Präzisionsmedizin bei fortgeschrittenem nicht-kleinzelligen Lungenkrebs in Deutschland

In den letzten zwei Jahrzehnten wurden wegweisende Fortschritte im Verständnis des nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms (NSCLC) erzielt, wobei insbesondere mit der Entdeckung verschiedener sogenannter genetischer Treiber wichtige Überlebensmechanismen der Tumorzellen entschlüsselt werden konnten.

Parallel dazu konnten Substanzen entwickelt werden, die die Überlebenssignale der entsprechenden Treiberveränderungen in den Tumorzellen hemmen. Diese Erkenntnisse führten zu einer paradigmatischen Weiterentwicklung zielgerichteter Therapieoptionen für Patientinnen und Patienten mit NSCLC, die sich bei Vorliegen der entsprechenden genetischen Veränderungen im Vergleich zur Chemotherapie als besser verträglich und wirksamer erwiesen. Um diesen Ansatz für möglichst viele Betroffene in Deutschland erfolgreich nutzen zu können, wurde vor einigen Jahren unter Federführung der Uniklinik Köln das Nationale Netzwerk Genomische Medizin Lungenkrebs (nNGM) gegründet. Dieser Verbund führt eine umfassende, standardisierte und qualitätskontrollierte Markerdiagnostik durch und ermöglicht einen effizienteren Austausch über die neuesten Behandlungsmöglichkeiten auch unter Berücksichtigung vielversprechender klinischer Studien. Die hier vorgestellte Arbeit, an der Horst Dieter Hummel vom UKW beteiligt war, untersuchte das Überleben von AOK-Versicherten mit NSCLC. Dazu wurden die Therapieergebnisse von Patientinnen und Patienten, die im nNGM diagnostiziert und behandelt wurden, beschrieben und mit einer entsprechenden Gruppe von Personen verglichen, die nicht im nNGM betreut wurden. Obwohl allen grundsätzlich die gleichen Therapieoptionen zur Verfügung standen, zeigte sich ein signifikanter Vorteil im medianen Gesamtüberleben von 10,5 Monaten gegenüber 8,7 Monaten für die nNGM-Gruppe. Die Analyse und Interpretation der Daten führte zu der Schlussfolgerung, dass am ehesten die systematische Markerdiagnostik und der konsequente Einsatz geeigneter zielgerichteter Therapien für diesen bemerkenswerten Unterschied verantwortlich sind.

 

Anika Kästner, Anna Kron, Neeltje van den Berg, Kilson Moon, Matthias Scheffler, Gerhard Schillinger, Natalie Pelusi, Nils Hartmann, Damian Tobias Rieke, Susann Stephan-Falkenau, Martin Schuler, Martin Wermke, Wilko Weichert, Frederick Klauschen, Florian Haller, Horst-Dieter Hummel, Martin Sebastian, Stefan Gattenlöhner, Carsten Bokemeyer, Irene Esposito, Florian Jakobs, Christof von Kalle, Reinhard Büttner, Jürgen Wolf und Wolfgang Hoffmann. Evaluation of the effectiveness of a nationwide precision medicine program for patients with advanced non-small cell lung cancer in Germany: a historical cohort analysis. The Lancet Regional Health - Europe, Volume 36, 2024. doi:10.1016/j.lanepe.2023.100788

Zur Publikation

Dr. Horst-Dieter Hummel, Clinician Scientist am Interdisziplinären Studienzentrums mit ECTU im Comprehensive Cancer Center Mainfranken und Zentrumsmanager des Nationalen Netzwerks Genomische Medizin Lungenkrebs (nNGM) am UKW. © Daniel Peter

Dr. Horst-Dieter Hummel, Clinician Scientist am Interdisziplinären Studienzentrums mit ECTU im Comprehensive Cancer Center Mainfranken und Zentrumsmanager des Nationalen Netzwerks Genomische Medizin Lungenkrebs (nNGM) am UKW. © Daniel Peter