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Antibiotikaeinsatz bei Harnwegsinfektionen in der bayerischen ambulanten Versorgung

Um Antibiotikaresistenzen und Nebenwirkungen zu vermeiden, empfehlen die deutschen Leitlinien bei der Behandlung von Harnwegsinfektionen Fosfomycin, Nitrofurantoin, Pivmecillinam und Nitroxolin als Erstlinien-Therapie und raten von Breitbandantibiotika wie Fluorchinolonen und Cephalosporinen ab.

Eine retrospektive Analyse von 1,7 Millionen Antibiotikaverschreibungen für Harnwegsinfektionen in Bayern (2013–2019) zeigt positive Entwicklungen in Richtung leitliniengerechter Behandlungsstrategien. Während der Anteil von Fluorchinolonen aufgrund bekannter Nebenwirkungen erheblich sank, stieg die Verschreibung von Fosfomycin und Pivmecillinam deutlich an. Diese Trends wurden besonders bei weiblichen Patientinnen beobachtet.

Die Gynäkologie zeigte die höchste Adhärenz an Leitlinienempfehlungen, gefolgt von der Allgemeinmedizin und Urologie. Dennoch ergab die Analyse, dass ältere Patientinnen seltener mit Fosfomycin behandelt wurden, was auf Potenziale für Optimierungen hinweist. Mehrfache Antibiotikaverschreibungen innerhalb eines Behandlungsverlaufs waren häufig mit einem Wechsel der Substanzgruppe verbunden.

Die Ergebnisse betonen die Notwendigkeit weiterer Schulungen für Fachärztinnen und Fachärzte, um den Einsatz von Breitbandantibiotika zu minimieren und Resistenzen vorzubeugen. Leitliniengetreue Verschreibungsmuster könnten nicht nur die Patientensicherheit erhöhen, sondern auch langfristig die öffentliche Gesundheit stärken.

 

Thomas Hanslmeier, Sahera Alsaiad, Susann Hueber, Peter K. Kurotschka, Roman Gerlach, Ildikó Gágyor, Yvonne Kaußner. Prescription of antibiotics for urinary tract infections in outpatient care in Bavaria: An analysis of routine data. PLoS One. October 25, 2024. e0312620. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0312620

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Einfluss von Persönlichkeitsmerkmalen auf die Wahl der Allgemeinmedizin als Fachgebiet

Der wachsende Mangel an Allgemeinmedizinerinnen und -medizinern stellt eine europaweite Herausforderung dar, insbesondere in ländlichen Gebieten.

Um diesem Problem entgegenzuwirken, ist es wichtig, die Faktoren zu verstehen, die die Facharztwahl von Medizinstudierenden beeinflussen, und gezielte Maßnahmen zu ergreifen, um sie für die Allgemeinmedizin zu begeistern. Neben den Erfahrungen im Medizinstudium, ländlichen Praktika oder den Besonderheiten der Allgemeinmedizin spielen auch Persönlichkeitsmerkmale eine Rolle bei der Facharztentscheidung der Studierenden. Das Institut für Allgemeinmedizin untersuchte daher die Persönlichkeitsmerkmale von Medizinstudierenden basierend auf dem Big-Five-Modell, das Persönlichkeit anhand der Dimensionen Offenheit für Erfahrungen (z. B. wie neugierig oder kreativ jemand ist), Gewissenhaftigkeit (z. B. wie organisiert oder pflichtbewusst jemand ist), Extraversion (z. B. wie kontaktfreudig oder gesellig jemand ist), Verträglichkeit (z. B. wie freundlich oder kooperativ jemand ist) und Neurotizismus (z. B. wie emotional anfällig oder gestresst jemand ist) misst.

Die Ergebnisse zeigen, dass höhere Werte bei Verträglichkeit und Neurotizismus mit einem gesteigerten Interesse an der Allgemeinmedizin korrelieren, während Offenheit und Gewissenhaftigkeit negative Zusammenhänge aufwiesen. Also freundliche, hilfsbereite und emotional sensible Persönlichkeiten sind offener für die Allgemeinmedizin, kreative, neugierige und strukturierte Persönlichkeiten sind offener für andere Fachrichtungen. 

Die Studie identifizierte auch, dass das generelle Interesse an der Allgemeinmedizin ein bedeutender Prädiktor für die spätere Wahl dieses Fachgebiets ist. Alter und Studiensemester hatten ebenfalls einen Einfluss auf das Interesse, während das Geschlecht keine signifikante Rolle spielte. Die Ergebnisse legen nahe, dass Persönlichkeitsanalysen in der Studienberatung eingesetzt werden könnten, um Studierende gezielt zu unterstützen und mehr Nachwuchs für die Allgemeinmedizin zu gewinnen. 

 

Maike Krauthausen, Tobias Leutritz, Martin J. Koch, Pamina E. Hagen, Sarah König & Anne Simmenroth. Personality and interest in general practice: results from an online survey among medical students. BMC Primary Care 25, 415 (2024). https://doi.org/10.1186/s12875-024-02682-0

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ELKGE: Entwicklung eines Leitfadens zur klimasensiblen Gesundheitsberatung in hausärztlichen Praxen

Im Rahmen des Projekts ELKGE wurde ein „Leitfaden zur klimasensiblen Gesundheitsberatung“ entwickelt, der Hausärztinnen und Hausärzte befähigen soll, die gesundheitlichen Herausforderungen des Klimawandels in ihrer täglichen Praxis zu thematisieren.

Blühende Pfalnzen auf einer Wiese als Titelbild des Leitfadens zur klimasensiblen Gesundheitsberatung für die hausärztliche Praxis
Titelbild des Leitfadens zur klimasensiblen Gesundheitsberatung für die hausärztliche Praxis

Schwerpunkte des Leitfadens sind die Beratung zu hitzebedingten Gesundheitsrisiken, durch den Klimawandel verstärkten Infektionskrankheiten sowie psychischen Belastungen.

Die Entwicklung basierte auf einer umfassenden Literaturrecherche und qualitativen Fokusgruppen mit Hausärztinnen und Hausärzten. Diese identifizierten spezifischen Inhalte wie Beratungsbeispiele, Formulierungshilfen, Checklisten und visuelles Material als besonders hilfreich. Gleichzeitig wurden Hindernisse wie Zeitmangel und Unsicherheiten in der Kommunikation mit Patientinnen und Patienten erkannt. Der Leitfaden wurde in Pilotphasen getestet, evaluiert und auf Basis der Rückmeldungen weiter optimiert.

Die von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderte Studie unterstreicht die Rolle der Hausärztinnen und Hausärzte als wichtige Multiplikatoren für klimarelevante Gesundheitsthemen. Der Leitfaden soll eine niedrigschwellige Integration solcher Themen ermöglichen und langfristig zu präventiven Ansätzen in der hausärztlichen Versorgung beitragen. Er ist kostenlos online verfügbar und könnte ein Modell für ähnliche Initiativen in anderen Ländern sein.

 

Heike Hansen, Claudia Mews, Susann Schubert, Eva-Maria Schwienhorst-Stich, Janina Zirkel, Anne Simmenroth & Martin Scherer. Entwicklung eines Leitfadens zur klimasensiblen Gesundheitsberatung für hausärztliche Praxen (ELKGE). Zeitschrift für Allgemeinmedizin (2024). doi.org/10.1007/s44266-024-00321-6

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