Darm-Graft-versus-Host-Syndrom nach allogener Stammzelltransplantation. © Haroon Shaikh
3D-Mikroskopie von T-Zellen und Makrophagen im Dünndarm.
Aktivierte Spender-T-Zellen wandern in das Darmgewebe und lösen dort eine akute Transplantat-gegen-Wirt-Erkrankung (GvHD) aus. Diese 3D-Mikroskopie zeigt, wie Spender-T-Zellen (blau) im Dünndarm (Ileum) mit körpereigenen Abwehrzellen, den Makrophagen (gold), interagieren. Die Blutgefäße sind in Magenta dargestellt. © Michael Kern, Arbeitsgruppe Andreas Beilhack, UKW

Die Stiftung „Forschung hilft“ zu Gast in Staatskanzlei und Landtag

Ende März dieses Jahres war eine Delegation der Stiftung „Forschung hilft“ und der Würzburger Universitätsmedizin zu Gast in der Bayerischen Staatskanzlei und im Bayerischen Landtag. Neben der Präsentation des Krebsforschungsstandorts Würzburg diskutierten die Teilnehmenden mit den Gesprächspartnern aus Politik und Verwaltung über die Herausforderungen in Patientenversorgung, Forschung und Lehre.

Gruppenbild Delegation.jpg, © Laura Achtelstetter Im Plenarsaal des Bayerischen Landtags: Die Delegation der Stiftung „Forschung hilft“ und der Würzburger Universitätsmedizin mit Landtagspräsidentin Ilse Aigner (pinker Blazer) und Staatssekretär a. D. Gerhard Eck (Mitte links).

Würzburg / München. Die Stiftung „Forschung hilft“ fördert seit ihrer Gründung im Jahr 2017 die Krebsforschung am Uniklinikum Würzburg (UKW). Seither trägt sie – unterstützt von zahlreichen Partnerinnen und Partnern sowie der breiten Öffentlichkeit – mit vielfältigen Projekten Gelder zusammen, um sie in jährlich vergebenen Förderpreisen an besonders aussichtsreiche Würzburger Forschungsvorhaben auszuschütten. Auf Einladung von Walter Nussel, Landtagsabgeordneter und Stiftungsratsmitglied von „Forschung hilft“, reiste am 26. März dieses Jahres eine Delegation der Stiftung, begleitet von Würzburger Forscherinnen und Forscher, nach München. Neben Besuchen der Bayerischen Staatkanzlei und des Bayerischen Landtags standen bei der von der Stiftungsratsvorsitzenden Gabriele Nelkenstock gemeinsam mit dem Büro von MdL Nussel organisierten, eintägigen Veranstaltung die Präsentation des Krebsforschungsstandorts Würzburg und der Austausch mit Politikerinnen und Politikern sowie leitenden Verwaltungskräften im Mittelpunkt.

Fachgespräche des Stiftungsrates


So trafen sich aus dem Stiftungsrat Privatdozent Dr. Tim J. von Oertzen, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des UKW, Prof. Dr. Matthias Frosch, Dekan der Medizinischen Fakultät der Uni Würzburg, und Prof. Dr. Hermann Einsele, Direktor der Medizinischen Klinik II des UKW und Sprecher des Nationalen Tumorzentrums NCT WERA, mit Dr. Rainer Hutka, Amtschef des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit, Pflege und Prävention, und Ministerialdirigent Dr. Michael Mihatsch vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst. Gemeinsam diskutierten sie über die Verbesserung der onkologischen Versorgung im ländlichen Raum, die Rolle der Uniklinika nach dem neuen Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) sowie die Novellierung der Ärztlichen Approbationsordnung. 
In einem parallelen Treffen informierte Gabriele Nelkenstock Ministerialrat Christoph Sander, Referatsleiter im Bayerischen Wissenschaftsministerium, über die Strukturen und Leistungen der Stiftung „Forschung hilft“.

Austausch zu Projekten am UKW


Die Forschenden in der Delegation – allesamt bisherige Förderpreisträgerinnen und -preisträger – bekamen Gelegenheit, sich mit leitenden Verwaltungskräften und Landtagsabgeordneten über die Ziele und Herausforderungen bei ihren wissenschaftlichen Projekten am UKW auszutauschen. 
Am Ende zeigte sich Gabriele Nelkenstock von der hohen Beteiligung aus Politik und Verwaltung begeistert. „Der rundum gelungene Tag war nicht nur eine große Anerkennung für unsere jungen Krebsforscherinnen und Krebsforscher, sondern bot auch einen geeigneten Rahmen, ihre Anliegen den Abgeordneten des Freistaats sowie den Vertreterinnen und Vertretern verschiedener bayerischer Ministerien vorzutragen“, kommentierte Prof. Einsele. Dr. von Oertzen seinerseits lobte die gute Gelegenheit, die wissenschaftliche Stärke der Würzburger Universitätsmedizin im politischen Zentrum in München vor den Vorhang zu holen.


Text: Pressestelle / UKW
 

Gruppenbild Delegation.jpg, © Laura Achtelstetter Im Plenarsaal des Bayerischen Landtags: Die Delegation der Stiftung „Forschung hilft“ und der Würzburger Universitätsmedizin mit Landtagspräsidentin Ilse Aigner (pinker Blazer) und Staatssekretär a. D. Gerhard Eck (Mitte links).

Zivilschutz: Uniklinik Würzburg führt Notfallübung mit der Bundeswehr durch

Über 60 Personen beteiligt / Szenario: Versorgung nach radionuklearer Schadenslage

Bei der gemeinsamen Notfallübung mit der Bundeswehr wurde auch die Dekontamination des Patienten durchgeführt und von Beobachtern begleitet. Foto: UKW / Anna Wenzl
Bei der gemeinsamen Notfallübung mit der Bundeswehr wurde auch die Dekontamination des Patienten durchgeführt und von Beobachtern begleitet. Foto: UKW / Anna Wenzl
Nach der erfolgreichen Dekontamination des Patienten wurden die weiteren Abläufe der operativen Versorgung am UKW im Rahmen der Übung simuliert. Foto: UKW / Anna Wenzl
Nach der erfolgreichen Dekontamination des Patienten wurden die weiteren Abläufe der operativen Versorgung am UKW im Rahmen der Übung simuliert. Foto: UKW / Anna Wenzl

Würzburg. Wie funktionieren die Abläufe am Universitätsklinikum Würzburg (UKW), wenn ein Patient versorgt werden muss, der Radioaktivität ausgesetzt war? Dieses Szenario wurde nun an der Uniklinik gemeinsam mit der Bundeswehr bei einer aufwändigen Notfallübung geprobt. Die Klinik für Nuklearmedizin des UKW ist regionales Strahlenschutzzentrum und auf die Versorgung solcher Patienten vorbereitet.

„Dabei geht es natürlich um die optimale Versorgung der Patienten, aber auch um den Schutz der Mitarbeitenden und der übrigen Patienten vor einer möglichen Strahlengefährdung. Solche Patienten können zu uns kommen infolge eines Unfalls oder auch nach einem Anschlagsszenario wie einer „schmutzigen“ Bombe oder bei Nuklearwaffeneinsatz. Gerade hier nehmen wir als Strahlenschutzzentrum eine wichtige Rolle im Zivilschutz ein. Mit der Übung konnten wir die Abläufe realitätsnah trainieren“, erklärt Prof. Dr. Andreas Buck, Direktor der Klinik für Nuklearmedizin am UKW. Der Übungspatient wurde von Prof. Dr. Matthias Port, Oberstarzt der Bundeswehr und Mitarbeitenden des Instituts für Radiobiologie der Bundeswehr an das UKW gebracht.

Dekontamination und Schutz des Personals

Am UKW wurden dann die erforderlichen Schritte geprobt, die bei einem solchen Fall nötig sind: Die Dekontamination des Patienten, das Anlegen der Schutzkleidung des Klinikpersonals, die exakte Messung der Strahlenbelastung und die anschließende operative Versorgung. Rund 60 Personen waren an der mehrstündigen Übung Mitte März beteiligt. „Das Vorhalten der räumlichen und technischen Infrastruktur ist eine Ebene. Ebenso wichtig ist interdisziplinäre Zusammenarbeit in einem solchen Fall. Hier kommt es auf strukturierte Kommunikation verschiedener Bereiche an. Vieles hat sehr gut geklappt, an manchen Stellen konnten wir wertvolle Erfahrungen für einen möglichen Ernstfall sammeln. Dafür danke ich allen, die an dieser Übung mitgewirkt haben“, so Prof. Buck.

Unikliniken sind wichtige Säule des Zivilschutzes

Die Klinik für Nuklearmedizin des UKW ist nicht nur regionales Strahlenschutzzentrum, sie ist auch Kollaborationszentrum der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Eine der Kernaufgaben in dieser Funktion ist es dabei, die Vorsorge und das Management radiologischer und nuklearer Unfälle medizinisch fachlich zu unterstützen. Prof. Buck: „Im Rahmen des Zivilschutzes, der richtigerweise jetzt auch wieder stärker in den politischen Blick genommen wird, übernehmen speziell Universitätskliniken ganz wesentliche Aufgaben in einem Krisenfall. Das hat diese Notfallübung bei uns am UKW nochmals deutlich gemacht.“

Alarmpläne erfolgreich getestet

Das UKW nutzte die Gelegenheit zudem, die übergeordneten Alarm- und Einsatzpläne zu proben. PD Dr. Tim von Oertzen, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des UKW: „Solche Übungen schaffen Sicherheit und sie verbessern die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Klinikbereichen und Arbeitsebenen an unserem Klinikum. Das hat auch diese Übung nochmals deutlich gezeigt. Als Klinik der Maximalversorgung gehört es zu unseren Aufgaben, sich auf solche Szenarios vorzubereiten. Dabei können wir auf die große Kompetenz am UKW bauen.“

Es war die erste Übung mit diesem Szenario. Regelmäßig beteiligt sich das UKW auch an Übungen mit den Einsatzkräften der Region und führt gezielte Trainings durch. Seit dem Wintersemester 2024/25 haben Medizinstudierende in Würzburg zudem die Möglichkeit, das neu eingeführte Wahlfach „Katastrophenmedizin“ zu belegen. 
 

Bei der gemeinsamen Notfallübung mit der Bundeswehr wurde auch die Dekontamination des Patienten durchgeführt und von Beobachtern begleitet. Foto: UKW / Anna Wenzl
Bei der gemeinsamen Notfallübung mit der Bundeswehr wurde auch die Dekontamination des Patienten durchgeführt und von Beobachtern begleitet. Foto: UKW / Anna Wenzl
Nach der erfolgreichen Dekontamination des Patienten wurden die weiteren Abläufe der operativen Versorgung am UKW im Rahmen der Übung simuliert. Foto: UKW / Anna Wenzl
Nach der erfolgreichen Dekontamination des Patienten wurden die weiteren Abläufe der operativen Versorgung am UKW im Rahmen der Übung simuliert. Foto: UKW / Anna Wenzl

Dem Immunsystem von Neugeborenen auf der Spur

Eine Forschungsgruppe um Prof. Dr. Dorothee Viemann vom Uniklinikum Würzburg (UKW) charakterisiert erstmals die immunmetabolischen Anpassungsprozesse von Blutmonozyten nach der Geburt und löst damit das alte Paradigma auf, dass die verminderte Fähigkeit von Neugeborenen zur Energiegewinnung durch Glykolyse die Ursache ihrer Infektanfälligkeit ist. Die in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlichte Studie zeigt, dass Neugeborene einen anderen Stoffwechselmechanismus als Erwachsene nutzen, um ihr Immunsystem zu entwickeln. Blutmonozyten von Neugeborenen gewinnen ihre Energie hauptsächlich durch oxidative Phosphorylierung, die für die weitere Differenzierung der Zellfunktionen nach der Geburt notwendig ist. Erst durch die Umweltexposition des Immunsystems wird der Stoffwechsel neonataler Monozyten mit zunehmendem Alter auf den erwachsenen Stoffwechseltyp, die Glykolyse umprogrammiert. Eine vorzeitige Umstellung könnte negative Folgen haben.

Die Illustration zeigt links ein Neugeborenes mit Nabelschnur, rechts eine erwachsene Person, dazwischen Elemente um den Stoffwechsel zu illustrieren: blaues Dreieck oben steht für oxidative Phosphorylierung, das nach rechts immer spitzer wird, rotes Dreieck unten steht für Glykolyse, das nach nach rechts immer breiter wird.
Neugeborene nutzen einen anderen Stoffwechselmechanismus als Erwachsene, um ihr Immunsystem zu entwickeln. Ihre Blutmonozyten gewinnen die Energie hauptsächlich durch oxidative Phosphorylierung, die für die weitere Differenzierung der Zellfunktionen nach der Geburt notwendig ist. Erst durch die Umweltexposition des Immunsystems wird der Stoffwechsel neonataler Monozyten mit zunehmendem Alter auf den erwachsenen Stoffwechseltyp, die Glykolyse umprogrammiert. © UKW mit Canva

Würzburg. Das Immunsystem eines Neugeborenen unterscheidet sich deutlich von dem eines Erwachsenen. Während Erwachsene über ein ausgereiftes, hoch spezialisiertes Immunsystem verfügen, ist das Immunsystem von Neugeborenen vor allem auf die angeborene Immunabwehr angewiesen, die noch nicht die Fähigkeit hat, starke Entzündungsreaktionen einzuleiten. Ob dies ein Nachteil ist oder eine sinnvolle Schutzmaßnahme und beispielsweise das Risiko einer Neugeborenen-Sepsis senkt, ist bislang ungeklärt. Die Sepsis ist weltweit immer noch eine der häufigsten Todesursachen bei Neugeborenen. 

Einen wichtigen Beitrag, um das Sepsisrisiko besser zu verstehen und möglicherweise neue Schutzmaßnahmen für Neugeborene zu entwickeln, hat jetzt Prof. Dr. Dorothee Viemann, Leiterin der Translationalen Pädiatrie am Universitätsklinikum Würzburg (UKW), gemeinsam mit Forschenden der Universitätsmedizin Würzburg, Hannover, Bonn, Braunschweig und Lübeck veröffentlicht. Ihre Studie charakterisiert erstmals die immunmetabolischen Anpassungsprozesse von Blutmonozyten bei gesunden Neugeborenen, Säuglingen und Kindern. Blutmonozyten sind Teil des angeborenen Immunsystems und bilden damit die erste Verteidigungslinie gegen Infektionen.

Stoffwechsel von Immunzellen verändert sich mit dem Alter - von der oxidativen Phosphorylierung zur Glykolyse

In der Studie, die in der renommierten Fachzeitschrift Nature Communications publiziert wurde, zeigte das Team, dass sich die Stoffwechselaktivität von neugeborenen und erwachsenen angeborenen Immunzellen stark unterscheidet. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fanden heraus, dass die Blutmonozyten von Neugeborenen mehr Energie produzieren als die von Erwachsenen. Blutmonozyten machen bis zu acht Prozent der weißen Blutzellen (Leukozyten) aus und zirkulieren ein bis drei Tage im Blut, bevor sie ins Gewebe einwandern und sich dort weiterentwickeln. 

Um ihre Immunzellen reifen zu lassen nutzen Neugeborene verstärkt die oxidative Phosphorylierung. Dabei wird in den Mitochondrien, den "Kraftwerken" der Zellen, aus Nährstoffen Energie gewonnen und das Molekül ATP (Adenosintriphosphat) produziert, das die Zellen für alle wichtigen Funktionen benötigen. Mit zunehmendem Alter wechselt dieser Stoffwechsel allmählich auf die Glykolyse um, eine andere Art der Energiegewinnung, die stärkere Entzündungsreaktionen ermöglicht. 

Stoffwechsel wird durch Umwelt beeinflusst und kann durch ketogene Ernährung nicht zurückgesetzt werden

Die Forschenden entdeckten, dass erst durch den Kontakt mit der Umwelt, insbesondere mit Mikroben wie Bakterien und Viren, das Immunsystem von Neugeborenen trainiert wird. Die Umweltexposition führt dazu, dass sich der Stoffwechsel neonataler Monozyten allmählich verändert und sich dem von Erwachsenen annähert. Interessanterweise konnte eine ketogene Diät, also eine fettreiche, kohlenhydratarme Ernährung, die den natürlichen Stoffwechselzustand von Neugeborenen nachahmt, den ursprünglichen Stoffwechsel dieser Immunzellen nicht wiederherstellen. Das bedeutet, dass der Stoffwechsel von Monozyten durch die Umwelt beeinflusst wird und nicht einfach durch eine spezielle Ernährung zurückgesetzt werden kann. 

Verminderte glykolytische Aktivität ist nicht für Infektanfälligkeit verantwortlich

Mit ihrer Arbeit lösen die Forschenden ein altes Paradigma ab. Denn bisher wurde postuliert, dass die reduzierte Fähigkeit von Neugeborenen, durch Glykolyse Energie zu gewinnen, die Ursache für verminderte Entzündungsreaktionen und damit verantwortlich für die Infektanfälligkeit von Neugeborenen sei. Die umfassend charakterisierten und identifizierten immunmetabolischen Eigenschaften des angeborenen Immunsystems deuten dagegen darauf hin, dass eine vorzeitige Aktivierung der Glykolyse bei Neugeborenen das Risiko für schwere Sepsisverläufe erhöhen würde, da es inflammatorische Reaktionen schürt aber nicht die notwendige Energie für weitere erforderliche Zelldifferenzierungsvorgänge liefert. Viemann appelliert: „Die Behandlung von Neugeborenen im Sinne einer Förderung glykolytischer Stoffwechselprozesse sollte vermieden werden, um überschießende Entzündungsreaktionen zu verhindern und immunologische Reifungsprozesse nicht zu stören.“

Der nächste Schritt wäre, die Analysemethoden in Geburtskohortenstudien zu integrieren. Auf diese Weise könnte es gelingen, klinische und demographische Faktoren zu ermitteln, die die Stoffwechselaktivität von Neugeborenen signifikant beeinflussen. Spannend wäre es auch, so Viemann, die Untersuchungen auf andere Zelltypen des Immunsystems auszudehnen.

Unterstützung durch Eltern, Technologien und Fördermittel 

„Die umfassende Identifizierung und Charakterisierung immunmetabolischer Eigenschaften des angeborenen Immunsystems war durch die Anwendung neuester Technologien möglich, vor allem aber durch die Bereitschaft der Eltern gesunder Neugeborener, Säuglinge und Kleinkinder, an der Studie teilzunehmen“, sagt Dorothee Viemann. 

Ferner wurde die Arbeit maßgeblich durch Stipendien des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt sowie im Rahmen des SFB 1583/1 (DECIDE), TRR 359 (PILOT) und der Exzellenzstrategie der DFG Deutschland - EXC 2155 (RESIST) gefördert.

Publikation: 
Greta Ehlers, Annika Marie Tödtmann, Lisa Holsten, Maike Willers, Julia Heckmann, Jennifer Schöning, Maximilian Richter, Anna Sophie Heinemann, Sabine Pirr, Alexander Heinz, Christian Dopfer, Kristian Händler, Matthias Becker, Johanna Büchel, Achim Wöckel, Constantin von Kaisenberg, Gesine Hansen, Karsten Hiller, Joachim L. Schultze, Christoph Härtel, Wolfgang Kastenmüller, Martin Vaeth, Thomas Ulas & Dorothee Viemann. Oxidative phosphorylation is a key feature of neonatal monocyte immunometabolism promoting myeloid differentiation after birth. Nat Commun 16, 2239 (2025). https://doi.org/10.1038/s41467-025-57357-w

Text: KL / Wissenschaftskommunikation

 

Die Illustration zeigt links ein Neugeborenes mit Nabelschnur, rechts eine erwachsene Person, dazwischen Elemente um den Stoffwechsel zu illustrieren: blaues Dreieck oben steht für oxidative Phosphorylierung, das nach rechts immer spitzer wird, rotes Dreieck unten steht für Glykolyse, das nach nach rechts immer breiter wird.
Neugeborene nutzen einen anderen Stoffwechselmechanismus als Erwachsene, um ihr Immunsystem zu entwickeln. Ihre Blutmonozyten gewinnen die Energie hauptsächlich durch oxidative Phosphorylierung, die für die weitere Differenzierung der Zellfunktionen nach der Geburt notwendig ist. Erst durch die Umweltexposition des Immunsystems wird der Stoffwechsel neonataler Monozyten mit zunehmendem Alter auf den erwachsenen Stoffwechseltyp, die Glykolyse umprogrammiert. © UKW mit Canva