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Veränderte Thrombozyten unter ECMO erhöhen Sterberisiko - Neue Ansätze zur Blutungsprävention

Für Patientinnen und Patienten mit akutem Lungenversagen, kurz ARDS (Acute Respiratory Distress Syndrome), kann die extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) die letzte Therapiemöglichkeit und damit lebensrettend sein.

Bild ECMO: Die Thrombozyten wurden mittels spezieller hochauflösender Mikroskopieverfahren (Konfokale Mikroskopie, Whole-Mount Transmissionselektronenmikroskopie) dargestellt. Die Daten zeigen, dass es unter ECMO-Therapie zu einem Verlust der δ-Granula (dargestellt in cyan in Abbildung A) und roter Pfeil, Abbildung B) kommt. © AG Schulze / Institut für Experimentelle Biomedizin / UKW

Das intensivmedizinische Verfahren, bei dem zuvor entnommenes Blut mit Sauerstoff angereichert und wieder zurückgeführt wird, kann jedoch zu erheblichen Veränderungen der Blutgerinnung führen und das Blutungsrisiko erhöhen. In einem translationalen Forschungsprojekt konnten die Forschenden einerseits zeigen, dass die ECMO-Therapie zu einer Entleerung zellulärer Speicher (δ-Granula) in den Blutplättchen, den so genannten Thrombozyten, führt, wodurch die Blutungszeit verlängert wird. Andererseits fanden sie Hinweise auf eine Reduktion des Glykoprotein-V-Rezeptors auf der Oberfläche der Thrombozyten, was das Sterberisiko erhöht. Diese Ergebnisse bauen auf Würzburger Vorarbeiten auf, in denen dem Glykoprotein-V-Rezeptor eine wichtige Rolle bei der Blutgerinnung und damit ein möglicher neuer Angriffspunkt zur Verhinderung von Blutungsereignissen unter ECMO-Therapie zugeschrieben werden konnte.

 

Johannes Herrmann, Lukas J. Weiss, Bastian Just, Kristina Mott, Maria Drayss, Judith Kleiss, Jonathan Riesner, Quirin Notz, Daniel Röder, Rainer Leyh, Sarah Beck, Dirk Weismann, Bernhard Nieswandt, Christopher Lotz, Patrick Meybohm, Harald Schulze. ECMO aggravates platelet GPV shedding and δ-granule deficiency in COVID-19-associated acute respiratory distress syndrome. Journal of Thrombosis and Haemostasis, ISSN 1538-7836 (2024). doi:10.1016/j.jtha.2024.05.008

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Die Studie wurde gefördert von der European Society of Intensive Care Medicine (ESICM) und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen des SFB 1525.

Bild ECMO: Die Thrombozyten wurden mittels spezieller hochauflösender Mikroskopieverfahren (Konfokale Mikroskopie, Whole-Mount Transmissionselektronenmikroskopie) dargestellt. Die Daten zeigen, dass es unter ECMO-Therapie zu einem Verlust der δ-Granula (dargestellt in cyan in Abbildung A) und roter Pfeil, Abbildung B) kommt. © AG Schulze / Institut für Experimentelle Biomedizin / UKW
Neuer hochwirksamer Thrombosehemmer in Sicht

Ein ungesunder Lebensstil, Krankheiten oder Verletzungen, genetische Veranlagung sowie eine erhöhte Gerinnungsneigung können die Bildung von Thromben in den Blutgefäßen begünstigen.

Mikroskopie ermöglicht die Visualisierung der Thrombusbildung in Mausarteriolen. Das linke Bild zeigt eine humanisierte GP6 (hGP6tg/tg) Kontrollmaus, bei der ein Gerinnsel (grün) das gesamte Gefäß blockiert. Im Gegensatz dazu verschließen die Thrombozyten bei der mit EMA601 behandelten hGP6tg/tg-Maus die Verletzung, bilden jedoch keinen verstopfenden Thrombus. © Experimentelle Biomedizin I
Prof. Dr. Bernhard Nieswandt (links) und Dr. Stefano Navarro im Labor des Rudolf-Virchow-Zentrums. © Kerstin Siegmann / Experimentelle Biomedizin I

Diese Gerinnsel behindern den Blutfluss zu lebenswichtigen Organen. Ein Infarkt droht. Die Vorbeugung und Behandlung von Thrombosen ist daher entscheidend, um schwerwiegende Komplikationen zu vermeiden. Ein Team der Experimentelle Biomedizin I hat im European Heart Journal, eine Studie zu einem neuen, hochwirksamen und gleichzeitig sehr nebenwirkungsarmen antithrombotischen Wirkstoff veröffentlicht, der breite therapeutische Anwendung finden könnte: der GPVI-Inhibitor EMA601. 

Der Oberflächenrezeptor Glykoprotein VI, kurz GPVI, der ausschließlich in Thrombozyten und ihren Vorläuferzellen im Knochenmark zu finden ist, ist vor allem für die Bindung von Kollagen an der verletzten Gefäßwand verantwortlich, was die Aktivierung und Aggregation, also das Verklumpen der Blutplättchen auslöst. Eine übermäßige Aktivierung von GPVI kann jedoch zur Bildung krankhafter Thromben und damit zu Gefäßverschlüssen sowie akut bedrohlichen Ereignissen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall führen. Darüber hinaus sind Thrombozyten maßgeblich an Entzündungsreaktionen beteiligt und auch hier ist GPVI von zentraler Bedeutung.

Prof. Dr. Bernhard Nieswandt, Leiter der Experimentellen Biomedizin I, entdeckte einen Mechanismus, mit dem GPVI sowohl gehemmt als auch ausgeschaltet werden kann. Mit seinem Team entwickelte er mit GPVI-Inhibitor EMA601 einen GPVI-blockierenden Antikörper, der in seiner Wirksamkeit die bisherigen Wirkstoffe weit übertrifft, sogar bei sehr niedrigen Dosen, und dabei gleichzeitig das Blutungsrisiko nicht erhöht.

 

Stefano Navarro, Ivan Talucci, Vanessa Göb, Stefanie Hartmann, Sarah Beck, Valerie Orth, Guido Stoll, Hans M Maric, David Stegner, Bernhard Nieswandt. The humanized platelet glycoprotein VI Fab inhibitor EMA601 protects from arterial thrombosis and ischaemic stroke in mice, European Heart Journal, 2024; ehae482. doi:10.1093/eurheartj/ehae482

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Mikroskopie ermöglicht die Visualisierung der Thrombusbildung in Mausarteriolen. Das linke Bild zeigt eine humanisierte GP6 (hGP6tg/tg) Kontrollmaus, bei der ein Gerinnsel (grün) das gesamte Gefäß blockiert. Im Gegensatz dazu verschließen die Thrombozyten bei der mit EMA601 behandelten hGP6tg/tg-Maus die Verletzung, bilden jedoch keinen verstopfenden Thrombus. © Experimentelle Biomedizin I
Prof. Dr. Bernhard Nieswandt (links) und Dr. Stefano Navarro im Labor des Rudolf-Virchow-Zentrums. © Kerstin Siegmann / Experimentelle Biomedizin I